Klin Monbl Augenheilkd 1999; 215(11): 287-293
DOI: 10.1055/s-2008-1034716
© 1999 Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Epidemiologie offener Augenverletzungen

Epidemiology of open globe injuriesCarsten Framme, Johann Roider
  • Augenklinik und Poliklinik, Klinikum der Universität Regensburg, (Direktor: Prof. Dr. med. V.-P. Gabel)
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Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 9. 3. 1998

in der vorliegenden Form angenommen am 13. 7. 1999

Publication Date:
20 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Offene Augenverletzungen sind häufige Notfälle in der Augenklinik und bedürfen einer sofortigen operativen Behandlung. Das Ausmaß dieser Verletzungen ist je nach Mechanismus und Gewebebeteiligung im Auge sehr variabel. Oft kann eine vollständige Restitutio ad integrum erreicht werden, nicht selten jedoch ist die funktionelle Prognose infaust. Zur Beurteilung möglicher Präventivmaßnahmen haben wir unser Patientenkollektiv erfaßt und insbesondere nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewertet.

Patienten und Methode Anhand eines standardisierten Erhebungsbogens erfaßten wir retrospektiv die Daten von 103 konsekutiven Patienten mit einer offenen Augenverletzung in den Jahren 1996 und 1997. Die Daten enthielten Patientenprofil, Unfallhergang, Art der Verletzung, Visus, Art der Erstoperation, Zahl der Folgeoperationen und visuelle Rehabilitation. Statistische Vergleiche wurden mit dem Binominaltest und dem t-Test für gepaarte und ungepaarte Stichproben bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von maximal 5% (p < 0,05) durchgeführt.

Ergebnisse Der überwiegende Anteil der Patienten waren Männer (85,4%). Die meisten Verletzungen passierten zu Hause (38%) und im Betrieb (31%). Ursächliche Gewaltdelikte gab es nur in 6,8%. Mit 35% stellt die Gruppe der Handwerker (vor allem die KFZ-Mechaniker, Elektriker und Schlosser) den Großteil unserer Patienten dar, gefolgt von Rentnern mit 14,6%. Kleinkinder und Schüler waren mit jeweils 7,8% vertreten. Metall- und Glassplitter waren zu über 50% für das Trauma verantwortlich, Explosionen in 8,7%. Ein intraokularer Fremdkörper fand sich in 37,9%. In 62% war nach erster operativer Versorgung kein weiterer Eingriff erforderlich. Eine sekundäre Enukleation mußte im Folgezeitraum nur zweimal durchgeführt werden.

Schlußfolgerung Insgesamt zeigte sich, dass mindestens ein Drittel aller Verletzungen durch Einhalten von Schutzrichtlinien vermeidbar gewesen wären. Bei den nicht vermeidbaren Verletzungen dominierten Heimarbeiten und Unfälle in der Freizeit und bei Kindern. Die Rate der offenen Augenverletzungen ist mit 2,32 auf 100 000 Einwohner vergleichbar hoch wie in Studien aus den USA. Die Rate an Arbeitsverletzungen ist in unserer Studie etwas höher als in den USA, wohingegen Verletzungen durch Waffengewalt und persönliche Angriffe dort dominierten. Verletzungen in der Freizeit und zu Hause sowie im Straßenverkehr waren gleich häufig. Eine größere öffentliche Aufklärungsarbeit über die Gefahr von Augenverletzungen bei entsprechenden Arbeiten könnte beitragen, viele dieser Unfälle durch entsprechende Schutzmaßnahmen zu vermeiden.

Summary

Background Severe open globe injuries are frequent emergencies in an ophthalmologic clinic and required immediate operation. The extent of these injuries is various depending on the mechanism of the injury and involvement of ocular tissue. In many cases a full visual rehabilitation can be achieved but in a lot of cases blindness results. To prevent such severe eye injuries it is important to judge the leading injury mechanisms. For this we collected our data about open globe injuries.

Patients and methods Retrospectively we collected the data from 103 consecutive patients in the year 1996 and 1997, presenting with an open globe eye injury followed by operation. The data contained personal patients data, information about mechanism of injury, visual acuity, operation and rehabilitation. Statistical analysis was performed using binomimal-test and t-test for paired and unpaired samples (p < 0.05).

Results 85.4% were male. Most of the injuries happenend at home (38%) and at the working place (31%). Assaultive injuries happened in 6.8%. 35% of all patients were craftmen (mechanics, electricians, or the locksmith were preferred). Pensioners were affected in 14.6% of all cases followed by small childen (7.8%) and school children (7.8%). In 50% of all cases metal and glass were responsible for the trauma, explosions were noticed in 8.7%. An intraocular foreign body was found in 37.9%. In 62% of all cases no second operation was necessary. An enculeation during the follow-up was performed in 2 cases.

Conclusion At least a third of all severe eye injuries would have been preventable. Concerning the non-preventable injuries accidents at home and in children were predominating. The rate of the open globe injuries was 2.32 in 100.000 people, which is about the same like in US-American studies. Most of the injuries happened at home because of carelessness and would have been avoidable. The rate of injuries at the working place is significantly higher than in the USA but there were significantly more gun-shot-injuries or offensive accidents abroad. The rate of accidents at home and in traffic were the same. We think that public campaigns and prevention strategies can help to reduce the potential risk of severe eye injuries.

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