Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(45): 2399-2404
DOI: 10.1055/s-2004-835276
Originalien
Gesundheitsökonomie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Leistungen und Kosten der Hochschulambulanzen in Forschung, Lehre und Versorgung

Ergebnisse der HochschulambulanzenstudiePerformance and costs of outpatient clinics of university hospitals for medical care, teaching, research activitiesResults of the university outpatient clinic studyM. Lüngen1 , S. Stock1 , C. Krauth2 , A. Gerhardus2 , I. Brandes2 , P. Potthoff3 , U. Müller3 , H. Schmitz4 , B. Klostermann4 , T. Steinbach4 , F. W. Schwartz2 , K. W. Lauterbach1
  • 1Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln
  • 2Abteilung Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
  • 3NFO Infratest Health, München
  • 4Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Beratung mbH (GEBERA), Köln
Further Information

Publication History

eingereicht: 16.3.2004

akzeptiert: 8.9.2004

Publication Date:
04 November 2004 (online)

Hintergrund und Fragestellung: Hochschulambulanzen haben im deutschen Gesundheitswesen eine Sonderstellung. Dem Recht auf Zulassung von Kliniken an Universitätskrankenhäusern steht eine Begrenzung der Behandlung in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang gegenüber. In dieser Studie sollten der Stellenwert der Teilgebiete Versorgung, Lehre und Forschung in der Aufgabenwahrnehmung der Hochschulambulanzen und die dabei entstehenden Kosten für die einzelnen Teilgebiete abgeschätzt werden.

Methode und Daten: Die Datendokumentation erfolgte an 6 deutschen Standorten. Insgesamt beteiligten sich 51 Ambulanzen an der prospektiven Dokumentation von jeweils bis zu 800 Konsultationen. 26 312 Konsultationen mit rund 40 000 Diagnosen und 150 000 Einzelleistungen wurden erfasst. Daneben wurden retrospektiv übergreifende Daten zu Kosten, Lehre und Forschung erhoben.

Ergebnisse: Innerhalb der Ambulanz betrug das durchschnittliche Verhältnis der Arbeitszeit zwischen Versorgung, Forschung und Lehre 81:11:8. Lehre und Forschung machten somit unter 20 % des Arbeitszeitaufwandes aus. Bei rund jeder 4. Konsultation passte das Krankheitsbild der Patienten zum Forschungsschwerpunkt der Ambulanz. In 6,9 % der Konsultationen wurden die Patienten auf eine Studienteilnahme angesprochen, 1,2 % wurden neu aufgenommen, bei 3,7 % der Konsultationen waren die Patienten bereits zuvor in eine Studie aufgenommen worden. Auf Lehrveranstaltungen wurden Patienten in 6,5 % der Konsultationen angesprochen. Die durchschnittlichen Gesamtkosten betrugen 149 EUR pro Fall. Der Kostendeckungsgrad bei den über die Poliklinikspauschale abgerechneten Fällen lag durchschnittlich bei 31 % (ohne Forschungs- und Lehrfälle).

Folgerung: Die tatsächliche Aufgabenwahrnehmung und der vom Gesetzgeber vorgesehene Auftrag weichen in Hochschulambulanzen stark voneinander ab. Es scheint notwendig, die Öffnung für Versorgungsaufgaben stärker in den Vordergrund zu stellen und gleichzeitig die Vergütung unter Wahrung von Effizienzanreizen auf eine neue Basis zu stellen.

Background: Outpatient clinics of university hospitals (Hochschulambulanzen) play a significant role in the German health care system. Universities have in contrast to other hospitals the right to implement an outpatient clinic, but the health care services they can render are restricted to clinical research and teaching activities. The university outpatient clinic study evaluates the intensity of medical care, teaching, research activities, and the related costs.

Method and database: 6 university hospitals with 51 outpatient departments in Germany were included. The prospective documentation of consultations was restricted to 800 visits per department. A total of 26,312 consultations with approximately 40,000 diagnoses and 150,000 services were documented. Furthermore, data concerning costs, teaching activities and research facilities were documented.

Results: Clinical treatment without any correlation to research or teaching activities amounted to about 81 % of the working time in the outpatient department (research 11 %; teaching 8 %). The primary task of the university outpatient clinics takes up less than 20 % of the working time. The physicians documented that the disease of every fourth visit was in accordance with their main field of research. 6.9 % of the visits were asked to take part in clinical trials, of these 1.25 % were included for the first time, 3.7 % were already included. 6.5 % of the visits were addressed to participate in specific teaching activities. The average total costs per case added up to 149 Euro. No outpatient clinic could cover the total per case costs with the lump sum payments. On the average 31 % of these costs were covered by lump sum payments (without cases concerning research and teaching).

Conclusion: Treatment in outpatient departments of university clinics is far beyond research and teaching activities required by law. However, the ability of outpatient departments of universities to provide excellent outpatient services should have a more dominant role in the health care system. Therefore access to care should be deregulated for the patients and reimbursement schemes should be adjusted to adjust for the present losses.

Literatur

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  • 10 Wissenschaftsrat .Empfehlungen zur Struktur der Hochschulmedizin - Aufgaben, Organisation, Finanzierung -. Verabschiedung des Wissenschaftsrates vom 9.7.1999. Würzburg 1999

Dr. Markus Lüngen

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