Geburtshilfe Frauenheilkd 1998; 58(6): 319-323
DOI: 10.1055/s-2007-1022466
Originalarbeiten

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unterschiedliche Inanspruchnahme einer gynäkologischen Notfallambulanz durch deutsche Patientinnen und Migrantinnen

Differences between German and Foreign-Born Patients with Regard to Gynaecological Care in an Emergency DepartmentM. David2 , G. M. Pette2 , H. Kentenich1
  • 1Frauen- und Kinderklinik. DRK-Kliniken Westend, Berlin
  • 2Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Charité, Med. Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Campus Virchow-Klinikum
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Fragestellung: Es sollte überprüft werden, ob je nach ethnischer Zugehörigkeit neben ungleichen Zugangs- auch unterschiedliche Versorgungsbedingungen für Migrantinnen im Vergleich zu deutschen Patientinnen im Krankenhaus existieren. Material und Methodik: In einer retrospektiven Querschnittsanalyse der Inanspruchnahme der gynäkologischen Notfallambulanz des Virchow-Klinikums, eines Berliner Krankenhauses der Maximalversorgung, wurden anhand der von den Ärzten aufgezeichneten Untersuchungsereignisse und -ergebnisse die Daten von 285 deutschen und 311 nichtdeutschen Patientinnen, die von Januar bis April 1996 die Erste Hilfe der Frauenklinik in Anspruch nahmen, nach festgelegten Kriterien aus der archivierten Notfalldokumentation (sog. 1. Hilfe-Scheine) erhoben und statistisch ausgewertet (p<0,05). Ergebnisse: Migrantinnen suchen überproportional häufig die Notfallambulanz auf, ohne daß dort jedoch eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. Ausländische Frauen nehmen die Notfallambulanz - wahrscheinlich aus familiären u./o. sozialen Gründen - häufiger am Wochenende und in den späten Abendstunden in Anspruch. Das in der Notfallambulanz erfaßte Beschwerdenspektrum und der diagnostizierte Anteil psychosomatischer Krankheitsbilder ist bei deutschen und ausländischen Frauen in etwa gleich. Es zeigt sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied in Art und Häufigkeit von Therapieverordnungen bei eher psychosomatischen Erkrankungen. Insgesamt wurden bei ausländischen Patientinnen häufiger therapeutische Maßnahmen verordnet als bei deutschen, eventuell um sprachliche Unsicherheit durch „therapeutische Sicherheit“ zu kompensieren. Schlußfolgerung: Bei ausländischen Patientinnen wird weniger schriftlich dokumentiert. Spärliche oder keine Dokumentation kann als Ausdruck für einen unterschiedlichen Umgang mit ausländischen Patienten gesehen werden und ungleiche Versorgungsbedingungen kennzeichnen. Eine ungenügende bzw. geringere Anamneseerhebung bei Ausländerinnen führt aber offenbar nicht zu Qualitätseinbußen bei Diagnose bzw. Therapie.

Abstract

Background: Analyse of factors referring to ethnical origin that indicate unequal approach as well as different care conditions for foreign-born female patients compared to German female patients in hospital. Study design and methods: A retrospective, cross-sectional study was based on the examination of 258 German and 311 non-German female patients in the Emergency Department of Gynaecology of a Berlin hospital affording maximum care. Statistical evaluation of data was performed, the data having been selected according to defined criteria (p<0.05). Results: There is a very high presentation of foreign-born female patients in the emergency department, although an adequate infrastructure is lacking. Foreign-born women frequent the gynaecological emergency department more often on weekends and in the late evening - probably for social reasons. An almost equal spectrum of symptoms an equal proportion of psychosomatic diagnoses was seen. The results do not indicate any significant difference in the type and frequency of treatment for psychosomatic disease. Foreign-born female patients were given treatment more frequently than German female patients. This “overtreatment” might be a compensation for language difficulties. Conclusion: There is less medical documentation on foreign female patients. Deficient or no documentation may express different medical behaviour in respect of female patients and point to unequal care conditions. Fortunately. insufficient or incomplete health history of foreign female patients do not influence the quality of diagnosis and treatment.

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