Meniskusteilresektion verliert an Boden

Patienten mit Kniebeschwerden, welche auf einem degenerativen Meniskusriss beruhen, profitieren definitiv nicht von einer Meniskusteilresektion. Das bestätigen Daten aus einer großen randomisierten placebokontrollierten Studie. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Dass auch degenerativ entstandene Meniskusrisse arthroskopisch behandelt werden sollten, weil dem Patienten sonst eine Arthrose drohe, ist ein häufig vorgebrachtes Argument in der orthopädischen Praxis. Wie eine aktuelle Studie aus Finnland jetzt bestätigt, ist diese Theorie jedoch ganz offensichtlich haltlos. Das Team um den Orthopäden Raine Sihvonen von der Universität Helsinki konnte nachweisen, dass die Meniskusteilresektion, bei der lose und beschädigte Anteile des Meniskus arthroskopisch entfernt werden, auch auf lange Sicht keine besseren Ergebnisse liefert als ein Scheineingriff. Hinweise, dass die minimalinvasive Op. bei Patienten mit nachgewiesenem degenerativem Meniskusriss und ursprünglich geringgradiger Arthrose weder im Hinblick auf Schmerzen noch auf die Gelenkfunktion einen Vorteil bringt, hatte die Gruppe bereits 2013 mit einer placebokontrollierten Studie vorgelegt. Dabei war nur ein Teil der Patienten tatsächlich reseziert worden, bei dem anderen hatte man die Resektion nach allen Regeln der Kunst vorgetäuscht, indem man die (echte) diagnostische Arthroskopie auf den gleichen Zeitraum ausdehnte und mit den gleichen Geräuschen untermalte wie es einer Meniskusteilresektion entsprach. Die Patienten aus dieser FIDELITY-Studie hat man nun über fünf Jahre nachbeobachtet. Auch nach Ablauf dieser Zeit gab es keinen signifikanten Unterschied in aus Patientensicht wichtigen Kriterien, in diesem Fall Western Ontario Meniscal Evaluation Tool (WOMET), Lysholm Knee Score und Knieschmerzen nach Bewegung. Der WOMET ist ein speziell für Meniskuspatienten entwickelter Fragebogen zur Lebensqualität. Der Lysholm Knee Score fragt nach dem Schweregrad der Symptome. Die Unterschiede betrugen lediglich 1,7 bzw. 2,1 auf den jeweils 100 Punkte umfassenden Skalen. Bei den Schmerzen nach Bewegung gaben die Patienten in der resezierten Gruppe auf einer 10-Punkte-Skala im Mittel 2,0 an, die nicht resezierten 2,2 (höhere Werte stehen für stärkere Schmerzen). Die Forscher hatten sich vor allem auch für das röntgenologische Fortschreiten der Gonarthrose interessiert; schließlich gibt es eine Reihe von Studien, die einen kausalen Zusammenhang mit arthroskopischen Eingriffen nahelegen. Dass die Meniskusteilresektion ursächlich zu einer röntgenologischen Verschlechterung beiträgt, konnten Sihvonen und sein Team indes nicht eindeutig nachweisen. Von insgesamt 146 Teilnehmern waren 70 der partiellen Resektion und 76 dem Placeboeingriff zugelost worden. Bei der abschließenden bildgebenden Untersuchung nach 60 Wochen erreichten 72% der resezierten Patienten und 60% in der Placebogruppe den primären Endpunkt, eine Progression der Kniearthrose um mindestens ein Grad auf der Kellgren-Lawrence-Skala. Einen weiteren Endpunkt, den OARSI-Summen-Score, hatten die Forscher nachträglich aufgenommen. Dieser beurteilt randständige tibiofemorale Osteophyten sowie den Grad der Gelenkspaltverschmälerung. Hier ergab sich ein Unterschied um 0,7 Punkte mit stärkeren Veränderungen in der Resektionsgruppe. Klinisch dürfte dies kaum ins Gewicht fallen, wie die Kommentatoren Lars Engebretsen und Gilbert Moatshe von der Universität Oslo betonen. Die Schlussfolgerung der Studienautoren, dass die arthroskopische Teilresektion mit einem höheren Arthroserisiko verbunden sei, wollen die norwegischen Experten nicht stehen lassen. Eine Arthrosediagnostik auf der Basis von Röntgenbildern sei bekanntermaßen schwierig. Einig sind sich Studienautoren und Kommentatoren, dass man Patienten mit Kniebeschwerden in jedem Fall Alternativen zur Meniskusteilresektion aufzeigen sollte. Es gebe Hinweise aus qualitativ hochwertigen Studien, dass Patienten mit primär geringgradiger Arthrose (Kellgren-Lawrence 1 und 2) und, wohlgemerkt, degenerativem Meniskusriss von gezielten Übungen, Gewichtsreduktion und ganz allgemein Bewegung profitieren. Dass ein traumatischer Meniskusriss bei jüngeren Patienten (< 35 Jahren) unter Umständen ein ganz anderes Vorgehen erfordert, versteht sich von selbst. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkt sich eine arthroskopische Meniskusteilresektion bei degenerativem Meniskusriss langfristig auf das Fortschreiten einer (primär geringgradigen) Arthrose sowie auf Schmerzen und Funktion des Kniegelenks aus? Antwort: Die Teilresektion ist einem Scheineingriff in keiner Hinsicht überlegen. Bedeutung: Patienten sollten auf alternative Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen werden. Einschränkung: Bildgebende Verfahren wie MRT und Röntgen sind für sich genommen nicht ausreichend zur Beurteilung der Arthroseprogression.

Springer Medizin

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