Frühere Pubertät durch Paracetamol in der Schwangerschaft?

Bei pränataler Paracetamolexposition über mehr als zwölf Wochen kommt es bei Mädchen möglicherweise zu einem früheren Beginn der Pubertät. Eine dänische Studie erbrachte Hinweise, dass die Pubertät 1,5–3 Monate früher einsetzt, gemessen am Wachstum der Scham- und Achselhaare sowie der Entstehung einer Akne. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bisher gab es keine Studie, in der der Einfluss von Paracetamol auf das Einsetzen der Pubertät untersucht wurde. Dr. Andreas Ernst von der Universität Aarhus in Dänemark und seine Kollegen haben deshalb versucht, anhand von Daten der Danish National Birth Cohort, die auch eine Langzeitkohorte zur Pubertät enthält, den Einfluss von Paracetamol auf den Beginn dieser Entwicklungsphase zu erhellen. Informationen von mehr als 15.800 Jungen und Mädchen (keine Mehrlinge) standen für die Auswertung zur Verfügung. 54% der Mütter hatten angegeben, dass sie mindestens einmal während der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hatten. Interviews ab der vierten Schwangerschaftswoche Grundlage waren unter anderem drei telefonische Interviews zwischen der vierten Schwangerschaftswoche und der Geburt. Die Frauen waren generell gefragt worden, ob sie irgendein Schmerzmittel – als OTC-Präparat oder Medikament auf Rezept – eingenommen hatten. Aus einer vorgegebenen Liste von 44 Arzneimitteln – darunter Paracetamol – konnten sie das oder diejenigen Mittel auswählen, von denen sie noch wussten, dass sie sich während der Schwangerschaft damit behandelt hatten. Sie sollten dann angeben, in welcher Schwangerschaftswoche die Behandlung erfolgt war. Die Frauen konnten darüber hinaus auch Angaben über Präparate, die nicht auf der Liste standen, machen sowie darüber, inwieweit sie Medikamente gegen rheumatoide Arthritis, Infektionskrankheiten, Fieber oder Entzündungen eingenommen hatten. Ab dem Alter von 11,5 Jahren wurden die Kinder gebeten, Angaben über den Entwicklungsstand zu geben, und das alle sechs Monate bis zum Ende der sexuellen Reifung oder bis zum 18. Lebensjahr. Von insgesamt mehr als 15.880 aus einer Gruppe von fast 22.500 Kindern konnten die Angaben verwertet werden. Etwa 7700 waren Jungen. Unter anderem waren die Kinder zu den vorgesehenen Stichtagen gefragt worden, ob inzwischen Zeichen des Pubertätsbeginns beobachtet wurden, etwa Akne, Wachstum von Scham- oder Achselhaaren, Entwicklung von Brust oder Genitale, orientiert an den Tanner-Stadien (1–5) , die erste Ejakulation bzw. Regelblutung und Stimmbruch. Zwischen einer und elf Fragebögen pro Kind waren ausgefüllt worden. Die Jugendlichen waren zwischen 14 und 17 Jahre alt. Alle Teilnehmer waren pränatal mindestens einmal Paracetamol ausgesetzt gewesen. Zusammenhang bei Jungen weniger deutlich Insgesamt betrachtet stellten die Wissenschaftler bei Mädchen eine Tendenz zu einem früheren Beginn der Pubertät fest, und zwar um 1,5–3 Monate mit zunehmender Zahl der Wochen, in denen sie intrauterin Paracetamol exponiert waren. Bei Jungen ließ sich dagegen kein deutlicher Zusammenhang erkennen. Am auffälligsten war der Trend bei Mädchen, und zwar beim Wachstum der Achselhaare (–1,2 Monate) und bei der Entwicklung von Akne (–1,7 Monate). Bei Jungen gab es nur Hinweise, dass mit zunehmender Paracetamolexposition (˃ 12 Wochen) das Wachstum der Schamhaare später einsetzte. Waren Mädchen mehr als zwölf Wochen dem Schmerzmittel ausgesetzt, wurde bei ihnen die stärkste Assoziation mit dem früheren Einsetzen der Pubesbehaarung im Tannerstadium 2 (–1,7 Monate), des Achselhaarwachstums (–3,0 Monate) und der ersten Aknezeichen (–2,8 Monate) festgestellt. Die Wissenschaftler halten es für möglich, dass es durch Paracetamolexposition während der intrauterinen Entwicklung zu einer Beeinflussung der Androgenproduktion kommt, die bei Mädchen in der Frühphase über die Nebennieren erfolgt. Erst im späteren Verlauf der Pubertät hängt das Haarwachstum von Rückkopplungsmechanismen zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Gonaden ab. Die Aussagekraft der Studie ist dadurch eingeschränkt, dass sie nur auf Angaben der Mütter und der Kinder beruht. Wie verlässlich solche Informationen sind, ist umstritten. Darüber hinaus sind bei etwa 15% der befragten Frauen die Angaben zu kumulativen Dosen, denen die ungeborenen Kinder ausgesetzt waren, ungenau. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welchen Einfluss hat die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft auf die Entwicklung in der Pubertät? Antwort: Im Vergleich zu Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft kein Paracetamol eingenommen haben, kommt es bei Paracetamolexposition über mehr als zwölf Wochen vor allem zu einem 1,5–3 Monate früheren Wachstum der Scham- und Achselhaare sowie zu einer ebenso früheren Aknebildung, und zwar nur bei Mädchen. Bedeutung: Die Studienergebnisse liefern Hinweise darauf, dass es durch die Paracetamoleinnahme zu einer Störung der peripheren Androgenproduktion bei Mädchen kommt. Einschränkung: Die Studienergebnisse beruhen auf Angaben der Jugendlichen zum Auftreten erster Zeichen der Pubertät sowie auf Angaben der Mütter über die Einnahme von Paracetamol.

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