Studienevidenz zur Revaskularisation bei chronisch stabiler KHK
Für die perkutane Intervention zur Erweiterung von verengten oder verschlossenen Koronararterien (PCI) beim akuten Myokardinfarkt bzw. dem akuten Koronarsyndrom liegt belastbare Studienevidenz dafür vor, dass die Intervention die Prognose der betroffenen Patientinnen und Patienten verbessert [
1]. Bei der chronisch stabilen koronaren Herzkrankheit (KHK) ist die Evidenzlage jedoch problematisch. Für das Therapieziel „Verbesserung der Prognose“ sind die direkten Vergleiche von optimaler konservativer Therapie (OKT) und OKT plus PCI durchweg negativ ausgegangen, d. h., in randomisierten kontrollierten Studien konnte keine Überlegenheit einer primär interventionellen Strategie nachgewiesen werden, dies gilt auch für die aktuellste dieser Untersuchungen (COURAGE; [
2]). Dieser Stand wird auch in Metaanalysen entsprechend abgebildet [
3]. Lediglich die Autoren einer Netzwerkmetaanalyse postulieren [
4], dass mit den neuen koronaren Technologien gegenüber einer primär konservativen Behandlung eine Mortalitätsreduktion erreichbar sei. Dieser Befund ist im Kontext der bisher publizierten Studien jedoch eher als exploratorisch anzusehen. Die erst kürzlich publizierte ISCHEMIA-Studie konnte für eine invasive Behandlung (PCI, Bypass-Op.) ebenfalls keinen Vorteil gegenüber einem primär konservativen Vorgehen zeigen (bisher lediglich als Kongresspublikation [
5]).
Für das Therapieziel „Verbesserung der Symptomatik und Lebensqualität“ hat die ORBITA-Studie [
6] erstmalig die symptomatische Wirksamkeit der PCI bei stabiler KHK in einem verblindeten, kontrollierten Design untersucht. Weder für die standardisierte Belastung noch für Anginasymptomatik oder Lebensqualität konnte eine statistisch signifikante Überlegenheit der PCI über eine rein medikamentöse Behandlung gezeigt werden.
Diese Evidenzlage kontrastiert in hohem Maße mit der aktuellen Versorgungspraxis in Deutschland [
7‐
10]. Während bei Medikamenten weltweit staatliche Gesetzgebung dafür gesorgt hat, dass Wirksamkeit und Sicherheit vor der Markteinführung evaluiert werden, sind die Anforderungen an Medizinprodukte und Prozeduren wesentlich niedriger. Diese werden häufig in der Fläche eingesetzt, auch wenn belastbare Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit fehlen.
Dabei geht es hier nicht um fehlerhafte Produkte, wie z. B. bei den von den „Implant Files“ dargestellten skandalösen Beispielen [
11]. Tatsächlich haben sich die Stenttechnologien in bemerkenswerter Weise verbessert. Zur Debatte steht vielmehr, in welchem Maße ein punktueller Eingriff (Behandlung einer bzw. weniger koronarer Stenosen) über eine symptomatische Linderung hinaus eine sekundärpräventive Wirkung haben kann.
Fragestellung
Die Diskrepanz von fehlender empirischer Evidenz einerseits und dem massenhaften Einsatz in der Versorgung andererseits wirft die Frage auf, wie es dazu kommt, dass Innovationen von Patientinnen und Patienten, Gesundheitsprofessionen, Institutionen des Staates wie auch des Gesundheitswesens evaluiert und ggf. akzeptiert werden. Am Beispiel perkutaner koronarer Interventionen soll untersucht werden, wie weit spezifische Narrative zur Verbreitung von Technologien beitragen.
Versorgungspraxis und Überzeugungen
Wir wissen nur wenig darüber, wie Patientinnen und Patienten über die Wirkungen der PCI im Kontext der chronisch stabilen KHK informiert werden. Eine Analyse der Konsultationen von US-Kardiologen zeigte die häufige Verwendung eines mechanischen oder besser hydraulischen Narrativs: Eine blockierte Leitung wird mit mechanischen Mitteln geöffnet, sodass der Blutfluss nicht mehr behindert wird. Der Nutzen der PCI in Bezug auf die Prognose wurde übertrieben dargestellt [
12]. In einer ebenfalls US-amerikanischen Untersuchung an Patientinnen und Patienten, die für eine PCI stationär aufgenommen worden waren, glaubten fast 90 %, dass die Prozedur künftige Myokardinfarkte verhüten würde. Die Mehrheit der behandelnden Kardiologen ging allerdings vom aktuellen Forschungsstand aus, nämlich dass nur eine symptomatische Linderung zu erwarten sei [
13,
14].
Narrative
Geschichten sind ein universales menschliches Phänomen, der Mensch ist als ein „storytelling animal“ oder „homo narrans“ anzusehen [
15]. Geschichten helfen, die unendliche Komplexität der Welt auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, Einsichten zu überliefern, nachfolgende Generationen zu erziehen und Gefolgschaft zu sichern. Die Allgegenwart und die Macht von Narrativen können helfen, die oben beschriebene Diskrepanz von fehlender, unzureichender oder negativer Studienevidenz einerseits und einer ganz anderen Praxis zu verstehen.
Medizinische Narrative
Die in der Ausbildung aller Gesundheitsberufe vermittelten Inhalte haben in hohem Maße eine narrative Grundstruktur. Eine biochemische Reaktion, die Wirkung eines Hormons an einem Rezeptor, die intrazellulären Konsequenzen, aber auch die Aufnahme von Nahrung, deren Verdauung und die Versorgung der Organe mit Nährstoffen, schließlich die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten folgen jeweils einer chronologischen Sequenz von Schritten, bei denen eine kausale Verknüpfung und ein Ziel (Funktion) implizit mitgedacht sind. Selbst statische Inhalte, wie z. B. in der Anatomie, werden durch eine sequenzielle Darstellung, z. B. der zielgerichteten Bewegung einer Extremität, verständlich gemacht („funktionelle Anatomie“).
Diese narrative Grundstruktur herrscht in den Lehrbüchern, Vorträgen und Repetitorien aller Gesundheitsprofessionen vor. Bei den Narrativen, welche die komplexen Vorgänge im menschlichen Körper verständlich machen sollen, sind folgende Charakteristika immer wieder anzutreffen.
Diese Narrative sind in der Medizin bzw. in jedem Wissen über Gesundheit, Krankheit und mögliche Behandlung so allgegenwärtig, dass diese eigentlich sehr bemerkenswerte Struktur uns gar nicht mehr auffällt. Obwohl die Entfernung zu den tatsächlichen wissenschaftlichen Befunden enorm ist, werden sie für die Wirklichkeit selbst gehalten. Dabei ist der wissenschaftliche Prozess dahinter höchst komplex, voller Annahmen, subjektiver Interpretationen, technischer und sozialer Voraussetzungen sowie Kontroversen [
17‐
19]. All dies verschwindet hinter der glatten Oberfläche der von Lehrbüchern oder Patienteninformationen referierten „Fakten“. Auch Kardiologen haben die simplifizierende Sicht in Bezug auf die Behandlung koronarer Probleme kritisiert („okulostenotischer Reflex“, „Luminologie“; [
20]).
Immer tendenziös
Wie oben bereits erwähnt, werden die kausalen bzw. Wirkverknüpfungen in medizinischen Narrativen als deterministisch dargestellt, d. h., sie laufen verlässlich und konsequent mit einer „Wahrscheinlichkeit von 100 %“ ab. Entsprechend vollständig scheinen auch therapeutische Interventionen jeglicher Art ihre Wirkung zu entfalten.
Wenn man jedoch für die Schritte beispielsweise einer biochemischen Reaktionskette Wahrscheinlichkeiten von weniger als 100 % einsetzt, ergibt sich ein anderes Bild. Eine Reaktion kann insgesamt nur mit einer Wahrscheinlichkeit von maximal 10 % ablaufen, wenn auch nur einer der Zwischenschritte mit dieser Wahrscheinlichkeit erfolgt. Selbst wenn es sich um fünf höchst wahrscheinliche (je 90 %) Einzelschritte handelt, vollzieht sich der Prozess insgesamt mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 59 % – also ein sehr deutlicher Kontrast zum deterministischen Schaubild [
21].
Medizinische Narrative vereinfachen also nicht in neutraler Weise, sie haben vielmehr eine ganz bestimmte Tendenz. Auch wenn vielleicht durch eine ganz ehrenwerte edukative Zielsetzung motiviert, wird das Bild einer klaren und übersichtlichen Wirklichkeit produziert; die Möglichkeiten, hier einzugreifen, d. h. die Wirkungen therapeutischer Interventionen, werden allein durch die Art der Darstellung und die damit verbundene deterministische Logik dramatisch überzeichnet.
Niederungen der Studienevidenz
Die Ergebnisse klinischer Studien sprechen eine ganz andere Sprache. Wenn wir die Ergebnisse der oben erwähnten Metaanalyse von Windecker et al. als valide annehmen, würde die neuere Generation koronarer Stents einen Überlebensvorteil von 0,65 bzw. 0,75 (relatives Risiko) bewirken. Nehmen wir ein Mortalitätsrisiko von 8,3 % für die nächsten 5 Jahre an (entsprechend den in die COURAGE-Studie eingeschlossenen Patientinnen und Patienten [
2]), würde dieses durch die Prozedur auf 5,4 % gesenkt. Daraus würde sich eine absolute Risikoreduktion von 3 % ergeben. Mit anderen Worten: Von 100 Betroffenen profitieren lediglich 3 in Bezug auf die Sterblichkeit, die übrigen 97 haben in Bezug auf dieses Zielkriterium keinen Nutzen; sie müssen jedoch invasiv behandelt werden, um den Gesamteffekt für die Gruppe zu erreichen.
Diese Zahlen machen die probabilistische Natur unserer Aussagen zur Wirkung einer Behandlung deutlich. Sie unterstreichen auch die Diskrepanz zwischen dem deterministischen Narrativ (aufgedehnte arterielle Stenose) einerseits und dem tatsächlichen Behandlungseffekt einer absoluten Risikoreduktion von 3 % und der damit verbundenen Unsicherheit (hier sei ausdrücklich auf die vermutlich nicht gerechtfertigte, optimistische Annahme hingewiesen, dass der von Windecker et al. postulierte Effekt tatsächlich zu erreichen sei).
Überzeugen mit Narrativen
Um eine bestimmte Behandlungsweise zu begründen, ist im Zeitalter der evidenzbasierten Medizin (EbM) die Floskel: „es gibt dazu Studien …“, üblich. Leitlinien werten diese Studien systematisch und – im Idealfall – kritisch aus; für präventive und therapeutische Interventionen wird heute ein Nachweis von Wirksamkeit und Sicherheit mithilfe randomisierter klinischer Studien gefordert. Es ist schon fast in Vergessenheit geraten, wie vor der Etablierung der EbM die Evaluation neuer Interventionen vorgenommen wurde, sei dies auf individueller oder kollektiver Ebene. Die „eminenzbasierte“ Methode hat reichlich Aufmerksamkeit erfahren; weniger geläufig ist uns, dass die Überlegungen und Diskussionen über neue Behandlungen sich vor allem auf angenommene Mechanismen stützten. Damit eine Intervention von der Zielgruppe angenommen und umgesetzt wurde, musste ein überzeugender Wirkmechanismus angeboten werden. Womit wir wieder beim Narrativ wären: Hier wird die Überzeugungsfunktion von Narrativen deutlich. Diese Methode der Überzeugung ist heute keineswegs hinfällig; vielmehr gehört sie zu jeder Vermarktungskampagne dazu, wie sich Anzeigen und anderen Werbematerialien entnehmen lässt. Dabei werden auch Narrative zu Marketingzwecken eingesetzt, die wissenschaftlich längt obsolet sind; die Wirkung von Antidepressiva auf den Botenstoff Serotonin ist ein unrühmliches Beispiel dafür [
22].
Unbehagen an der EbM
Die Gegenüberstellung eines deterministischen Narrativs einerseits und der probabilistischen Aussage einer kontrollierten Studie andererseits macht auch verständlich, warum die evidenzbasierte Medizin auf Vorbehalte bei vielen praktizierenden Ärztinnen und Ärzten stößt. Diese haben nicht nur die überoptimistischen (pathophysiologischen usw.) Narrative vor Augen, sondern haben auch aus ihrer Praxis ein so positives Feedback, dass die kläglichen probabilistischen Effekte nicht plausibel erscheinen. Dazu tragen Regressionseffekte, selektives Follow-up und selektive Rückmeldungen von Patientinnen und Patienten bei. Noch stärker fällt die Reaktion aus, wenn kontrollierte Studien für etablierte Prozeduren überhaupt keinen Effekt demonstrieren können [
23].
Die Aversion von Ärztinnen und Ärzten gegen statistische Methoden ist geradezu sprichwörtlich. Diese wird verständlich, wenn wir uns klar machen, dass mit der Statistik immer die Unsicherheit von Aussagen explizit gemacht wird. Dass mit einem statistischen Test bzw. einem Konfidenzintervall der Zufall evaluiert wird, dürfte in der Ärzteschaft ebenso unbekannt wie unwillkommen sein. Mit anderen Worten: Die statistische Sicht kollidiert mit einem Weltbild, welches aus einem System deterministischer Aussagen besteht [
24].
Diskussion
Auch wenn die Diskrepanz von Studienevidenz und Praxis wie auch das Vorkommen bestimmter Argumentationsmuster und Auffassungen empirisch nachgewiesen sind, ist meine Argumentation insgesamt durchaus spekulativ bzw. als explorativ anzusehen. In Bezug auf die De-facto-Einschätzung und Akzeptanz von medizinischen Technologien besteht noch großer Forschungsbedarf.
Natürlich wirken vielfältige Faktoren auf die Verbreitung und Akzeptanz von medizinischen Technologien, wie z. B. finanzielle Anreize oder soziale Erwartungen (von Patientinnen und Patienten, Peers und der Öffentlichkeit). Wie auch immer die sozialen Prozesse funktionieren [
25], sie müssen von rechtfertigenden Begründungen begleitet sein. Die hier dargestellten Überlegungen fokussieren auf ein Beispiel aus der Kardiologie, sie beanspruchen jedoch eine Gültigkeit auch für andere medizinische Interventionen. Die beschriebenen Narrative wirken vielleicht stärker bei technischen Medizinprodukten als bei Medikamenten, für die vergleichsweise abstrakte Wirkmechanismen postuliert werden müssen.
Mythen
Mythen sind Narrative, die den „Widerfahrnissen des Lebens, insbesondere dem Leben als solchem und ganzem, einen Sinn geben“ sollen [
26]. Die Göttererzählungen der griechischen Antike sind für Europa prägend geworden, aber alle religiösen Gemeinschaften, ja vielleicht sogar alle menschlichen Gesellschaften pflegen solche sinnstiftenden Erzählungen. Dabei sind diese kaum jemals „unschuldig“, sondern dienen vielmehr der Legitimierung von Institutionen bzw. von Macht, von ideologischen und wirtschaftlichen Interessen. Das sich seit dem 17. Jahrhundert verbreitende naturwissenschaftliche Weltverständnis, aber auch andere sich als rational verstehende philosophischen Positionen haben sich bewusst vom Mythos abgegrenzt. Die hier dargestellten Überlegungen zeigen jedoch, dass ganz moderne medizinische Interventionen offenbar mythische Narrative benötigen, um Verbreitung und Akzeptanz zu finden. Mit diesen Mythen lassen sich empirisch nicht nachgewiesene bzw. nur schwache, probabilistische Effekte überdecken. Damit entsteht ein Eindruck von Sicherheit, der verängstigten Kranken eine Stütze bietet, aber wohl auch mehr verspricht, als realistisch an Wirksamkeit zu erwarten ist. Gerade die sich als „modern“ gebenden Technologien verbinden sich mit archaischen Narrativen; unter der modernen Oberfläche liegt Archaisches oft näher, als wir das wahrhaben wollen [
27].
Der Begriff des „Mythos“ sollte also nicht einfach nur ein unbestimmter Negativkontrast zu einer rationalen, an klinischen Studien orientierten Vorgehensweise sein. Vielmehr müssen wir verstehen, wie weit Narrative bzw. Mythen die Praxis und den Diskurs über die medizinische Versorgung beeinflussen. Sie zugunsten einer rein empirisch-rationalen Betrachtungsweise zu eliminieren, ist heute ebenso aussichtslos wie zur Zeit der ersten griechischen Philosophen, die sich anschickten, die alten Mythen zu demontieren.
Bei aller Kritik müssen wir wohl zugeben, dass es nicht ohne Narrative geht. So hat ja auch die von David Sacket erstmalig vorgeschlagene idealtypische Sequenz eine narrative Grundstruktur: ein klinisches Problem aufgreifen, recherchieren, die gefundenen Studien kritisch bewerten und die Ergebnisse in der Praxis umsetzen. Mit der Realität hat diese Erzählung vielleicht genauso viel zu tun wie die „wieder freigeräumte koronare Leitung“ und ihre Effekte auf die Prognose in Bezug auf Herzinfarkte und koronar bedingte Todesfälle.
Schlussfolgerungen und Konsequenzen
Ob es tatsächlich gelingt, medizinische Unsicherheit zum Gegenstand einer Revolution in der Medizin [
28] zu machen, sei dahingestellt. Dies wäre jedenfalls anzustreben, wenn Patientinnen und Patienten und der Öffentlichkeit ein ungeschöntes Bild der Wirksamkeit und Sicherheit medizinischer Maßnahmen vermittelt werden soll. Ein wichtiger Schritt ist die Implementierung von Entscheidungshilfen, die sich nicht auf die oben diskutierten mechanistischen Erklärungen beschränken, sondern die auch eine verständliche, explizit probabilistische Information über Behandlungseffekte liefern (z. B. absolute Risikoreduktion mit Icons dargestellt; [
29]). Die Erfahrungen mit Entscheidungshilfen zeigen, dass solche Darstellungen möglich sind und von vielen Patienten akzeptiert werden [
30]. Probabilistische Zusammenhänge sind vielen Menschen aus ihrer Lebenswelt vertraut; die einer Entscheidung vorangehende Information kann darauf Bezug nehmen und damit erläuternde Narrative relativieren.
Bisher hat das Medizinstudium seine Absolventinnen und Absolventen unzureichend auf die reale Versorgung und die mit ihr einhergehenden Unsicherheiten vorbereitet. Was immer wieder als „Praxisschock“ beschrieben wird, dürfte teilweise in der Diskrepanz zwischen dem einseitig deterministischen und schlichten Bild von Gesundheit und Krankheit und der komplexen, nur probabilistisch zu erfassenden Wirklichkeit realer Patientinnen und Patienten begründet sein. Wenn tatsächlich die Wissenschaftlichkeit des Medizinstudiums und anderer gesundheitsberuflicher Ausbildungen gestärkt werden soll, wäre ein „Mehr“ der schlichten Narrative, d. h. lediglich eine quantitative Stoffausweitung in einem bereits überladenen Studiengang, kontraproduktiv. Vielmehr sind diese Theorien mit der Erfahrung an realen Patientinnen und Patienten vom ersten Semester an zu konfrontieren. Auch müssten Studierende mehr über die den sog. Fakten zugrunde liegender Prozesse erfahren, einschließlich der Kontroversen, Unsicherheiten und der Notwendigkeit einer Interpretation.
Narrative strukturieren unsere Wahrnehmung und unser Verhalten in der Welt; sie entscheiden darüber, was wir sehen und was nicht, was wir für wichtig und wirksam halten und was nicht. Für die Medizin verdienen sie deshalb mehr kritisches Nachdenken als bisher.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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