Laryngorhinootologie 1989; 68(5): 249-258
DOI: 10.1055/s-2007-998329
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das Bild der psychogenen Hörstörung heute

Manifestation of Psychogenic Hearing Disorders TodayH. Feldmann
  • Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Direktor: Prof. Dr. med. H. Feldmann)
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Die allgemeinen Kennzeichen der psychogenen Hörstörung werden dargelegt und mit einer Kasuistik von 16 eigenen Beobachtungen aus den Jahren 1987/88 illustriert. In psychogenen Hörstörungen werden echte organische Schwerhörigkeiten verschiedener Befundkonstellationen und Verläufe imitiert, wobei offensichtlich individuelle Erfahrungen und das zeitgemäße allgemeine Wissen über Hörstörungen in die Manifestationen eingehen. Die 16 Fälle gliedern sich zwanglos in 3 etwa gleich große Gruppen:

1. Der einseitige akute Hörverlust. Er imitiert eine akute traumatische Schädigung oder einen idiopathischen Hörsturz. Dies wurde ganz überwiegend bei Kindern beobachtet.

2. Der beiderseitige chronische Hörverlust. Dieser wurde ausschließlich bei Kindern und Jugendlichen beobachtet und imitiert u.a. eine familiäre hereditäre Schwerhörigkeit.

3. Die akute beiderseitige rezidivierende oder progrediente Hörstörung. Sie wurde überwiegend bei Erwachsenen gesehen.

In einem Teil der Fälle konnte der diesen neurotischen Reaktionen zugrundliegende psychologische Hintergrund relativ leicht aufgedeckt werden. Die Kenntnis der verschiedenen Manifestationen der psychogenen Hörstörungen ist wichtig, weil sonst, wie die Beispiele zeigen, aufwendige Diagnostik (CCT, Arteriographie) und teure therapeutische Maßnahmen (wochenlange stationäre Behandlung, Hörgeräteverordnung) die Folge sind.

Summary

The general symptoms of psychogenic hearing disorders are pointed out and exemplified by 16 own cases seen by the author in 1987 to 1988. Psychogenic hearing disorders imitate various constellations of findings and histories of genuine organic hearing disorders. The individual's experience and the contemporary consciousness of hearing disorders seem to enter into the individual manifestation. The 16 cases can clearly be divided into 3 groups of equal size:

1. The unilateral acute hearing loss, imitating either an acute traumatic damage or an idiopathic sudden hearing loss. This was seen almost exclusively in children.

2. The bilateral chronic hearing loss. This, too, was seen mainly in children and youths.

3. The acute bilateral recurring or progressing hearing disorder. This was seen predominantly in adults, mimicking dramatic courses ending up in bilateral profound deafness.

In part of the cases the psychological background of the neurotic reaction could be explored quite easily. Knowelegde of the various manifestations of psychogenic hearing disorders is important, because otherwise, as the reported cases demonstrate, misleading interpretation of findings entails costly diagnostic procedures (computerized tomography, arteriography) and expensive therapeutic measures (hospitalization, fitting of hearing aids).

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