Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1995; 30(6): 341-349
DOI: 10.1055/s-2007-996507
Originalien

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Quantitative Erfassung der Katecholaminsekretion als rationale Grundlage des Anästhesiemanagements bei Phäochromozytomexstirpation

Quantitative asessment of catecholamine secretion during surgery of phaeochromocytomaJ. Schüttler1 , P. Westhofen, U. Kania2 , H. Ihmsen, S. Kammerecker, A. Hirner2
  • Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und spezielle Intensivmedizin und
  • 1Klinik für Anästhesiologie, Universität Erlangen-Nürnberg
  • 2Chirurgische Klinik und Poliklinik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
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Publication Date:
22 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie: Ziel der vorliegenden Untersuchung war die lückenlose Erfassung der Katecholaminsekretion bei Patienten mit Phäochromozytomexstirpation. Dadurch sollte eine quantitative Korrelation von Katecholamin-Sekretionsmustern, hämodynamischer Antwort und antihypertensive Therapie ermöglicht werden.

Methodik: Es wurden konsekutive 15 Patienten untersucht, die sich einer Phäochromozytomexstirpation unterzogen. Die ersten 10 Patienten erhielten eine balanzierte Anästhesie mit Isofluran und Fentanyl, die folgenden 5 Patienten eine totale intravenöse Anästhesie mit Propofol und Alfentanil. Bei allen Patienten wurde ein EEG abgeleitet, wobei der Median der Frequenzverteilung als verarbeiteter Parameter zur Kontrolle der Narkosetiefe diente. Zur antihypertensiven Therapie wurde Natrium-Nitroprussid (Nipruss) eingesetzt. Um das Katecholaminsekretionsverhalten während der Tumorexstirpation engmaschig und lückenlos zu erfassen, wurde eine kontinuierliche, maschinelle Blutabnahmetechnik mittels Rollerpumpe und Fraktionssammler verwendet. Die Bestimmung der Plasmakatecholamine erfolgte mittels einer Kombination von elektrochemischer Detektion und chromatographischer Trennung mittels HPLC.

Ergebnisse: Es fanden sich interindividuelle Unterschiede in der Größenordnung des Faktors 100 für die Maxima der Katecholamin-Plasmakonzentrationen während der Tumorexstirpationsphase. Einzelne Patienten wiesen eine Erhöhung von Adrenalin um den Faktor 1500 und von Noradrenalin um den Faktor 1000 in Relation zu Normalwerten auf. Die Sekretionsraten während der Exstirpationsphase lagen für Adrenalin zwischen 0,3 und 97,3 μg/min und für Noradrenalin zwischen 6,7 und 402,8 μg/min. Beim Überschreiten eines systolischen Blutdruckes von 160 mmHg wurde Nipruss gegeben. Im Durchschnitt erhielten unsere Patienten während der Narkose eine Gesamtdosis von 8372 ± 16040 (μg Nipruss, davon während der Exstirpationsphase (69.2 ± 39.8 min) 7017 ± 12433 μg. Die Ergebnisse lassen folgende Zusammenhänge erkennen: Während der Tumorexstirpation können hochsignifikante Änderungen von Plasmaspiegeln beider Katecholamine sowie des systolischen Blutdruckes und der Herzfrequenz nachgewiesen werden. Von allen hämodynamischen Parametern ließ der systolische Blutdruck die beste Korrelation mit den Katecholaminplasmaspiegeln erkennen. Mathematisch entspricht diese Beziehung einer Michaelis-Menten-Kinetik, wobei sich eine Limitierung des Effektes durch einen Überschuß der Katecholamine gegenüber den Effektorsystemen unter gleichzeitiger antihypertensiver Therapie erklären läßt. Der optimale therapeutische Effekt wird unter Niprusstherapie mit einer durchschnittlichen Dosis von 300 + 315 μg/min zur Gewährleistung eines systolischen Blutdruckwertes < 160 mmHg im Bereich von Gesamtkatecholaminspiegeln zwischen 25 und 125 ng/ml erreicht.

Schlußfolgerungen: Der Vergleich der beiden eingesetzten Anästhesietechniken erbrachte signifikante Vorteile für die totale intravenöse Anästhesie mit Propofol und Alfentanil im Sinne einer verbesserten hämodynamischen Stabilität und eines deutlich reduzierten Nipruss-Bedarfs. Jedoch sind diese Ergebniss vorbehaldich der geringen Fallzahlen zu werten. Eine eventuelle Überlegenheit der TIVA müßte sich in einer randomisierten Studie an einen größeren Kollektiv beweisen.

Summary

Aim of the study: Fifteen patients with phaeochromocytoma who underwent surgery were studied consecutively.

Methods: They received either (10) a balanced anaesthesia technique with isoflurane and fentanyl or (5) a combination of propofol and alfentanil for total intravenous anaesthesia. EEG processing was performed in order to guarantee adequate anaesthetic depth. Antihypertensive therapy was performed with sodium nitropusside. Continuous blood sampling was performed with a roller pump and an autosampler system in order to get high resolution measurements of plasma catecholamines. Their concentration was measured by HPLC with electrochemical detection.

Results: There were 100fold differences in the maximal catecholamine concentrations during phaeochromocytoma resection between patients. In some cases adrenaline and noradrenaline levels exceeded normal values by a factor of 1000 to 1500. Secretion rates were calculated on a pharmacokinetic basis an revealed secretion rates of 0.3 to 97.3 μg/min for adrenalin and 6.7 und 402.8 μg/min for noradrenaline. If systolic blood pressures were greater than 160 mmHg sodium nitroprusside was given by infusion with a rate of 300 ± 315 μg/min. Over a period of 69.2 ± 39.8 min during resection of the tumor the total dose was 7017 ± 12433 μg.

Conclusions: There were positive correlations between plasma catecholamine concentrations, systolic blood pressure values, and infusion rates of sodium nitroprusside. The comparison of the two anaesthetic techniques resulted in a significant reduction of antihypertensive therapy and more stable haemodynamics in patients with total intravenous anaesthesia. However, the beneficial effect of this anaesthesia regimen has to be proven on a larger basis of patients in a randomized manner.

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