Bei dysplastischen Nävi muss man nicht nachresezieren

Soll man nach der Biopsie eines mäßiggradig dysplastischen Nävus, bei dem sich herausstellt, dass er nicht in toto exzidiert wurde, noch einmal nachresezieren? Die Ergebnisse einer aktuellen Multicenter-Studie aus den USA sprechen nicht unbedingt dafür. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Darüber, wie man mit atypischen Muttermalen umgeht, die nach Exzision in der Histologie positive Schnittränder aufweisen, besteht international Uneinigkeit. Die einen raten in dieser Situation dazu, noch einmal nachzuresezieren, die anderen plädieren, sofern es sich um eine mäßiggradige Dysplasie handelt, für ein beobachtendes Vorgehen. In einer Kohortenstudie aus den USA wurden nun 467 entsprechende Fälle bei 438 Patienten über im Mittel knapp sieben Jahre nachverfolgt. In allen Fällen handelte es sich um dysplastische Nävi der Kategorien „NAD-Mild“ oder „NAD-Mod“ gemäß der Einteilung von Arumi-Uria von 2003, die vermeintlich vollständig, d. h. ohne sichtbare zurückbleibende Pigmentierung, exzidiert worden waren, wobei die histologische Aufarbeitung jedoch positive Ränder ergeben hatte. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 47 Jahren. Die Hälfte der Teilnehmer hatte zuvor bereits ein atypisches Muttermal entfernt bekommen; bei einem Drittel war schon einmal ein kutanes Melanom diagnostiziert worden. 24% wiesen eine positive Familienanamnese im Hinblick auf kutane Melanome auf. Knapp 70% der Biopsien wurden am Stamm entnommen. Die Nävi waren im Mittel 5,7 mm groß. Als Exzisionstechnik waren in erster Linie Shave-Exzisionen oder Stanzbiopsien zum Einsatz gekommen (46% bzw. 45%). Kein einziges Melanom an der Entnahmestelle Nach der Biopsie wurden die Patienten mindestens drei Jahre lang mittels standardisierter Visualisierung und Dermatoskopie nachbeobachtet. Am Ende der Beobachtungszeit wurde bei keinem einzigen Patienten an der biopsierten Stelle ein kutanes Melanom gefunden. In drei Fällen zeige sich an der Stelle eine offenbar wiedergekehrte Pigmentierung. 22,8% der biopsierten Patienten entwickelten allerdings in der Beobachtungszeit ein primäres kutanes Melanom (CM) an anderer Stelle. Von diesen 100 Hautkrebspatienten hatte das CM in drei Fällen metastasiert, wobei der (invasive) Hautkrebs bei zweien bereits vor der fraglichen Biopsie bestanden hatte. Als Risikofaktoren für die Entwicklung eines CM an anderer Stelle machten die Autoren Alter, eine frühere Hautkrebserkrankung und eine frühere Biopsie eines dysplastischen Nävus aus. Letztere war mit einer um den Faktor 2,55 erhöhten Wahrscheinlichkeit verbunden, Hautkrebs irgendwo fern des fraglichen Nävus zu entwickeln, ein früheres Melanom mit einem 11,74-fach erhöhten Risiko. Gefahr von Hautkrebs an anderer Stelle „Wenn wir die Ergebnisse auf die Gesamtbevölkerung extrapolieren“, so das Autorenteam um Dr. Caroline Kim vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, „kommen wir in sieben Jahren auf eine Karzinomrate von weniger als 5 pro 1000 Biopsien“, also 0,5%. Auf dieser Grundlage fühle man sich ausreichend sicher, gemäß der Empfehlung des Pigmented Lesion Subcommittees (dem die Autoren angehören) von 2015 auch weiterhin bei mäßiggradigen Dysplasien ein beobachtendes Vorgehen zu propagieren. Dieses beinhalte regelmäßige dermatologische Untersuchungen und die entsprechende Aufklärung des Patienten. Die Studienkommentatoren Dr. Adewole Adamson und Dr. Kelly Nelson von der University of Texas weisen darauf hin, dass – anders als beispielsweise bei der zervikalen Dysplasie – beim dysplastischen Nävus zunehmend nicht mehr davon ausgegangen wird, dass es sich um einen Karzinomvorläufer handelt. Der atypische Nävus sei vielmehr als Marker für ein erhöhtes Melanomrisiko zu verstehen. Im Einzelfall, so Kim et al., komme es vor allem auch auf die Vorgeschichte des Patienten an: So sollten Patienten, die bereits ein Melanom und/oder zwei oder mehr biopsierte dysplastische Nävi (einer davon mäßiggradig dysplasiert) in der Anamnese aufweisen, engmaschig überwacht und zu routinemäßigen Selbstkontrollen angehalten werden, da hier ein erhöhtes Risiko für ein Melanom an anderer Stelle bestehe. Das Wichtigste in Kürze Frage: Soll man nach Exzision eines mittelgradig dysplastischen Nävus mit positivem Schnittrand erneut resezieren? Antwort: In einer Multicenter-Studie aus den USA war das Risiko für ein kutanes Melanom an der Entnahmestelle über einen Beobachtungszeitraum von sieben Jahren nicht erhöht. Bedeutung: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen erscheinen in dieser Situation ausreichend. Einschränkung: Retrospektive Studie. Es wurden nur Patienten berücksichtigt, die über mindestens drei Jahre nachbeobachtet wurden.

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