Erschienen in:
15.09.2022 | MKG-Chirurgie | Nestoren der MKG-Chirurgie
Franz Ernst (1887–1947) – ein Zahnarzt als „genialer Meister“ und „Pionier“ der zeitgenössischen MKG-Chirurgie
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß
Erschienen in:
Die MKG-Chirurgie
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Ausgabe 4/2022
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Zusammenfassung
Franz Ernst war der jüngste und letzte der rein zahnärztlich ausgebildeten „Nestoren“ der deutschen MKG-Chirurgie. Er wurde nach seinem frühen Tod als „genialer Meister“ und „Pionier“ gewürdigt und avancierte zum Namensgeber etlicher technisch-operativer Innovationen. Doch wie kam es überhaupt zu Ernsts Wirken in der zeitgenössischen „Kieferchirurgie“, inwieweit konnte er sich fachlich gegenüber den doppelt ausgebildeten Kollegen behaupten und wie verhielt er sich politisch im „Dritten Reich“? Besagte Fragen stehen im Zentrum des vorliegenden Beitrags. Als Quellengrundlage dienen hierbei diverse Akten des Bundesarchivs Berlin, gedruckte Primärschriften und sonstige Publikationen mit Bezug zu Franz Ernst und zur Kieferchirurgie in Berlin. Die Analyse zeigt, dass Ernst als virtuoser und technisch innovativer Operateur einzuordnen ist, der u. a. die Behandlung von Lippen-Kiefer-Gaumen(LKG)-Spalten verbesserte und katalysierte und breite fachliche und persönliche Anerkennung genoss. Dennoch verhinderte das fehlende Doppelstudium, ähnlich wie im diskutierten Vergleichsfall von Hugo Ganzer (1879–1960), eine hauptamtliche Professur für Kieferchirurgie an einer deutschen Universität – und damit auch die Gründung einer eigenen akademischen Schule, die seinen Ruhm hätte mehren können. Im Übrigen lässt sich nachweisen, dass Ernst im „Dritten Reich“ zu den Fachvertretern gehörte, die sich dem nationalsozialistischen Regime parteipolitisch andienten. Allerdings hatte Ernsts Bereitschaft zur Anpassung Grenzen: So sprach er sich klar gegen Zwangssterilisationen von Patienten mit LKG-Spalten aus und stellte Mutmaßungen über die Erbgebundenheit von Spaltbildungen in Abrede.