Dtsch Med Wochenschr 1996; 121(42): 1281-1287
DOI: 10.1055/s-2008-1043140
Originalien

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Epidemiologie in den alten und neuen Bundesländern

Nosocomial infection in Germany: epidemiology in the old and new Federal LandsH. Rüden, P. Gastmeier, F. Daschner, M. Schumacher
  • Institut für Hygiene (Direktor: Prof. Dr. H. Rüden) der Freien Universität Berlin, Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene (Direktor: Prof. Dr. F. Daschner) sowie Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik (Direktor: Prof. Dr. rer. nat. M. Schumacher) der Universität Freiburg
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Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Grundproblematik und Fragestellung: Da bisher keine repräsentativen, landesweiten, mit international vergleichbaren Kriterien erhobenen Daten zur Häufigkeit nosokomialer Infektionen vorliegen, soll in dieser Studie die Prävalenzrate nosokomialer Infektionen in Deutschland ermittelt werden.

Patienten und Methodik: 14 966 Patienten (45,9 % internistische, 35,9 % chirurgische, 14,7 % gynäkologisch-geburtshilfliche und 3,5 % Intensivpatienten) in 72 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten deutschen Krankenhäusern (59 in den alten und 13 in den neuen Bundesländern) nahmen an der Studie teil. Unter Anwendung der CDC-Kriterien für die Diagnostik nosokomialer Infektionen durch zuvor darin validierte Ärzte wurde geprüft, ob bei den Patienten eine nosokomiale Infektion vorlag.

Ergebnisse: Bei der Untersuchung wurde eine Prävalenz nosokomialer Infektionen in der Gesamtpopulation von 3,5 % mit einem geschätzten Konfidenzintervall (95 %) von 3,1 bis 3,9 % ermittelt. Aufgrund der gewählten Methodik und der teilweise nicht indikationsgerechten mikrobiologischen Diagnostik in den untersuchten Krankenhäusern ist diese nosokomiale Infektionsrate mit Sicherheit als das Minimum der Prävalenz anzusehen. Für die wichtigsten nosokomialen Infektionsarten wurde in den neuen Bundesländern eine geringere Prävalenz gefunden als in den alten (Gesamtprävalenz 2,7 % vs. 3,6 %). Die Differenz ist vor allem auf eine geringere Anwendung von expositionellen Faktoren (zum Beispiel von peripheren Gefäßkathetern) zurückzuführen, kaum auf einen anderen hygienischen Standard im Umgang mit ihnen.

Folgerung: Die günstigeren Studienergebnisse in den neuen Bundesländern als Folge der geringeren Anwendung von expositionellen Faktoren unterstreichen die Notwendigkeit, ständig die Indikationsstellung für deren Einsatz zu überprüfen.

Abstract

Objective: To determine the prevalence rate of nosocomial infections in different parts of Germany.

Patients and methods: The study involved 14 966 patients (45.9 % medical, 35.9 % surgical, 14.7 % obstetrical/gynaecological and 3.5 % intensive care) in 72 randomly chosen German hospitals (59 in the old [i.e. previously West German] and 13 in the new [i.e. East German] Federal Lands). Using the CDC criteria for the diagnosis of nosocomial infections specially trained doctors determined whether the infection was in fact nosocomial.

Results: There was a 3.5 % prevalence rate of nosocomial infections in the entire population (95 % confidence interval 3.1-3.9 %). In view of the chosen methods and the in part incorrect indication of microbiological diagnosis in the included hospital, this rate of nosocomial infection is likely to be a minimum number. The prevalence rate for the most important nosocomial infections was lower in the new Lands of Federal Germany than the older ones (total prevalence of 2.7 vs 3.6 %). The difference is mainly due to the less frequent employment of various devices (e.g. peripheral vascular catheters), rather than different hygienic standards in their use.

Conclusion: The lower prevalence rate of nosocomial infections in the new Lands, because fewer devices are employed, underlines the need constantly to test the indications for their use.

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