Handgreifkraft (GS)
Die Messung der maximalen isometrischen GS erfolgte im Rahmen der Level-1-Untersuchung bei allen Teilnehmenden mit dem Jamar Plus+ Greifkraftdynamometern (Sammons Preston, Rolyon, Bolingbrook, IL, USA). Die Geräte wurden alle zwei Jahre durch den Hersteller kalibriert und im Abstand von 6 Wochen in den Studienzentren auf Messgenauigkeit mit Eichgewichten überprüft. Regelmäßig fanden Überprüfungen der Untersucher- und Geräteeinflüsse auf die Untersuchungsergebnisse der GS-Messung statt. Auffällige Untersuchende wurden entsprechend nachgeschult, auffällige Geräte hinsichtlich ihrer Messgenauigkeit überprüft und ggf. rekalibriert oder ausgetauscht.
Die Messung der GS erfolgte in der Standardposition für Greifkraftmessungen [
18] in aufrecht sitzender Position auf einem Stuhl ohne Armlehnen, mit den Füßen auf dem Boden, neutraler Schulterposition, ca. 90° Armbeuge und neutraler Unterarmposition mit je drei Versuchen abwechselnd mit beiden Händen. Für alle Teilnehmenden wurde unabhängig von der Handgröße die Griffweite 2 gewählt. Dieses Vorgehen wurde vor Beginn der Studie intern getestet, mit dem Ergebnis, dass die Messung mit einer einzigen Griffweite für alle Teilnehmenden ausreichend valide ist, um die maximale GS zu erfassen [
19]. Den Teilnehmenden wurde vor dem Test das Vorgehen ausführlich erklärt, insbesondere dass es das Ziel der Messung ist, die maximal mögliche GS zu erfassen. Die Erfassung der Händigkeit erfolgte über die einfache Frage, mit welcher Hand die Teilnehmenden Brot schneiden bzw. mit einer Schere arbeiten (Antwortmöglichkeiten: rechts, links, beidseitig). Während des Tests wurde auf eine motivierende Anleitung verzichtet, da dies bei der Vielzahl der Untersuchenden der NAKO schwer zu standardisieren gewesen wäre [
20]. Ausgeschlossen von der GS-Messung wurden lediglich Personen, bei denen beidseitig akute Verletzungen oder Operationen vorlagen bzw. eine beidseitige Amputation oder Lähmung der Arme. Äußerte ein Teilnehmender Bedenken gegenüber der Messung (Angst vor Schmerzentstehung etc.), wurde ein Testversuch angeboten.
Die Ergebnisse der GS-Messungen wurden direkt von den Untersuchenden in das NAKO-interne, webbasierte Dokumentationssystem eingegeben. Bei der Datenbereinigung wurden GS-Werte ≤0 kg oder ≥90 kg als unplausibel definiert. In der Regel handelte es sich bei diesen Einträgen um Tippfehler oder irrtümlich verwendete Codes für fehlende Werte. Weiterhin wurden Untersuchungen ausgeschlossen, bei denen an beiden Händen jeweils weniger als zwei Messversuche durchgeführt wurden. Für die Auswertung wurde unabhängig von der Handseite der höchste gemessene Wert der GS verwendet [
18]. Zusätzlich wurde die relative GS berechnet, indem der höchste gemessene GS-Wert durch das Körpergewicht dividiert wurde. Insgesamt liegen für 99.068 Teilnehmende (97,4 %) auswertbare Messergebnisse für die maximale GS vor. Von diesen wurde bei 97.997 Teilnehmenden die Messung der GS an beiden Händen, bei 1071 Teilnehmenden nur an einer Hand durchgeführt. Bei nicht durchgeführten GS-Messungen waren im Wesentlichen gesundheitliche Gründe (60 %), technisch-organisatorische Gründe (26 %) oder die Verweigerung der Untersuchung durch den Teilnehmenden (12 %) ursächlich.
Kardiorespiratorische Fitness (CRF)
Die Fahrradergometrie wurde bei Teilnehmenden mit intensiviertem Untersuchungsprogramm (Level 2) in insgesamt 6 von 18 Studienzentren der NAKO-Basisuntersuchung durch notfallmedizinisch geschultes Studienpersonal (keine direkte ärztliche Überwachung) durchgeführt. Darüber hinaus erfolgte auch in den anderen Studienzentren bei jeweils ca. 100 Teilnehmenden eine Fahrradergometrieuntersuchung.
Als Protokoll des submaximalen Fahrradergometertests zur Erhebung der CRF diente ein adaptiertes WHO-Stufenschema [
21]. Ziel war es, dass die Teilnehmenden innerhalb von höchstens vier Belastungsstufen ihre submaximale HF (85 % der maximalen HF) erreichen. Die maximale HF wurde anhand der Formel
HFmax =208 −0,7 Alter nach Tanaka berechnet [
22]. Bei aktueller Einnahme von HF-senkenden Medikamenten (Betablockern) wurde die Ziel-HF um 20 Schläge/min reduziert. Die Dauer pro Belastungsstufe betrug 2 min, die Steigerung jeweils 25 W. Die Einstiegslast wurde in Abhängigkeit des Alters, des Geschlechts, des Gewichts und des selbst eingeschätzten Fitnesszustands [
23] auf 25 W, 50 W, 75 W oder 100 W festgelegt. Während der Belastungsphase wurden die Teilnehmenden angehalten, die Drehzahl zwischen 60–80 U/min zu halten. Sobald die Teilnehmenden ihre submaximale HF-Grenze für 30 s überschritten hatten, wurde eine abschließende 1‑minütige Erholungsphase eingeleitet, in der die Leistung auf 25 W abgesenkt wurde. Wurde die submaximale HF-Grenze während der vier Belastungsstufen nicht erreicht, wurde nach Beendigung der 4. Stufe ebenfalls die Erholungsphase gestartet. Bei subjektiven Beschwerden der Teilnehmenden oder Erschöpfung wurde der Test vorzeitig beendet.
Die Tests wurden auf einem kalibrierten Fahrradergometer mit integriertem Herzfrequenzempfänger (Ergosana Sana Bike 350F) durchgeführt. Die Herzfrequenz wurde mittels eines Polar-Brustgurts (T31, Polar Electro Oy, Finnland) an der Brustwand der Teilnehmenden abgeleitet. Die Steuersoftware des Ergometers (Dr. Schmidt GmbH, Neunkirchen) wurde eigens für die NAKO entwickelt und erlaubt die kontinuierliche Aufzeichnung von HF, Leistung und Drehzahl mit einer Samplingrate von 1 Hz sowie des subjektiven Anstrengungsempfindens (Received Perception of Exertion, RPE) über die Borg- bzw. RPE-Skala [
24].
Vor Durchführung der Fahrradergometrie wurden die Ausschlusskriterien für die Untersuchung abgeklärt. Diese Abklärung fand anhand der Untersuchungsergebnisse aus dem EKG, der Blutdruckmessung, der anthropometrischen Untersuchung und der Befragung mittels des modifizierten Physical Activity Readiness Questionnaire (PAR-Q-Fragebogens; [
25,
26]) statt. Direkt von der Fahrradergometrie ausgeschlossen wurden Teilnehmende, bei denen eines der folgenden Charakteristika vorlag: Gewicht >160 kg, Blutdruck ≥180 mm/Hg systolisch und/oder ≥110 mm Hg diastolisch, Ruhe-HF ≥100/min oder selbst berichtete Kontraindikation im PAR-Q-Fragebogen.
Die Entscheidung über den Ausschluss von Teilnehmenden von der Fahrradergometrie oblag dem Studienarzt, sofern ein auffälliger automatischer EKG-Befund (basierend auf dem Modular ECG Analysis System, MEANS [
27]) vorlag oder abklärungsbedürftige Befunde aus dem PAR-Q-Fragebogen hervorgingen.
Während der Fahrradergometrie wurden HF, Drehzahl und Leistung kontinuierlich mit einer Samplingrate von 1 Hz aufgezeichnet. Darüber hinaus wurde am Ende jeder Belastungsstufe das subjektive Belastungsempfinden (RPE-Wert) dokumentiert. Die von der Ergometersoftware aufgezeichneten Daten wurden in Textdateien gespeichert und mittels Python 3.7 und SAS 9.4 für die Qualitätssicherung und wissenschaftliche Auswertung bearbeitet. Für die Berechnung der HF-bezogenen Leistungsparameter der CRF mussten die HF-Verläufe von Artefakten bereinigt werden. Zunächst wurden aus dem rohen Herzfrequenzsignal zwei zusätzliche Signale über den Median für 9‑ bzw. 19-Sekunden-Zeitfenster berechnet. Beide Signale sorgen für eine Glättung der HF und somit zur Eliminierung von Frequenzsprüngen. Die automatische Qualitätseinschätzung des HF-Verlaufs erfolgte je Belastungsphase anhand der trendbereinigten Standardabweichung des Rohsignals und der geglätteten Signale. Auffällige HF-Aufzeichnungen wurden anschließend einzeln visuell kontrolliert und ggf. korrigiert oder verworfen. Zur Bestimmung der HF-bezogenen Leistungsparameter wurde der Mittelwert der letzten 30 s jedes Belastungsintervalls verwendet, sofern die Belastungsstufe mindestens 1:30 min dauerte und nicht vorab abgebrochen wurde. Bei weniger als 2 vollständigen Belastungsstufen (Test innerhalb der ersten oder zweiten Belastungsstufe abgebrochen) wurden keine HF-bezogenen Leistungsparameter berechnet. Bei insgesamt 61,7 % der Teilnehmenden mit auswertbarer Fahrradergometriemessung wurden die HF-bezogenen Leistungsparameter aus 4 Belastungsstufen berechnet, bei 28,3 % aus 3 Belastungsstufen und bei 10 % aus 2 Belastungsstufen.
Die Berechnung der HF-bezogenen Leistungsparameter erfolgte zum einen nach dem Prinzip der Physical Work Capacity (PWC; [
28]), zum anderen über die geschätzte maximale Sauerstoffaufnahme (VO2
max). Mittels des PWC-Prinzips wird die Leistung bestimmt, die beim Überschreiten einer definierten HF-Schwelle geleistet wird. Hierbei eignen sich insbesondere relative HF-Schwellen, da damit der altersbedingte Rückgang der HF berücksichtigt werden kann. Die hier berichtete PWC 75 % gibt somit an, welche Leistung (in W) ein Teilnehmender erbringt, wenn er oder sie 75 % der eigenen maximalen Herzfrequenz erreicht.
Die Berechnung der VO2
max erfolgte zweistufig: Zunächst wurde die maximale Leistung (in W) anhand der erbrachten Leistung bei submaximaler HF und der altersbasierten maximalen Herzfrequenzgrenze nach Tanaka et al. [
28] ermittelt. Mit der geschätzten maximalen Leistung wurde über die Formel des American College of Sports Medicine [
29] die VO2
max berechnet: VO2
max = 33,5 ml·min
−1 · kg
−1 + 12,24 (maximale Leistung in W; Körpergewicht
−1 in kg).
Insgesamt wurde bei 3424 Teilnehmenden (3,4 %) eine Fahrradergometrie durchgeführt. Dabei konnte bei 44 Untersuchungen die HF-Verlaufsdatei aus technischen Gründen nicht gesichert werden. Nach automatischer und manueller Qualitätskontrolle wurden 91 Untersuchungen aufgrund qualitativ unzureichender HF-Aufzeichnung oder aufgrund von weniger als 2 vollständigen Belastungsstufen ausgeschlossen. Demnach standen für die vorliegende Auswertung CRF-Angaben von 3289 Teilnehmenden zur Verfügung. Da ausschließlich HF-bezogene Leistungsparameter der CRF in dieser Arbeit verwendet wurden, wurden nachträglich zusätzlich 195 Teilnehmende aufgrund der aktuellen Einnahme von Betablockern ausgeschlossen. Somit standen die Daten der Fahrradergometrie von insgesamt 3094 Teilnehmenden für die Analysen zur Verfügung.
Sofern Teilnehmende aufgrund einer Kontraindikation von der Fahrradergometrie ausgeschlossen werden mussten, war hier im Wesentlichen ein auffälliges EKG allein (15 %), ein auffälliger PAR-Q-Fragebogen (58 %) oder eine Kombination aus beiden (14 %) ursächlich.