Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_V32
DOI: 10.1055/s-2005-920664

Leitlinien in der Medizin: Anwendung, Einstellungen, Barrieren. Eine Befragung Berliner Hausärzte

A Kunz 1, B Gusy 1
  • 1FU Berlin, FB Erwiss. & Psych., AB Prävention und Gesundheitsforschung

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Leitlinien sollen dazu beitragen, die Behandlungsqualität zu verbessern. Allerdings ist über die Ansichten der Ärzte als zentrale Schaltstelle im Umsetzungsprozess von Leitlinien nur sehr wenig bekannt. Material und Methoden: Eine geschichtete Zufallsstichprobe von 825 Berliner Hausärzten wurde in einer anonymen postalischen Befragung zu ihren Einstellungen zu Leitlinien, zu Barrieren in der Anwendung und dem Problemlösungspotenzial befragt, um so die Anwenderperspektive abzubilden. Der Rücklauf – nach einmaliger Erinnerung- betrug 24% (N=194). Ergebnisse: 40% (CI 34–47%) der Berliner Hausärzte wenden aktuell Leitlinien an; ein knappes Viertel (CI 16–28%) hat sich noch nie mit einer Leitlinie auseinandergesetzt. Als zentrale Barriere erwies sich der einfache und schnelle Zugang zu einer (guten) Leitlinie. Die Einstellung gegenüber Leitlinien korreliert mit der zu Qualitätssicherungsprogrammen (r=.53; p<.001). Eine eindeutige Haltung der ärztlichen Selbstverwaltung gegenüber Leitlinien wird von den Befragten nicht wahrgenommen, das Ärztliche Zentrum für Qualität ist zwei Drittel der Befragten nicht bekannt. 85% der Internetnutzer sind einschlägige Portale im Internet (z.B. http://www.awmf-online.de) unbekannt. Anwender von Leitlinien berichten verglichen mit Nichtanwendern eine positivere Einstellung gegenüber Leitlinien und betrachten diese eher als sinnvolle ärztliche Entscheidungsgrundlage bzw. als Instrument zur Lösung verschiedener Probleme des Gesundheitssystems. Schlussfolgerungen und Diskussion: Die Anwendung von Leitlinien in der Medizin ist auszubauen. Hierzu bedarf es einer breiter angelegten Strategie mit dem Ziel, die Wahrnehmung und Akzeptanz der Gestalter qualtitätssichernder Angebote zu erhöhen. Die ärztliche Selbstverwaltung unter Einbindung anderer ärztlicher Institutionen ist hier besonders gefordert, diese Diskussion zu forcieren und einzubetten in eine allgemeinere Debatte um Qualitätssicherung in der Medizin.