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07.08.2017 | Medizinstudium | Online-Artikel

PJ-Tagebuch: Woche Nr. 3

Raucher, Biertrinker und Liebhaber der traditionellen bayerischen Küche

verfasst von: Peter von Philipsborn

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Donnerstag morgen in der Praxis, ein neuer Patient, 50 Jahre, kommt zum ersten Mal zu uns, da sein alter Hausarzt in den Ruhestand gegangen ist, ohne einen Nachfolger zu finden. Eigentlich kommt er nur, um sich ein Rezept für seine Medikamente zu holen – ein Antihypertensivum (eine Fixkombination aus Ramipril und Amlodipin), und Diclofenac und Pantoprazol als Bedarfsmedikation bei Rückenschmerzen. Ich messe den Blutdruck, der Wert ist passabel mit 135/85 mmHg. Ich blättere die alte, noch papierbasierte Patientenakte seines bisherigen Hausarztes durch, ein Laborblatt vom April diesen Jahres fällt mir in die Hand, mit einem Gesamtcholesterin von 220 mg/dl, und Triglyceriden von 700 mg/dl. Ob er schon einmal einen Cholesterinsenker genommen habe, frage ich – ja, doch, sein alter Hausarzt habe ihm mal so was empfohlen, aber genommen habe er es nie. Ich starte den Risiko-Rechner von Arriba, gebe seine Werte ein – er rauche, schon so ein Päckchen pro Tag, und ja, sein Vater sei an einem Schlaganfall gestorben, mit 45, aber Diabetes habe er keinen. Für Sport habe er keine Zeit, und auch sein Habitus passt dazu, dass er sich als Liebhaber der traditionellen bayerischen Küche zu erkennen gibt. Zusammen mit seinen unter Antihypertensiva hoch-normalen Blutdruckwerten und erhöhten Gesamt-Cholesterin und gerade noch normwertigen HDL-Cholesterin von 40 mg/dl kommt er damit auf ein Risiko von 32%, während der nächsten 10 Jahre einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. 

Die bloße Vorstellung, das von drei Patienten wie ihm einer während der nächsten 10 Jahre ein solches immer potentiell lebensbedrohliches Ereignis erleiden wird, ist für mich schwer fassbar – gerade weil Arriba eine solche individualisierte Quantifizierung des Risikos erlaubt, empfand ich es in diesen Moment so, als würden wir Patienten wie ihn im Prinzip sehenden Auges in ihr Verderben schicken. Immerhin, durch eine kombinierte Therapie mit einem Statin und ASS ließe sich das Risiko von 32 auf 22% senken, was natürlich ein Segen ist. 

Um sein Risiko in den durchschnittlichen Bereich (um genau zu sein, auf 7,9%, ohne zusätzliche Medikation) zu senken, bräuchte er einen Rauchstopp, ausreichend Bewegung und eine gesündere Ernährung. 

Ein neues Medikament zu verschreiben, das ist leicht getan, einen Menschen dazu in die Lage zu versetzen, sein Leben umzustellen, seinen Alltag mit neuen, gesünderen Routinen und Ritualen zu füllen, das ist ungemein schwerer. Und es ist auch etwas, worüber wir in unserem Studium nur sehr wenig gelernt haben. Denn, das ist klar, mit einem kurzen Hinweis an eine PatientIn, er oder sie solle mit dem Rauchen aufhören, sich gesünder ernähren und ausreichend bewegen ist es nicht getan. Es gibt evidenzbasierte Methoden und Verfahren, mittels derer PatientInnen effektiv bei Lebensstil-Änderungen unterstützt werden können – etwa Kurzinterventionen nach dem 5-A-Prinzip (Ask – Assess – Advise – Agree – Assist), die für die Unterstützung eines Rauchstopps ebenso wie bei Adipositas eingesetzt werden können.

Auch hierüber mehr zu lernen, und Routine und Erfahrung zu gewinnen in der Beratung von PatientInnen in diesen Fragen, das ist eines meiner Lernziele für dies PJ-Tertial. 

Bei dem eingangs erwähnten Patienten müsste es noch um mehr als das gehen – die Triglyceride von 700 mg/dl hätten mich stutzig machen können, doch bewusst wurde es mir erst, als diese später Dr. Blank ins Auge fielen und er den Patienten fragte, wie viel Bier er denn pro Tag so trinke, und er antwortete, dass es so schon so 5, 6 Halbe am Tag seien, manchmal auch mehr. Es gibt viel zu tun.

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