Immunbiologie
Die Entstehung eines Merkel-Zell-Karzinoms (MCC) kann entweder durch genetische Veränderungen, die durch UV-Licht induziert werden, oder durch eine Integration des Merkel-Zell-Polyomavirus (MCPyV) in das Genom der Wirtszelle ausgelöst werden [
1]. Allerdings führen nicht alle genetischen Veränderungen oder Infektionen zur Tumorbildung. Es gibt Schutzmechanismen, die die Vermehrung von nicht funktionsfähigen oder nicht kooperierenden Zellen im Gewebe verhindern. So können beispielsweise DNA-Reparatur-Systeme viele auftretende DNA-Mutationen beheben und intrinsische Tumorsuppressionsmechanismen bremsen unangemessene Zellproliferationen [
2]. In Fällen, in denen die Schäden umfangreich und irreparabel sind, gehen die Zellen in Apoptose oder Seneszenz [
3]. Wenn diese Mechanismen versagen, stellt das Immunsystem ein leistungsfähiges extrinsisches System dar, um das Tumorwachstum zu erkennen, zu verhindern und zu beseitigen.
Die angeborene Immunität stellt dabei die erste Linie der immunologischen Verteidigung dar. Ihre zellulären Bestandteile sind myeloide Zellen (Makrophagen, Neutrophile, dendritische Zellen) und angeborene lymphatische Zellen wie z. B. natürliche Killerzellen. Angeborene Immunzellen reagieren zwar schnell zytolytisch auf Tumorzellen, sind aber nicht so geeignet, etablierte solide Tumoren dauerhaft zu bekämpfen [
4]. Im Gegensatz dazu dauert die Aktivierung adaptiver Immunreaktionen zwar länger, diese sind aber spezifischer und dauerhafter [
5]. Während γδ-T-Zellen an der Schnittstelle zwischen angeborener und adaptiver Immunität stehen, sind peptidspezifische zytotoxische T‑Zellen (CD8
+) die ultimativen Effektorzellen der adaptiven Immunität [
5].
In Anbetracht der Tatsache, dass Immunsuppression ein Hauptrisikofaktor für das MCC ist [
6‐
9], und in Anbetracht spontaner – einschließlich vollständiger– Rückbildungen wird das MCC als ein immunogener Krebs angesehen [
10,
11]. In dieser Hinsicht lässt sich die Immunogenität von MCC sowohl durch die UV- als auch durch die virale Karzinogenese erklären: Beim UV-assoziierten MCC ist der ätiologische Faktor die UV-induzierte Mutagenese und die Tumoren weisen daher eine hohe Mutationslast auf [
12,
13]. Nach der Identifizierung von MCPyV im Jahr 2008 [
14] bestätigte sich eine Prävalenzrate von MCPyV bei MCC von 80 % [
15]. Wichtig ist, dass virusassoziierte MCC nicht nur durch die Expression von durch Viren codierten Onkoproteinen, d. h. des
„small“ und
„large“ T‑Antigens (TA), gekennzeichnet sind, sondern diese Tumoren für ihr Wachstum von der TA-Expression abhängig sind [
16,
17]. Daher führen beide Ätiologien des MCC zu einem immunogenen Tumor. Daher ist sowohl eine erhöhte Anzahl intratumoraler CD8+-T-Zellen als auch eine Aktivierung dieser Zellen mit einer besseren Prognose verbunden [
18,
19]. Allerdings ist die Zahl der MCC-Fälle mit einer hohen intratumoralen CD8-Infiltration eher gering, was darauf hindeutet, dass es bei MCC Mechanismen zur Umgehung des Immunsystems gibt.
Allerdings können Immunreaktionen auch über das Ziel hinausschießen. Ein physiologischer Mechanismus zur Abwendung von Schäden durch übermäßige Immunreaktionen besteht darin, T‑Zellen, die einer längeren Exposition gegenüber Antigenen ausgesetzt sind, zu deaktivieren [
20]. Dieser Prozess vollzieht sich allmählich und geht von
„pre-exhausted“ T‑Zellen mit PD-1+TCF1+-Vorläufern (T
pex), die ihre Proliferationsfähigkeit beibehalten haben, in einen vollständig
„exhausted“ Zustand über (T
ex; PD-1+TCF−; [
21]). T
ex zeichnen sich durch eine erhöhte Expression von koinhibitorischen Rezeptoren wie PD‑1, LAG3, CTLA‑4 und TIM3 aus. Während es T
ex an Proliferationsfähigkeit mangelt, scheinen sie im Vergleich zu T
pex wieder zytotoxisches Potenzial zu besitzen [
21,
22]. Der Prozess beinhaltet die Dysregulation mehrerer Signalwege, Transkriptionsprogramme und epigenetischer Veränderungen. Er wird nicht nur durch anhaltenden Antigenkontakt ausgelöst, sondern auch durch die Mikroumgebung des Tumors (TME) geprägt. So machen beispielsweise Faktoren wie metabolische Einschränkungen, Hypoxie und immunsuppressive Zellen und Signale das TME immunsuppressiv [
23,
24]. Die Erschöpfung der T‑Zellen ist ein wichtiger Mechanismus für das Entkommen aus dem Immunsystem bei MCC: Ein signifikanter Anteil der TIL exprimiert PD‑1 und TIM‑3, die nicht nur als Erschöpfungsmarker angesehen werden, sondern tatsächlich die Dysfunktion der T‑Zellen fördern [
25,
26]. Aktivierung und Proliferation von T‑Zellen werden durch PD-1-Signale gehemmt.
Ein weiterer wichtiger Mechanismus, der bei MCC dem Immunsystem entgeht, ist die Herunterregulierung von MHC-Klasse-I-Molekülen. Um Tumorzellen angreifen zu können, müssen T‑Zellen ihre Zielzellen durch Bindung des T‑Zell-Rezeptors (TZR) an ein kognitives Antigen erkennen, das auf MHC-Komplexen präsentiert wird. Daher werden Tumorzellen, deren Antigenpräsentation beeinträchtigt ist, von T‑Zellen nicht erkannt. In einer Studie mit MCC-Zelllinien wurde festgestellt, dass in den meisten der untersuchten Zelllinien die Expression von Mitgliedern der Antigenpräsentationsmaschinerie, d. h. von Untereinheiten des Proteasoms, die für den Abbau von Antigenen zu Peptiden erforderlich sind, von Transportern, die mit der Antigenverarbeitung in Verbindung stehen, und von Antigenpräsentationsmolekülen beeinträchtigt ist [
27]. MYC‑L und der nichtkanonische repressive Polycomb-Komplex 1.1 wurden als HLA-Klasse-I-Repressoren bei MCC erkannt [
28]. Bei virusassoziierten MCC erfolgt die Rekrutierung von MYC‑L an den EP300-Komplex über das virus-kodierte „small“ T‑Antigen. Andererseits kann bei UV-assoziierten MCC die Amplifikation des LMYC-Gens zu einer verstärkten Expression von MYC‑L führen und in der Folge eine unterdrückte Expression der HLA-Klasse I bewirken. In Übereinstimmung mit diesen In-vitro-Beobachtungen ist die Expression der MHC-Klasse I in den meisten MCC-Fällen nicht vorhanden oder gering [
27‐
30]. Eine Herabregulierung der MHC-Klasse I erhöht jedoch die Immunogenität für NK-Zellen. Insbesondere verhindern MCC-Zellen die Aktivierung von NK-Zellen, indem sie die Expression von MICA und MICB, d. h. der Liganden für den aktivierenden NKG2D-Rezeptor, herunterregulieren [
29]. Die Herabregulierung der Expression von HLA-Klasse I und MICA/B ist auf epigenetisches „silencing“ zurückzuführen und kann daher durch Histondeacetylasen, Interferone und Inhibitoren von USP7 wiederhergestellt werden [
27‐
30].
Epidemiologie
Die Untersuchung der Epidemiologie von MCC stellt aufgrund ihrer extremen Seltenheit eine Herausforderung dar. Wertvolle bevölkerungsbezogene Daten zur Inzidenz und Überlebensrate können nur von Krebsregistern, die große Bevölkerungsgruppen abdecken, zuverlässig gewonnen werden. Die Verwendung von routinemäßigen Mortalitätsstatistiken auf der Grundlage von ICD-10-codierten Todesursachen ist für MCC nicht praktikabel, da es nicht durch den ICD-10-Code C44 (für andere bösartige Neubildungen der Haut) unterschieden werden kann. Die Auswertung von spezialisierten Krankheitsregistern an Überweisungszentren ermöglicht in der Regel eine detailliertere Charakterisierung von MCC, eine genauere Beschreibung der Therapie und des Krankheitsverlaufs im Hinblick auf Progression oder Rezidiv. Der Nachteil solcher Spezialregister ist jedoch der fehlende Bezug zu einer klar definierten Population, weshalb epidemiologische Maße wie die Inzidenz auf dieser Datenbasis nicht ermittelt werden können. Außerdem besteht das Risiko, dass die Überlebenswahrscheinlichkeiten von MCC-Patienten in diesen speziellen Registern aufgrund einer möglichen Selektionsverzerrung nicht repräsentativ für die Bevölkerung sind.
In einem Versuch, die aktuelle Inzidenz von MCC weltweit und den Trend der Inzidenz im Laufe der Zeit aufzuzeigen, wurden Daten aus hochwertigen bevölkerungsbezogenen Krebsregistern aus 20 Ländern für den Zeitraum 1990–2007 und für 21 Länder für den jüngsten Zeitraum 2003–2007 ausgewertet [
31]. In den meisten Bevölkerungsgruppen hat die Inzidenz von MCC im Laufe der Zeit zugenommen. Ausnahmen bildeten die schwarze Bevölkerung in den USA sowie die Bevölkerungen in Japan, Norwegen und Dänemark, wo die Inzidenz im Laufe der Zeit stabil blieb. Der Anstieg der Inzidenz ist möglicherweise auf die verstärkte Erfassung von MCC in Krebsregistern, eine verbesserte histopathologische Diagnostik und eine stärkere Sensibilisierung von Ärzten und Patienten zurückzuführen. Eine kürzlich durchgeführte Zeittrendanalyse der SEER-Daten zeigt, dass der Anstieg der Inzidenz sowohl auf einen Periodeneffekt (der die veränderte Diagnostik und das veränderte Bewusstsein widerspiegelt) als auch auf einen Geburtskohorteneffekt zurückzuführen ist, wobei Letzterer auf eine Zunahme der MCC-Risikofaktoren hinweist [
32].
Die Länder mit der höchsten MCC-Inzidenz (ausgedrückt als Fälle pro Million, Weltstandardbevölkerung) im Zeitraum 2003–2007 waren Australien (Männer: 5,2, Frauen: 2,2), Neuseeland (Männer: 4,5, Frauen: 3,2) und die USA (weiße Bevölkerung, Männer: 4,2, Frauen: 1,9). In den USA, wo mehrere Ethnien leben und für die bevölkerungsbezogene Inzidenzraten verfügbar sind, sind die folgenden Ethnien in absteigender Reihenfolge von MCC betroffen: Weiße ohne hispanische Abstammung, Hispanoamerikaner, Indianer, Asiaten und Pazifikinsulaner sowie Schwarze [
31]. Das Auftreten des MCC nimmt mit zunehmendem Alter exponentiell zu und manifestiert sich typischerweise zwischen 70 und 80 Jahren. Insbesondere bei jüngeren Menschen ist das MCC selten, was sich in einer SEER-Datenanalyse mit 27.105 MCC-Fällen in nur 0,07 % der Fälle unter 30 Jahren zeigt. Von diesen Fällen waren 75 % zwischen 20 und 29 Jahre alt, und interessanterweise wurde bei ihnen eher ein fortgeschrittenes Stadium diagnostiziert. Die Gründe für diese Beobachtung, ob sie mit der erhöhten Aggressivität von MCC oder mit der verzögerten Diagnose in jüngeren Altersgruppen zusammenhängt, bleiben unklar [
33]. Darüber hinaus weisen übereinstimmende Befunde auf eine höhere Inzidenz von MCC bei Männern im Vergleich zu Frauen hin, mit einer Vorliebe für das Auftreten auf der Haut des Kopfs und der Extremitäten [
31,
34‐
37].
Abgesehen von fortgeschrittenem Alter und längerer Exposition gegenüber UV-Strahlung besteht bei Personen mit geschwächtem Immunsystem ein erhöhtes Risiko, an einem MCC zu erkranken. In einer Kohorte von 309.365 Patienten mit erworbenem Immunschwächesyndrom (AIDS) war das MCC-Risiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung 13,4-mal höher, sank jedoch in der Ära der antiretroviralen Therapie auf 3,15 [
8,
38]. Eine Verknüpfung von 189.498 Empfängern von Transplantaten mit Daten aus 15 bevölkerungsbezogenen Krebsregistern in den USA ergab, dass das MCC-Risiko nach einer Organtransplantation 23,8-mal höher war als in der Allgemeinbevölkerung. Bestimmte immunsuppressive Medikamente wie Azathioprin, Ciclosporin und mTOR-Inhibitoren wurden mit einem erhöhten MCC-Risiko in Verbindung gebracht [
9]. Dieses Risiko stieg mit der Zeit nach der Transplantation an und variierte je nach Organtyp, wobei das höchste Risiko nach einer Nierentransplantation beobachtet wurde. Dies könnte auf die Medikamente zurückzuführen sein, die die Patienten vor der Transplantation wegen ihrer Niereninsuffizienz erhielten. Eine kürzlich durchgeführte landesweite Fall-Kontroll-Studie über MCC zeigte, dass eine kumulative Dosis von ≥ 50.000 mg Hydrochlorothiazid mit einer 2,3fach erhöhten MCC-Rate korrelierte. In ähnlicher Weise wurde eine kumulative Dosis von ≥ 2000 definierten Tagesdosen Furosemid mit einer 1,9fachen Rate von MCC in Verbindung gebracht [
39]. Bemerkenswert ist, dass Personen, die Organtransplantate erhalten und später an MCC erkranken, in der Regel etwa 10 Jahre jünger sind als MCC-Fälle in der Allgemeinbevölkerung [
40]. Darüber hinaus besteht bei Personen mit einer früheren Krebserkrankung ein erhöhtes Risiko für MCC. Eine Analyse der US-amerikanischen SEER-Daten, die 5,4 Mio. Krebspatienten umfassten, ergab ein um 43 % erhöhtes MCC-Risiko in dieser Gruppe. Besonders hoch war das Risiko, an einem MCC zu erkranken, bei Personen mit einer Vorgeschichte von anderen nicht epithelialen Hautkrebsarten oder lymphatischen Leukämien [
41].
Populationsbasierte Krebsregister bewerten in erster Linie die Überlebenswahrscheinlichkeit von MCC-Patienten auf Bevölkerungsebene. Sie sind jedoch in der Regel nicht für die Bestimmung des rezidiv- oder progressionsfreien Überlebens optimiert, da die Meldung von Rezidiven oder Progressionen selbst bei meldepflichtigen Fällen unvollständig ist. Die MCC-spezifische Überlebenswahrscheinlichkeit kann anhand von Todesursachenstatistiken oder relativen Überlebenswahrscheinlichkeiten bestimmt werden. Todesursachenstatistiken, die auf ICD-10-Codes beruhen, können jedoch ungenau und fehleranfällig sein und möglicherweise zu Verwechslungen mit anderen Hautneoplasien führen. Relative Überlebenswahrscheinlichkeiten, die das beobachtete und das erwartete Überleben auf der Grundlage der allgemeinen Bevölkerungstabelle vergleichen, sind aufgrund ihrer Genauigkeit valider.
Acht Veröffentlichungen liefern verschiedene Schätzungen des relativen 5‑Jahres-Überlebens aus bevölkerungsbezogenen Registern. Die relative 5‑Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit variiert je nach Bevölkerung, Alter, Geschlecht und Kalenderzeit erheblich und reicht von 36 % (Finnland, Männer, 1983–2004; [
35]) bis 84 % (Deutschland, Frauen, 2007–2011; [
44]). Trotz dieser Variabilität zeichnet sich ein einheitlicher Trend ab: Frauen weisen durchweg höhere relative 5‑Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten auf als Männer. In fünf der acht Publikationen wurden die Überlebensraten mithilfe der Cox-Modellierung um verschiedene Störfaktoren, insbesondere das Tumorstadium, bereinigt. Bemerkenswert ist, dass in allen fünf Analysen ein deutlicher und konsistenter Geschlechtsunterschied zugunsten der Frauen besteht (Tab.
1). Zu den weiteren prognostischen Faktoren gehören neben dem Geschlecht auch das TNM-Stadium und die Immunsuppression [
7].
Tab. 1
Relative 5‑Jahres-Überlebensrate (%) von MCC nach Geschlecht in chronologischer Reihenfolge des Veröffentlichungsjahrs
U.S., SEER, 1973–1999 | 6 | 0,71 (0,59–0,87) | |
Niederlande, 1993–2007 | 55 | 67 | 0,71 (0,58–0,86) | |
Finnland, 1983–2004 | 36 (20–54) | 69 (56–82) | – | |
Queensland, 1993–2010 | 38 (30–47) | 48 (36–60) | 0,77 (0,5–1,16) | |
Girona (Spanien), 1994–2002 | 44 (26–74) | – | |
Deutschland, 2007–2011 | 58 (51–65) | 84 (79–88) | – | |
Neuseeland, 2000–2015 | 43 (36–51) | 47 (39–55) | 0,86 (0,71–1,04) | |
Niederlande, 1993–2015 | 62 (Jahre 1993–2000) 65 (Jahre 2011–2016) | 0,70 (0,63–0,79) | |
Immuntherapie
Ausgehend von den Beobachtungen, dass MCC immunogen sind und TIL die Aktivierung und Erschöpfung der Marker PD‑1 einerseits und PD-L1 auf Tumor- und Stromazellen andererseits beschleunigen [
25,
47,
48], wurde schon früh postuliert, dass diese Tumorentität für eine Therapie mit Immuncheckpointinhibitoren (ICI), insbesondere mit Antikörpern, die den PD-1/PD-L1-Signalweg blockieren, gut geeignet sein sollte.
Die Analyse des TCR-Repertoires von TIL ergab eine Assoziation von geringer T‑Zell-Klonalität, aber hoher TZR-Diversität mit dem Ansprechen auf ICI, während bei Nichtansprechern terminal differenzierte Effektorzellen (höchstwahrscheinlich T
ex) mit einem expandierten, aber eingeschränkten TZR-Repertoire vorherrschten [
49]. Nach der ICI-Therapie zeigten die Responder eine ausgeprägtere und vielfältigere klonale Expansion der TIL. Eine Erweiterung dieser Studie zeigte, dass ein dichtes Infiltrat von CD8+-T-Zellen in der Nähe von Tumorzellen in Läsionen, die vor der Behandlung erhalten wurden, mit einem günstigen Ansprechen auf ICI verbunden war [
50]. Darüber hinaus wurde das Infiltrat von Patienten, bei denen die Krankheit nach ICI unter Kontrolle war, überwiegend von Zellen dominiert, die CD45RO, CD27 und TCF1 exprimieren, die Marker für zentrale Gedächtniszellen sind (aber auch für T
pex).
Klinische Studien zur Bewertung von ICI haben eine bemerkenswerte Wirksamkeit bei MCC gezeigt. Prospektive einarmige Studien sind sowohl für PD-1- (Pembrolizumab, Nivolumab und Retifanlimab) als auch für PD-L1-blockierende Antikörper (Avelumab) verfügbar (Tab.
2). Pembrolizumab war der erste Immuncheckpointinhibitor, der bei MCC-Patienten untersucht wurde, und hat ein dauerhaftes Ansprechen gezeigt, was zu einer beschleunigten FDA-Zulassung für das metastasierte MCC führte.
Tab. 2
PD-1/PD-L1-Blockade bei metastasiertem MCC
Antikörper | Avelumab | Avelumab | Pembrolizumab | Nivolumab | Retifanlimab |
Ziel | PD-L1 | PD-L1 | PD‑1 | PD‑1 | PD‑1 |
Mediane Nachbeobachtungszeit | 40,8 Monate | 21,2 Monate | 14,9 Monate | 12,0 Monate | 17,6 Monate |
Anzahl der vorangegangenen Therapien (PrT) | ≥ 1 | 0 | 0 | 0 bis ≥ 1 | 0 |
Anzahl der Patienten | 88 | 116 | 50 | 25 | 101 |
Medianes Alter | 73 Jahre | 74 Jahre | 71 Jahre | 66 Jahre | 71 Jahre |
Stadium | IV | IV | IIIB/IV | III/IV | III/IV |
Objektive Ansprechrate [CR] | 33 % [11 %] 1 PrT 43 % ≥ 2 PrT 20 % | 40 % [16 %] | 56 % [24 %] | 64 % [32 %] 0 PrT 73 % 1–2 PrT 50 % | 54 % [17 %] |
24-Monats-PFS | 26 % | Nicht berichtet | 48 % | Nicht berichtet | 56 % |
24-Monats-OS | 36 % | Nicht berichtet | 69 % | Nicht berichtet | Nicht berichtet |
Referenz | | | | | |
In der ersten veröffentlichten Phase-II-Studie zur Checkpointimmuntherapie bei MCC wurden 50 therapienaive metastasierte Patienten mit Pembrolizumab behandelt [
51]. Die objektive Ansprechrate lag bei 56 % (vollständiges Ansprechen 24 %, teilweises Ansprechen 32 %). Nach einer Nachbeobachtungszeit von 15 Monaten war die mediane Dauer des Ansprechens noch nicht erreicht. Die progressionsfreie Überlebensrate (PFS) lag nach 24 Monaten bei 48 %, mit einem medianen PFS von 16,8 Monaten. Die Gesamtüberlebensrate (OS) lag nach 24 Monaten bei 69 %. Wie aus den vorangestellten Bemerkungen zu schließen, korrelierte der in den Tumorgewebeproben der Patienten ermittelte MCPyV-Status nicht mit der objektiven Ansprechrate, dem PFS oder dem OS der Patienten.
In einer weiteren Phase-II-Studie wurde der PD-L1-Antikörper Avelumab bei fortgeschrittenen, nicht resektablen MCC-Patienten, die zuvor mindestens eine zytostatische Vorbehandlung erhalten hatten, untersucht [
52]. Bei 88 Patienten wurde nach einer Nachbeobachtungszeit von 40,8 Monaten eine objektive Ansprechrate von 33 % mit einer medianen Ansprechdauer von 40,5 Monaten erreicht. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 2,7 Monate, mit einer PFS-Rate von 26 % nach 24 Monaten. Die OS-Rate lag nach 42 Monaten bei 31 %. Subgruppenanalysen ergaben eine höhere Wahrscheinlichkeit des Ansprechens bei Patienten mit weniger vorherigen systemischen Therapielinien, geringerer Tumorlast und PD-L1-positiven Tumoren. Das anhaltende Ansprechen war jedoch unabhängig von diesen Ausgangsfaktoren, einschließlich des MCPyV-Status. Die Studie wurde anschließend auf Patienten in der Erstlinienbehandlung ausgeweitet [
53]. Bei 29 auswertbaren Patienten mit einer Nachbeobachtungszeit von mehr als drei Monaten wurde eine Ansprechrate von 62 % beobachtet; 16 der 18 Responder wurden bereits beim ersten Staging nach sechs Wochen beobachtet.
Die jüngste FDA-Zulassung wurde für Retifanlimab auf der Grundlage von Daten aus der POD1UM-201-Studie erteilt [
54,
55]. In dieser offenen, multizentrischen, einarmigen Studie wurde Retifanlimab bei Erwachsenen mit metastasiertem oder rezidivierendem, lokal fortgeschrittenem MCC untersucht, die Großteils keine vorherige systemische Therapie für ihre fortgeschrittene Erkrankung erhalten hatten. Bei diesen Patienten, die keine Chemotherapie erhalten hatten (
n = 101), zeigte die Retifanlimabmonotherapie eine objektive Ansprechrate (ORR) von 54 %, davon 17 % ein vollständiges Ansprechen (CR) und 37 % ein teilweises Ansprechen (PR). Bei den ansprechenden Patienten lag die Dauer des Ansprechens zwischen 1,1 und 24,9+ Monaten. Bei drei Viertel der Patienten dauerte das Ansprechen länger als sechs Monate, und bei 62 % der Patienten dauerte das Ansprechen länger als 12 Monate. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 22 % der mit Retifanlimab behandelten Patienten auf, wobei die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen und Pneumonitis waren. Ein dauerhafter Abbruch der Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen trat bei 11 % der Patienten auf [
56].
Allen genannten klinischen Studien zur PD-1/PD-L1-Checkpointinhibition ist gemeinsam, dass ein klinisches Ansprechen weitgehend unabhängig vom MCPyV-Status und der PD-L1-Expression beobachtet wurde. Obwohl ein Ansprechen auch bei einer hohen Tumorlast möglich ist, erweist sich in allen genannten Studien der frühe Beginn einer Checkpointimmuntherapie bei einer geringen Tumorlast als vorteilhafter.
Zusätzlich zu den vorgestellten klinischen Studien wurden seit der Zulassung der ersten IKI Daten aus der Praxis gesammelt und berichtet [
50,
57,
58]. Levy at al. berichteten über 54 Patienten, von denen 74 % Avelumab als Erstlinienbehandlung erhielten, wobei 15 % eine lokal fortgeschrittene Erkrankung hatten. Im Einklang mit früheren Erfahrungen lag die ORR bei 57 %, das PFS betrug 8,6 Monate und das OS 25,8 Monate. Eine weitere Studie an einer großen multizentrischen Kohorte mit 114 Patienten, die mit verschiedenen PD-1/PD-L1-Inhibitoren behandelt wurden, ergab, dass das Fehlen einer Immunsuppression, eine begrenzte Anzahl von tumorbefallenen Organen und ein Überwiegen von CD8+-Gedächtnis-T-Zellen unter den tumorinfiltrierenden Lymphozyten Ausgangsmerkmale sind, die ein günstiges Ansprechen auf eine PD-1/PD-L1-Immuntherapie bei fortgeschrittenen MCC-Patienten vorhersagen [
50]. In einem kürzlich erschienenen Übersichtsartikel wurden die in der Praxis veröffentlichten Daten zur Wirksamkeit von Avelumab zusammengefasst [
58]. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine systematische Übersichtsarbeit und Bayes-Netzwerk-Metaanalyse von ICI bei soliden Organkrebserkrankungen, die 10.673 Patienten umfasste, berichtete, dass Avelumab im Vergleich zu Nivolumab und Pembrolizumab mit einem signifikant niedrigeren OS verbunden war (HR 1,37, 95 %-CI 1,05–1,78 bzw. HR 1,33, 95 %-CI 1,02–1,73; [
59]).
Die optimale Dauer der ICI-Behandlung bei metastasierendem Krebs ist ungewiss, insbesondere bei Patienten, die keine vollständige radiologische Remission erreichen. Bei vielen schreitet die Krankheit nach Absetzen der ICI fort. Die Verlängerung der Behandlung stellt jedoch häufig eine logistische Herausforderung dar. In einer retrospektiven Studie an 23 Patienten mit fortgeschrittenem Melanom (
n = 18) oder MCC (
n = 5) wurde die ICI-Therapie nach anfänglicher Krankheitskontrolle mit reduzierter Dosisfrequenz alle 3 Monate mit der Standarddosisfrequenz durchgeführt. Nach der Frequenzreduzierung betrug das progressionsfreie 3‑Jahres-Überleben 73 % bei Melanom- und 100 % bei MCC-Patienten [
60]. In einer Kohorte von 65 Patienten schienen die 25 Patienten, die in der PET/CT-Bildgebung eine CR erzielten, auch nach Absetzen der Behandlung für ein Jahr ein dauerhaftes Ansprechen zu zeigen. Nur bei 2 Patienten (8 %) trat nach Beendigung der Avelumabbehandlung ein Rezidiv auf [
61].
Es ist wichtig zu betonen, dass zwar die Hälfte der Patienten mit fortgeschrittenem MCC von der ICI-Therapie profitiert, die andere Hälfte jedoch nicht (primäre Resistenz). Darüber hinaus erleiden viele Patienten einen Rückfall nach einer ersten Rückbildung der Erkrankung (sekundäre Resistenz), insbesondere wenn initial keine CR erreicht wurde. Die Resistenz wurde auf das Ausmaß oder die Induktion/Verstärkung der bereits erwähnten Immunescape-Mechanismen zurückgeführt, d. h. dysfunktionale T‑Zellen, Hemmung der Interaktion zwischen MCC und T‑Zellen und das immunsuppressive TME. So ergaben beispielsweise Analysen von Tumorläsionen vor und nach der Behandlung eines MCC-Patienten mit erworbener Resistenz gegen eine adoptive MCPyV-spezifische T‑Zell-Therapie eine transkriptionelle Suppression der Oberflächenexpression von HLA-Molekülen [
62]. Diese Suppression war auf eine epigenetische Regulierung zurückzuführen, da die Behandlung mit hypomethylierenden Substanzen die HLA-Expression wiederherstellte. In ähnlicher Weise konnte die Behandlung mit einem Histondeacetylase-Inhibitor die Herabregulierung der HLA-Klasse I bei ICI-resistenten MCC-Patienten überwinden, aber die Auswirkungen auf das klinische Ansprechen müssen noch in einer größeren Kohorte ermittelt werden [
63]. In Bezug auf das immunsuppressive TME ist eine myeloische Population besonders hervorzuheben: die tumorassoziierten Makrophagen, die durch die Expression von CD163, CD14 und S100A8 identifiziert werden. In einer Studie mit 54 MCC-Patienten wurde ein größeres Vorkommen von TAM mit einer Resistenz gegen die PD-1-Blockade in Verbindung gebracht [
64].
Für Patienten, die auf eine PD-1/PD-L1-Blockade nicht oder nicht mehr ansprechen, kann eine Off-label-Therapie mit der Kombination des Anti-CTLA-4-Antikörpers Ipilimumab plus Nivolumab in Betracht gezogen werden. Zu dieser Therapiekombination gibt es Fallberichte und retrospektive Fallserien, die über kontroverse Wirksamkeitsdaten berichten. In einem Bericht der Harvard Medical School über 13 metastasierte MCC-Patienten, die Ipilimumab plus Nivolumab erhielten, nachdem eine Anti-PD-1/PD-L1-Therapie versagt hatte, wurde aber kein objektives Ansprechen festgestellt [
66]. Nachfolgende multizentrische retrospektive Berichte aus deutschen Hautkrebszentren zeigten eine im Gegensatz dazu hohe Ansprechrate von ICI-refraktären MCC auf die Kombinationsimmuntherapie mit Ipilimumab plus Nivolumab [
67].
Die erste prospektive Studie zur Bewertung von Ipilimumab plus Nivolumab bei fortgeschrittenem MCC umfasste Patienten, die sich in der Erst- oder Zweitlinienbehandlung befanden und mit einer kombinierten Immuntherapie plus oder minus stereotaktische Körperbestrahlung behandelt wurden [
68]. Von den 50 behandelten Patienten sprachen 100 % (22/22) der ICI-naiven Patienten an, darunter neun (41 %) mit vollständigem Ansprechen. Von den Patienten, die zuvor eine Immuntherapie erhalten hatten, zeigten 31 % (8/26 Patienten) ein objektives Ansprechen. Die zusätzliche stereotaktische Körperbestrahlung verbesserte die Wirksamkeit der Kombination von Nivolumab und Ipilimumab nicht.
Darüber hinaus wurden mehrere Strategien entwickelt, um die Immunogenität von Hauttumoren, vor allem Melanomen, zu induzieren und zu verstärken. Einige davon sind auch bei MCC untersucht worden. Einzelfallberichte und kleine Fallserien dokumentieren den erfolgreichen Einsatz der onkolytischen Virustherapie mit Talimogen-Laherparepvec (T-VEC), entweder als Monotherapie oder in Kombination mit PD-1/PD-L1-Immuncheckpointinhibitoren, bei fortgeschrittenen MCC-Patienten [
69,
70]. T‑VEC wird intratumoral verabreicht und soll die Immunogenität der behandelten Tumoren durch verstärkte Antigenpräsentation und damit Tumorzellenerkennung erhöhen. In der größten berichteten Fallserie von vier Patienten wurde in allen vier Fällen unter der T‑VEC-Behandlung eine vollständige Remission der MCC-Tumoren erreicht [
69]. Allerdings gibt es derzeit keine prospektiven Studien zur Bewertung von T‑VEC bei MCC. T‑VEC ist von der EMA nur für das metastasierte Melanom zugelassen; seine Verwendung bei MCC muss als „off label use“ betrachtet werden.
Eine Peptidrezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT), die auf Somatostatin abzielt, hat sich in Einzelfällen und kleinen Fallserien als wirksam erwiesen, wenn eine Expression des Somatostatinrezeptors (SSTR) auf Tumoren und Metastasen nachgewiesen wurde [
71]. In diesen Fällen wurde die PRRT entweder allein oder in Kombination mit einer Chemo- oder Immuntherapie verabreicht. Der Nachweis von Somatostatinrezeptoren kann mittels SSTR-PET/CT oder SSTR-PET/MRI erfolgen. In einer Metaanalyse der Somatostatin-PRRT bei metastasierenden neuroendokrinen Tumoren in 13 Studien wurde eine gepoolte Ansprechrate von 28 % beobachtet [
72]. In einer retrospektiven Fallserie von 19 MCC-Patienten, die mit Somatostatin-PRRT behandelt wurden, konnte die Krankheit in 43 % der Fälle kontrolliert werden [
73].
Interessant ist, dass in einem kürzlich veröffentlichten Fallbericht ein Patient, dessen MCC nach mehreren ICI-Therapien fortgeschritten war, gut auf eine Kombinationstherapie mit Ipilimumab plus Nivolumab und Somatostatin-PRRT ansprach [
74]. Der Patient war resistent gegen die Erstlinientherapie mit Avelumab und erwarb eine Resistenz gegen Ipilimumab plus Nivolumab. Nach Bestätigung der SSTR-Expression wurde die kombinierte ICI-Behandlung zusätzlich mit zwei Zyklen PRRT kombiniert. Das Restaging nach drei Monaten zeigte ein außergewöhnlich gutes Ansprechen. Dieser Fall zeigt die Durchführbarkeit einer kombinierten Behandlung mit ICI und PRRT als Option für MCC-Patienten, die unter ICI fortschreiten. Um den additiven Wert dieser Kombination zu bestätigen, wurde kürzlich die GoTHAM-Studie (NCT04261855) gestartet. Das dreiarmige Studiendesign vergleicht Avelumab, Avelumab plus Strahlentherapie oder Avelumab plus PRRT und stratifiziert die Patienten nach SSTR-Expression.
Neoadjuvante und adjuvante Immuntherapie
Die neoadjuvante Therapie wird vor der Operation verabreicht, um den Tumor schrumpfen zu lassen oder die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen, wodurch der Eingriff weniger invasiv wird. Die adjuvante Therapie hingegen wird nach der Operation verabreicht, um alle verbleibenden Krebszellen des Patienten abzutöten. Beide Arten der Therapie zielen darauf ab, den Erfolg der primären Behandlung zu erhöhen und das Risiko eines erneuten Auftretens des Krebses zu verringern.
Selbst nach vollständiger Resektion und Bestrahlung der lokoregionalen Erkrankung sind die Rückfallraten bei MCC hoch. Angesichts der herausragenden Wirkung der Immuntherapie bei der Behandlung fortgeschrittener MCC, die nicht auf ortsgebundene Therapien ansprechen, werden ICI (Ipilimumab, Nivolumab, Avelumab) derzeit auch in der neoadjuvanten und adjuvanten Situation untersucht. Während in ersten Berichten keine therapeutischen Effekte der Ipilimumabmonotherapie in der adjuvanten Anwendung gefunden wurden, deuten der Bericht einer nichtrandomisierten neoadjuvanten Studie und Zwischenergebnisse einer prospektiven, randomisierten Studie auf einen Vorteil des PD-1-Inhibitors Nivolumab hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens (RFS) hin.
In einer multizentrischen Phase-2-Studie (ADMEC‑O, registriert unter NCT02196961) wurden MCC-Patienten ohne Krankheitsanzeichen nach vollständiger chirurgischer Resektion der Läsionen, unabhängig vom Stadium, aber mit einem ECOG-Performance-Status von 0 oder 1, an 20 akademischen medizinischen Zentren in Deutschland und den Niederlanden im Verhältnis 2:1 randomisiert. Die zugewiesenen Behandlungen waren entweder Nivolumab 480 mg alle 4 Wochen für eine Dauer von 1 Jahr oder Beobachtung. Die Stratifizierung basierte auf dem Stadium (AJCC-Stadien 1–2 vs. Stadien 3–4), dem Alter (< 65 vs. ≥ 65 Jahre) und dem Geschlecht. Der primäre Endpunkt war das RFS nach 12 und 24 Monaten, das in der Intention-to-treat-Population ausgewertet wurde. Zu den sekundären Endpunkten gehörten das Gesamtüberleben und Sicherheitsbewertungen [
75].
Über einen Zeitraum von 5 Jahren wurden 179 Patienten eingeschlossen, von denen sich 65 % in den Stadien 3–4 befanden, 68 % ≥ 65 Jahre alt und 62 % männlich waren. Die Stratifizierungsfaktoren (Stadium, Alter, Geschlecht) waren gleichmäßig auf die Nivolumab- und die Beobachtungsgruppe verteilt; eine adjuvante Strahlentherapie war jedoch in der Kontrollgruppe stärker verbreitet. Die Zwischenanalyse wurde ein Jahr nach der Rekrutierung des letzten Patienten durchgeführt. Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren betrug die Hazard Ratio für das RFS zwischen den Gruppen 0,58 zugunsten der Nivolumabgruppe. Die RFS-Raten in der Nivolumabgruppe betrugen 85 % nach 12 Monaten und 84 % nach 24 Monaten, während sie in der Beobachtungsgruppe bei 77 % nach 12 Monaten und 73 % nach 24 Monaten lagen. Bemerkenswert ist, dass eine vorherige adjuvante oder gleichzeitige adjuvante Bestrahlung in beiden Gruppen zulässig war, in der Kontrollgruppe jedoch mehr Patienten diese erhielten als in der Nivolumabgruppe. Da eine postoperative Strahlentherapie in den meisten Leitlinien als wirksame adjuvante Behandlung für diesen strahlenempfindlichen Krebs empfohlen wird, könnte diese Tatsache die Nivolumabgruppe benachteiligt haben. Die Gesamtüberlebensraten sind nicht ausgereift genug, um Schlussfolgerungen zu ziehen [
75]. Die meisten Patienten, die Nivolumab erhielten, schlossen die einjährige Behandlung ab. Dennoch traten bei 74 % der Patienten unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit Nivolumab auf – am häufigsten Juckreiz, Müdigkeit und Erhöhungen der Serumlipase, wobei diese Ereignisse nur bei 20 % der Patienten größer als Grad 2 waren und nur bei 15 % der Patienten zum Abbruch der Behandlung führten. Bemerkenswert ist, dass keine behandlungsbedingten Todesfälle gemeldet wurden.
Aufgrund der Seltenheit von MCC handelt es sich bei ADMEC‑O nicht um eine konventionelle Überlegenheitsstudie, sondern um eine randomisierte, explorative Phase-2-Studie. Dieses Studiendesign wurde gewählt, um der Herausforderung zu begegnen, dass es keine gültige Referenz für die Wirksamkeit gibt. Folglich wurde in der Studie keine statistische Leistung angestrebt, um einen signifikanten Unterschied festzustellen, und die berichteten Hazard Ratios stammen aus einer Post-hoc-Analyse [
77]. Die Daten der ADMEC-O-Studie deuten darauf hin, dass die adjuvante Behandlung mit Nivolumab bei Patienten mit MCC sicher und gut verträglich ist und eine vielversprechende Wirkung zeigt. Reife Überlebensdaten werden erwartet (> 90 % der Patienten in jeder Gruppe waren nach 2 Jahren noch am Leben), ebenso wie Ergebnisse aus den laufenden Phase-III-Studien zu adjuvantem Avelumab (NCT04291885 und NCT03271372) und Pembrolizumab (NCT03712605).
In einer Untergruppe der CheckMate-358-Studie wurden 39 MCC-Patienten (AJCC-Stadium IIA–IV) mit zwei Dosen Nivolumab in einer neoadjuvanten Einstellung behandelt [
76]. Von den 36 Patienten, die sich vier Wochen nach Therapiebeginn einem chirurgischen Eingriff unterzogen, erreichten 17 (47 %) ein vollständiges pathologisches Ansprechen (pCR). Von den 33 Patienten, die sich vor der Operation einer radiologischen Tumoruntersuchung unterzogen, wiesen 18 (55 %) eine Tumorverkleinerung von 30 % oder mehr auf. Auch hier war das klinische Ansprechen unabhängig vom MCPyV-, PD-L1- oder Tumormutationslast-Status der jeweiligen Tumoren. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 20,3 Monaten waren das mediane RFS und das Gesamtüberleben (OS) noch nicht erreicht; das RFS korrelierte jedoch signifikant mit der pCR und dem radiologischen Ansprechen zum Zeitpunkt der Operation. Bei keinem Patienten mit einer pCR kam es während des Nachbeobachtungszeitraums zu einem Tumorrezidiv. Drei laufende klinische Studien befassen sich mit der Wirkung verschiedener ICI-Therapien, d. h. Cemiplimab (NCT04975152), Pembrolizumab (NCT05496036) und der Kombination aus Nivolumab und Relatlimab (NCT06151236), in der neoadjuvanten Behandlung. Leider ist keine dieser prospektiven Studien randomisiert oder übersteigt die Zahl der behandelten Patienten der Untergruppe der CheckMate-358-Studie.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.