Dtsch Med Wochenschr 1998; 123(50): 1501-1506
DOI: 10.1055/s-2007-1024439
Originalien

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einstellungen zur Sterbehilfe bei deutschen Ärzten: Eine repräsentative Befragung im Ärztlichen Kreisverband Würzburg

Attitude towards »physician assisted suicide« among German doctors: results of a representative enquiry in the district of WürzburgH. Csef1 , B. Heindl2
  • 1Medizinische Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. K. Wilms) der Universität Würzburg
  • 2Abteilung für Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin (Direktor: Prof. Dr. W. Herzog), Medizinische Klinik der Universität Heidelberg
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Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Grundproblematik und Fragestellung: Durch die weitgehende Legalisierung des »physician-assisted suicide« (ärztliche Beihilfe zum Suizid) in den Niederlanden und vergleichbare Tendenzen in anderen europäischen Ländern wurde über Sterbehilfe in Deutschland in den letzten Jahren vermehrt diskutiert. Umfragen bei Ärzten zu deren Einstellungen und Handlungsbereitschaft hinsichtlich aktiver Sterbehilfe stellen eine wichtige Informationsquelle dar. Im Vergleich zu anderen Ländern liegen aus Deutschland nur wenige aussagekräftige Studien vor.

Probanden und Methodik: Aus allen Ärztinnen und Ärzten des ärztlichen Kreisverbandes Würzburg (n = 1821) wurde per Zufallsgenerator eine Stichprobe von n = 150 gebildet. Diese wurden um ein ausführliches Interview gebeten, in dem Fragen der aktiven und passiven Euthanasie besprochen wurden. 62 % der ausgewählten Ärzte (n = 93) waren zum Interview bereit. Alle Fachgebiete und Tätigkeitsfelder (44,1 % Klinikärzte, 45,2 % niedergelassene Ärzte) waren in der Stichprobe vertreten. Der Anteil der Internisten und Allgemeinmediziner betrug etwa 40 %.

Ergebnisse: 81,7 % der befragten Ärzte lehnten aktive Sterbehilfe bei moribunden Patienten ab. Bei nicht-moribunden Patienten waren sogar 100 % gegen aktive Sterbehilfe.

Folgerungen: Im internationalen Vergleich mit Studien aus anderen Ländern, die ähnliche Fragestellungen untersuchten, fällt die relativ strikte Ablehnung aktiver Sterbehilfe auf. Deutsche Umfragen bei Fachdisziplinen, die besonders intensiv mit Sterbenden konfrontiert werden (z. B. Neurologen, Intensivmediziner, Anästhesisten, Onkologen), haben tendenziell eine größere Befürwortung der aktiven Sterbehilfe ergeben. Der interdisziplinäre und interkollegiale Dialog von Ärzten verschiedener Fachgebiete erscheint dringend erforderlich und sollte intensiviert werden.

Abstract

Background and objective: The widespread legalization of »physician assisted suicide« (PAS) in The Netherlands and comparable tendencies in other European countries have given rise to discussions of this topic in Germany. This questionnaire was undertaken because of the dearth of previous informative studies in Germany.

Subjects and methods: Among all registered practicing doctors in the medical district of Würzburg (n = 1821) a randomly selected group of 150 (males and females) was asked to participate in a personal interview-enquiry about active and passive euthanasia. 93 (62 %, 32 % women, 61 % men) agreed: 44.1 % were doctors working in a hospital, 45.2 % worked in their own practice, the others worked elsewhere or (3) were retired. All specialities and medical activities were represented. About 40 % were general practitioners or worked in internal medicine.

Results: 81.7 % of the group were against active PAS. All rejected it for non-moribund patients.

Conclusions: The results of this study differ from similar enquiries in other countries in demonstrating a relatively strong rejection of active assistance in patient-suicide. Those German specialists who would most likely be confronted with this problem (e. g. neurologists, intensivists, anaesthetists, oncologists) tended towards a greater readiness to agree to physician-assisted suicide. A dialogue between doctors in different specialities is an urgent requirement and should be intensively pursued.

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