Leben Gliompatienten durch Metformin länger?

Bei Patienten mit einem WHO-Grad-III-Gliom sind Gesamtüberleben und progressionsfreies Überleben unter einer Metforminbehandlung signifikant höher als ohne eine solche Therapie. Mit anderen Antidiabetika lässt sich dieser Zusammenhang nicht beobachten. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Es gibt bereits eine ganze Reihe von epidemiologischen Studien und Metaanalysen, in denen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ein Zusammenhang zwischen einer Metforminbehandlung und einer reduzierten Krebsinzidenz sichtbar wird. In-vitro- und Tierversuche belegen denn auch, dass das Antidiabetikum eine antitumorale Wirksamkeit hat. Den Zusammenhang überprüft haben nun Neuroonkologen vom Zentrum für Hirntumoren des Universitätsklinikums Regensburg bei Patienten mit einem Gliom vom WHO-Grad III oder IV. Dr. Corinna Seliger und ihre Kollegen werteten in ihrer retrospektiven Kohortenstudie Daten des Krebsregisters Regensburg aus, die von Patienten aus der Oberpfalz und aus Niederbayern mit insgesamt 2,1 Millionen Einwohnern stammen. Das entspricht 98% aller in diesen Regionen diagnostizierten Krebserkrankungen. Erhoben wurden die Daten unter anderem von mehr als 1500 niedergelassenen Onkologen. Welche Bedeutung haben Mutationen im IDH1-Gen? Die Befunde von fast 1100 Gliompatienten – zusammengetragen zwischen 1998 und 2013 – konnten die Ärzte in ihrer Studie berücksichtigen. Geprüft wurde der Zusammenhang zwischen Metforminbehandlung und Gesamtüberleben sowie progressionsfreiem Überleben. Zudem stellten die Ärzte die Hypothese auf, dass die Assoziation vor allem auf Mutationen im Gen für das Enzym Isocitratdehydrogenase (IDH 1) beruht, die deutlich häufiger bei Grad-III- als Grad-IV-Gliomen vorkommen. Lesen Sie auch den Kommentar von Peter Leiner: Empfehlung der Redaktion Metformin-Formel auf einem Tablet 29.08.2018 | Maligne primäre ZNS-Tumoren | Nachrichten Metformin als mögliches Therapeutikum beim Gliom: Aus Alt wird Neu Die aktuelle Studie auf Basis von Regensburger Registerdaten zu Metformin als mögliches Therapeutikum bei Patienten mit einem Gliom macht deutlich, dass es ein großes Interesse gibt, bewährte Medikamente für neue Behandlungsfelder wiederzuentdecken. Wie Seliger und ihre Kollegen berichten, war die Metforminbehandlung mit einer signifikant höheren Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert. Bei Grad-III-Patienten (n = 231) errechneten sie eine Hazard Ratio (HR) von 0,30 (95%-Konfidenzintervall 0,11–0,81). Die Wahrscheinlichkeit, nach fünf Jahren noch zu leben, war in der Gruppe mit Metforminbehandlung somit um 70% höher als in der Gruppe ohne diese Therapie. Darüber hinaus bestand auch ein signifikanter Zusammenhang zwischen dieser Therapie und einem längeren progressionsfreien Überleben (HR: 0,29; 95%-Konfidenzintervall: 0,11–0,78), ebenfalls bei Grad-III-Patienten. Bei Grad-IV-Patienten (n = 862) gab es dagegen keinen signifikanten Zusammenhang (HR: 0,83 bzw. 0,85). Median lebten die Patienten der Gesamtgruppe 1,2 Jahre, Grad-III-Patienten noch 3,2 und Grad-IV-Patienten noch ein Jahr. Beim progressionsfreien Überleben waren es 0,8, 2,5 bzw. 0,7 Jahre. Fehlender Zusammenhang bei Insulin und Glitazonen Von den 177 Krebspatienten, die auch Diabetiker waren, erhielten 55 Metformin – 32 davon als Monotherapie –, 34 einen Sulfonylharnstoff, 55 eine Insulintherapie, 26 ein Glitazon und sieben Patienten ein anderes Antidiabetikum. Die Metforminbehandlung war nach Angaben der Ärzte in einer Multivariatanalyse mit einem signifikant besseren Gesamtüberleben (HR: 0,62) und progressionsfreien Überleben (HR: 0,71) assoziiert, was für Sulfonylharnstoffe, Insulin und Glitazone nicht zutraf, auch nicht für Kombinationsbehandlungen. Schließlich wurde auch der Einfluss des IDH-Mutationsstatus auf das Überleben untersucht. Bei insgesamt 55 Studienteilnehmern wurden Mutationen in dem Enzymgen nachgewiesen. Bei ihnen sei unter Metformin zumindest ein Trend zu einem besseren Überleben zu beobachten gewesen, so die Ärzte. Allerdings hatten nur fünf Patienten mit Mutation eine solche Therapie erhalten. Der Test auf IDH-Mutation war an der Klinik in Regensburg erst 2009 routinemäßig erfolgt. Da die Zahl der Patienten mit Grad-III-Gliomen in der Studie relativ klein gewesen sei, müssten die Ergebnisse in weiteren Studien überprüft werden. Zudem sei es möglicherweise zu Verzerrungen gekommen, da vermutlich die Diabetesdauer und die Schwere der Erkrankung die Wahl der antidiabetischen Therapie beeinflusst hätten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welchen Einfluss hat eine Metforminbehandlung bei Gliompatienten auf das Überleben? Antwort: Bei Patienten mit einem WHO-Grad-III-Gliom sind Gesamtüberleben und progressionsfreies Überleben signifikant höher mit einer Metforminbehandlung als ohne eine solche Therapie. Bedeutung: Aufgrund der hohen Prävalenz könnten IDH-Mutationen bei Grad-III-Patienten das Ansprechen auf Metformin, das das Wachstum von Gliomzellen hemmt, erhöhen. Einschränkung: Die Zahl der Patienten mit WHO-Grad-III-Gliomen war relativ klein, weshalb das Ergebnis mit einer größeren Patientenzahl bestätigt werden muss.

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