Erschienen in:
29.06.2016 | Leitthema
Männergesundheit im Wandel: Ein Prozess nachholender Medikalisierung?
verfasst von:
Prof. Dr. Martin Dinges
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 8/2016
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Zusammenfassung
Männer haben im aktuellen Gesundheitsdiskurs der Medien einen schlechten Ruf. Trotzdem ist der Männergesundheitsdiskurs teilweise problematisch, da er Gesundheitsverhalten essenzialistisch auf männliches Geschlecht bezieht. Er ist sozial unterdifferenziert, dramatisiert häufig Geschlechterdifferenz, statt sie zu erklären, individualisiert unzulässig, bezieht sich auf fragwürdige Maßstäbe, macht unreflektiert Frauen zum positiven Modell und ist ahistorisch. Geschlechterleitbilder haben eine große Bedeutung für das Gesundheitsverhalten und haben das Gesundheitsverhalten von Männern und Frauen während der letzten 250 Jahre tatsächlich erheblich verändert. Frauen wurden stärker medikalisiert und profitierten hinsichtlich ihrer Lebenserwartung mehr von Modernisierung, Hygienebewegung, Ausweitung des medizinischen Angebots und staatlicher Gesundheitspolitik. Während der letzten 30 Jahre lassen sich aber, neben einer fortgesetzten parallelen, auch Zeichen einer nachholenden Medikalisierung der Männer feststellen. Ihr Verhalten wurde gesundheitskompatibler. Eine adäquatere Beschreibung der Verhältnisse könnte durch eine stärkere Beachtung von Gesundheitslebensstilen erreicht werden.