Arsen gehört zu den Halbmetallen und tritt sowohl in anorganischer als auch in organischer Form auf. War es früher hauptsächlich als beliebtes Mordgift bekannt, stehen heute für die Allgemeinbevölkerung eher Umweltbelastungen im Fokus, für die sowohl natürliche als auch anthropogene Quellen relevant sind. Die kommerzielle Verwendung von Arsen ist in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen auf die Halbleiterfertigung beschränkt. International wird es bei der Laugenreinigung im Rahmen der Zinkgewinnung, in Holzschutz- und Pflanzenbehandlungsmitteln, in der Glas- und Keramikindustrie sowie als Bestandteil von Nichteisenmetalllegierungen eingesetzt. Aus toxikologischer Sicht muss zwischen anorganischem und organischem Arsen unterschieden werden; Ersteres ist wesentlich toxischer (s. unten). Eine je nach geologischen Gegebenheiten bedeutende Expositionsquelle für anorganisches Arsen ist das Grundwasser, wodurch es in Brunnen, ins Trinkwasser, aber auch in Pflanzen gelangt. Die gemessenen Arsenkonzentrationen im Grundwasser reichen von nicht nachweisbar bis 800 µg/l. Im Trinkwasser, in dem es als Arsenat (+5) oder Arsenit (+3) vorliegt, können in einigen Gebieten der Erde wie z. B. West-Bengalen und Bangladesch Arsengehalte von bis zu 9 mg/l erreicht werden. In Deutschland überschreiten die Trinkwassergehalte nur selten 10 µg/l; in einigen Mineralwässern wurden aber Werte von bis zu 45 µg/l nachgewiesen. Ferner gelangt Arsen über Phosphatdünger und Klärschlamm in Böden und damit in Pflanzen. Relevante Quellen für anorganisches Arsen sind, neben Trinkwasser: Reis und Reisprodukte, verarbeitete Getreideerzeugnisse sowie Milch und Milchprodukte. Insbesondere in Reis können in Abhängigkeit vom Anbaugebiet und der Anbaumethode (in der Regel Wasseranbau) sowie von der weiteren Verarbeitung vergleichsweise hohe Konzentrationen auftreten [
1].
Der Hauptteil des über die Nahrung aufgenommenen organischen Arsens stammt in Deutschland aus Fisch und Fischprodukten, in denen Arsen vorwiegend als Arsenobetain oder Arsenocholin vorliegt. Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren auch Arsenolipide in Fischölen identifiziert. Weiterhin relevant sind Braun- und Rotalgen, in denen mehr als 100 mg/kg TG Arsenozucker nachgewiesen wurden.
Werden längerfristig erhöhte Mengen an Arsen oder seinen anorganischen Verbindungen entweder inhalativ oder oral (z. B. über das Trinkwasser) aufgenommen, ist dies mit einer Reihe von toxischen Wirkungen verbunden. So treten vermehrt Schädigungen des peripheren und zentralen Nervensystems, des Atemtraktes, der Haut, der Leber und der peripheren Blutgefäße auf. Letzteres ist die Ursache für die sog. „Blackfoot Disease“ in Taiwan. Im Gegensatz zu den meisten anderen Metallverbindungen ist die kanzerogene Wirkung von Arsenverbindungen wesentlich klarer beim Menschen als im Tierversuch belegt. So wurden nach inhalativer Arsenbelastung in mehreren epidemiologischen Studien vermehrt Tumoren des Respirationstraktes beobachtet. Der erhöhte Gehalt von Arsen im Trinkwasser, und somit die orale Aufnahme, ist mit dem gehäuften Auftreten von Hautkrebs, aber auch von Lungen‑, Blasen- und Leberkrebs verbunden. Arsen(V) wird zunächst zu dem toxischeren Arsen(III) reduziert, bevor es in der Leber biomethyliert wird. Hier werden aus Arsenit jeweils drei- und fünfwertige mono- und dimethylierte Arsenspezies in Form von monomethylarsoniger Säure (MMA(III)), dimethylarsiniger Säure (DMA(III)), Monomethylarsonsäure (MMA(V)) und Dimethylarsinsäure (DMA(V)) gebildet. Galt diese Methylierung bis vor einigen Jahren noch als Detoxifizierung, zeigen Forschungsergebnisse der letzten Jahre, dass insbesondere die dreiwertigen methylierten Metabolite eine erhöhte Toxizität und auch Genotoxizität im Vergleich zu Arsenit aufweisen. Bezüglich der kanzerogenen Wirkungen sind neben der Induktion oxidativer DNA-Schäden eher indirekte Mechanismen von Bedeutung, insbesondere die Hemmung von DNA-Reparaturprozessen und die Beeinflussungen von DNA-Methylierungsmustern mit der Folge von veränderten Genexpressionsmustern von Protoonko- und Tumorsuppressorgenen sowie genomischer Instabilität. Diese Beeinflussungen treten im Fall von anorganischen Arsenverbindungen bereits bei sehr niedrigen, auch für Umweltexpositionen relevanten Konzentrationen auf [
2]. Bezüglich der organischen Arsenverbindungen gelten Arsenobetain und Arsenocholin als toxikologisch unbedenklich, wohingegen eine toxikologische Bewertung von Arsenozuckern und Arsenolipiden noch aussteht.
Die IARC und die MAK-Kommission stuften Arsen und seine anorganischen Verbindungen in die Kanzerogenitätskategorie 1 ein, d. h. es handelt sich um Stoffe, die beim Menschen Krebs erzeugen. Sowohl von der Weltgesundheitsorganisation (WHO 1993), der amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA 2001) als auch durch die Trinkwasserverordnung (2001) wurde ein Trinkwassergrenzwert von 10 µg Arsen/l festgelegt. Seit dem 01.01.2006 gilt dieser Wert auch für natürliche Mineral- und Tafelwässer; Wasser zur Zubereitung von Säuglingsnahrung darf einen Gehalt von 5 µg/l nicht überschreiten (Min/TafelWV). Die vom Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe („Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives“, JECFA) im Jahr 1989 abgeleitete vorläufig tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (Provisional Tolerable Weekly Intake, PTWI) von 15 µg Arsen/kgKG/Woche wurde 2010 zurückgezogen und auch von der EFSA (2009) als nicht angemessen bewertet [
3]. Grundlage hierfür waren Berechnungen der sog. Benchmark-Dosis, welche BMDL
01-Werte („Benchmark Dose Lower Bound“, unterer Grenzwert des Vertrauensbereichs der Benchmark-Dosis für einen 1%igen Anstieg des Risikos) zwischen 0,3 und 8 µg Arsen/kgKG pro Tag für Lungen, Haut- und Blasentumoren sowie Hautschädigungen ergaben. Nach aktualisierten Abschätzungen der EFSA (2014) liegen die nahrungsbedingte mittlere Aufnahme bzw. die 95. Perzentile der nahrungsbedingten Aufnahme anorganischen Arsens für die Gruppe der Säuglinge und Kinder in Europa im Bereich von 0,2–1,4 bzw. 0,4–2,1 µg/kgKG und Tag und damit nahe am bzw. im BMDL
01-Wertebereich für das Auftreten von Tumoren bzw. Hautschädigungen beim Menschen [
1]. Für Erwachsene in Europa liegen die nahrungsbedingte mittlere Aufnahme anorganischen Arsens im Bereich von 0,1–0,4 mg/kgKG und Tag und die 95. Perzentile bei 0,1–0,6 µg/kgKG und Tag, womit für einige Erwachsene in Europa eine Überschreitung der unteren Grenze des BMDL
01-Wertebereichs gegeben ist. Ein erhöhtes Krebsrisiko im Zusammenhang mit der nahrungsbedingten Aufnahme anorganischen Arsens kann daher für eine Reihe von Verbrauchern nicht ausgeschlossen werden, und die Expositionen sollten so weit wie möglich gesenkt werden [
1,
3]. So gelten seit dem 01.01.2016 Höchstgehalte für anorganisches Arsen in Reis und Reisprodukten, die besonders hohe Gehalte in diesen Lebensmitteln verhindern sollen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt darüber hinaus, Säuglinge und Kinder nicht ausschließlich mit Getreideprodukten auf Reisbasis zu ernähren [
4], da sich sowohl für Kinder als auch für Erwachsene durch den Verzehr von Reis und Reisprodukten vergleichsweise niedrige MOE-Werte ergeben: von 9 bis 500 bzw. 37 bis 1000 bei mittleren Verzehrsmengen und von 2 bis 143 bzw. 12 bis 320 bei hohen Verzehrsmengen [
5].