Erschienen in:
01.06.2011 | Rezension
Michael Jungert, Elsa Romfeld, Thomas Sukopp, Uwe Voigt (Hrsg) (2010) Interdisziplinarität. Theorie, Praxis, Probleme
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 209 Seiten, 49,90 €, ISBN 3-534-23054-X
verfasst von:
Dieter Birnbacher
Erschienen in:
Ethik in der Medizin
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Ausgabe 2/2011
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Auszug
Spätestens seit ihrem „empirical turn“ versteht sich die Medizinethik als interdisziplinäres Unternehmen, das ethische Fragen im Umfeld medizinischer Sachfragen und moralpsychologischer und -soziologischer Befunde behandelt. Aber auch vorher war es so gut wie selbstverständlich, dass eine Analyse medizinethischer Fragen nicht ohne Bezugnahme auf empirische Gegebenheiten auskommt, etwa auf das geltende ärztliche Ethos, auf Patientenerwartungen und auf die in der breiten Bevölkerung vorherrschenden Einstellungen und Sichtweisen. Insofern war für die Medizinethik Interdisziplinarität schon immer mehr als ein Schlagwort oder – schlimmstenfalls – ein rhetorischer Rettungsanker für von der Abwicklung bedrohte wissenschaftliche Disziplinen. Ganz anders stellt sich die Situation in der philosophischen Ethik dar. Die Idee, dass eine Begriffsanalyse oder ethische Einschätzung nicht ohne empirische Elemente auskommt und ihre Vorschläge an der Realität des faktischen Begriffs- und Moralverständnisses testen muss (in diesem Band vertreten von Hilary Kornblith), dürfte weithin als schwer zu akzeptierende Herausforderung empfunden werden. Ethik gilt auch in ihren angewandten Varianten weiterhin überwiegend als eine armchair-Wissenschaft. …