Vorbemerkungen
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horizontale Lagerung auf kippbarem, röntgendurchlässigem Operationstisch,
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Spanentnahme proximal der Spina iliaca externa,
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Ausführen des Salter-Manövers bei gekipptem Tisch,
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Sicherung der Fragmente durch einen Führungsdraht,
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Feinkorrektur des Azetabulums in horizontaler Lage unter Bildwandlerkontrolle,
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nachträgliches Einfalzen des schwalbenschwanzartig zubereiteten Keils,
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Sicherung der Fragmente durch mediale Zugschraube.
Operationsprinzip und -ziel
Vorteile
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Im Vergleich zu konkurrierenden Verfahren technisch einfachere Methode bei ähnlichem Korrekturpotenzial
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Deutlich kürzere Lernkurve
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Vom Hautschnitt bis zum Wundverschluss vollständige Einsichtnahme in den Operationssitus für den Operateur und die Assistenz
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Überkorrekturen in der Frontalebene kaum möglich
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Begleitende Gelenkarthrotomie und Labrumchirurgie ohne Erweiterung des Zugangs möglich
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Geringe Gefährdung motorischer Nerven und Gefäße
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Problemlose Materialentfernung
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Kosmetisch günstige Schnittführung („Bikini“-Schnitt)
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Aktive Mobilisierung unmittelbar postoperativ möglich
Nachteile
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Keine Korrektur einer begleitenden Pfannenretroversion möglich
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Verlängerung des Beins um ca. 1 cm, dadurch:
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Kurzzeitig vermehrte Spannung der gelenküberbrückenden Muskulatur
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Überkorrektur der azetabulären Anteversion möglich
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Klinisch inapparente Verlagerung des Hüftgelenkdrehpunkts nach lateral
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Korrekturverlust durch Spansinterung denkbar
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Einengung des Geburtskanals möglich
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Gefährdung des N. cutaneus femoris lateralis
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Temporäre postoperative Beugeschwäche durch Schwächung des M. psoas
Indikationen
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Symptomatische Hüftdysplasien und Hüftsubluxationen von Patienten/innen jenseits des Wachstumsabschlusses bis zum Alter von 50 Jahren
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Zu erwartende postoperative Gelenkkongruenz (Simulationsaufnahme)
Kontraindikationen
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Gelenkinkongruenz in der Simulationsaufnahme
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Erkernahe Gelenkspaltverschmälerung um mehr als die Hälfte des Normalwerts
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Relative Kontraindikation: Verlängertes Bein der betroffenen Seite; zusätzliche femorale Varisation und/oder Verkürzung indiziert
Patientenaufklärung
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Für Osteotomien allgemeingültige Risiken wie Thrombose, Embolie, Infekt und Blutung; mutmaßlich geringes Thrombose- und Lungenembolierisiko
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Zugangsspezifische Risiken: Verletzung von Gefäßen (A./V. gluteae superiores, Rami inferiores) und Nerven (N. cutaneus femoris lateralis, häufig mit verbleibender Taubheit; N. femoralis; N. ischiadicus); temporäre postoperative Beugeschwäche durch Schwächung des M. psoas
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Osteotomiespezifische Risiken: Spansinterung mit Korrekturverlust, fehlende Spaneinheilung, Fragmentdislokation mit Gewindestabausbruch, röntgenkosmetisch auffällige Hyperostosen am Ort der Spanentnahme
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Postoperativer Krückengang für 8–12 Wochen erforderlich
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Rehabilitationsphase bestens 3, maximal 6 Monate
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Metallentfernung innerhalb dieser Rehabilitationsphase als Kleineingriff unter Generalanästhesie
Operationsvorbereitungen
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Klinische Vermessung der Beinlängendifferenz im Stehen
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Fakultativ zum Indikationsausschluss: Bei fraglicher begleitender Retroversion Computertomographie (CT) zur Bestimmung der Pfannen-Ante‑/Retroversion; hohe Strahlenbelastung. Eine analoge Vermessung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) ist zu ungenau.
Instrumentarium
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Alle zur Beckenosteotomie benötigten Instrumente sind in Abb. 5 dargestellt
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Als Besonderheit werden seitendifferent anzuwendende Rang-Retraktoren [20] genutzt, welche die Incisura ischiadica major darstellen und den Operationssitus beim Durchtrennen des Os ileum weit öffnen (Original-Bezugsquelle: Jantek Engineering Inc., Paso Robles, CA, USA; deutsche Bezugsquelle mit Wiederaufbereitungsanleitung: Fa. Scholz Instruments, Neubiberg, Deutschland)
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Gewindestäbe mit durchgehendem Gewinde 4 mm/170 mm (Bestell-Nr. 170/4), 5 mm/170 mm (Bestell-Nr. 170/5), 5 mm/25 mm Trokarspitze (Bestell-Nr. 250/5/DG; Fa AKULA Medizintechnik GmbH, Lauf an der Pegnitz, Deutschland)
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Zugehöriger Bolzenschneider (Bestell-Nr. LX164R)
Anästhesie und Lagerung
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Exakt horizontale Lagerung des Patienten auf auch randständig röntgendurchlässigem Operationstisch, der während der Operation eine Seitwärtskippung von 20–30° erlaubt
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Randständige Positionierung des Patienten, zur Operationsseite hin verlagert. Gegenstützen zur Operationsseite an Becken und Thorax
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Das Bein wird voll beweglich abgedeckt mit zusätzlicher Opsite-Folie über dem Operationsgebiet, die ein Lösen der Abdeckung verhindert
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Intubationsnarkose, postoperativ kontinuierliche Spinal- oder Periduralanästhesie
Besonderheiten
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Auf das in Abb. 12 beschriebene und in den Abb. 17b, c erkennbare Setzen der Zugschraube kann verzichtet werden, wenn sich die beiden Osteotomiefragmente nach durchgeführtem Salter-Handgriff medial bereits stabil verkeilen. Dann kann sofort der erste von drei Gewindestäben eingetrieben werden, wie dies in den Abb. 15a, b zu erkennen ist. Dies verkürzt die Operationszeit, ohne mit Nachteilen einherzugehen.
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Bei abnormal weniger oder stärker ausladendem Os ileum kann es schwierig sein, die beiden letzten Gewindestäbe entsprechend der Abb. 12 vom Kamm der erhaltenen Spina iliaca externa her ins Ziel zu bringen. Die Lamina externa bzw. interna des proximalen Osteotomiefragments wird dann mit einem kleinen Meißel eröffnet und durch die geschaffene Öffnung gepeilt.
Postoperative Behandlung
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Das Bein wird in einer Braun-Schiene so gelagert, dass das Bein 20°abduziert und außenrotiert ist, und die Hüfte sowie das Kniegelenk 20–30° gebeugt sind.
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Sobald die Anästhesie abgeklungen ist, wird die Funktion des N. femoralis (Anspannen des M. quadriceps) und des N. ischiadicus (Anheben des Fußes) geprüft. Eine mehrere Tage bis wenige Wochen anhaltende Hüftbeugeschwäche ist auf die gewollte Tenotomie der Psoassehne zurückzuführen und nicht als Zeichen einer Femoralisparese zu deuten; sie persistiert über den genannten Zeitraum nicht.
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Am 1. postoperativen Tag werden die Wunddrainagen gezogen.
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Am 2. postoperativen Tag kann der Patient mithilfe der Physiotherapie den Transfer vom Liegen ins Sitzen und zurück üben.
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Ab dem 3. postoperativen Tag beginnt der Patient, mit Gehwagen zu gehen. Er wird angehalten, Sohlenkontakt aufzunehmen und den Fuß abzurollen, ohne das Bein mit mehr als 5 kg zu belasten.
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Ab Ende der 1. postoperativen Woche beginnt er, mit Unterarmgehstützen den 3‑Punkt-Gang zu erlernen; der Bodenkontakt bleibt weiterhin auf ca. 5 kg begrenzt.
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Vor Entlassung wird eine Standardbeckenübersicht im Liegen durchgeführt.
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Die Entlassung in eine stationäre oder ambulante Rehabilitation ist ab dem 10. postoperativen Tag möglich.
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Eine weitere Standardbeckenübersicht wird 4 Wochen postoperativ im Liegen durchgeführt und mit den Voraufnahmen verglichen. In dieser sog. Konsolidierungskontrolle wird überprüft, ob die Position des Azetabulums und der eingebrachten Stäbe unverändert ist. Wenn ja, kann ab diesem Zeitpunkt mit halbem Körpergewicht belastet werden.
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Eine weitere Beckenübersichtsaufnahme erfolgt 10 Wochen postoperativ; diese bestätigt in der Regel, dass der eingebrachte Span integriert ist. Die Stützkrücken können dann abtrainiert werden.
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Die Physiotherapie wird fortgeführt, bis der Patient nicht mehr hinkt. Damit ist ab Ende des 4. postoperativen Monats zu rechnen. Bei gleichzeitig durchgeführten Umstellungsosteotomien am proximalen Femur verlängert sich die Rehabilitationsphase.
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Die Zugschraube und die Gewindestäbe werden 12 Wochen postoperativ in Kurznarkose entfernt.
Fehler, Gefahren, Komplikationen
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Unvorsichtiges und unvollständiges Ablösen des Darmbeinperiosts (Abb. 7): Verschluss der Wunde gelingt dann nur mühselig unter Mitnahme randständiger Muskulatur
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Verletzung des N. femoralis beim Aufsuchen der Psoassehne in der Lacuna musculorum. Vorbeugung: Vorsichtiges Wegrollen des M. psoas, eindeutige Identifikation der Psoassehne und Durchtrennung unter Sicht
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Blutung in Nähe der Incisura ischiadica beim Durchstecken des Dechamps oder beim Bergen des Fadens von dessen Spitze: Blutstillung mittels Elektrokoagulation ist in der Regel ausreichend
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Das Salter-Manöver darf nicht zu zaghaft, sondern muss mit Impuls und gelegentlich zweimalig durchgeführt werden; eine dabei (hörbare) Osteoklasie des Sitz- und/oder Schambeins ist Inhalt der Methode. Bei korrekter Beugestellung des Hüft- und Kniegelenks sind der N. femoralis und der N. ischiadicus hierbei ungefährdet.
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Die Osteotomiefragmente stehen medialseitig nicht aufeinander, das distale Fragment ist nicht nach lateral versetzt: Gefahr des Korrekturverlusts und der Fragmentdislokation mit zugehörigem Ausriss oder Brechen der Gewindestäbe. Vorbeugend: Striktes Vorgehen entsprechend der Abb. 11. Bei Eintreten einer Fragmentdislokation Revisionseingriff mit evtl. notwendigem Wechsel der Osteosynthesemethode (Plattenosteosynthese mit 3,5-mm-Reko-Platte)
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Zu schwache Bohrmaschine beim Einbringen der Gewindestäbe: Gebrauch einer Pressluftbohrmaschine oder Vorbohren des Gewindestabkanals mit dünnerem Gewindestab
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Zu kurzes Abtrennen der Gewindestäbe: Gefahr der mühsamen Materialentfernung
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Zu stark überstehende Gewindestäbe: Gefahr der Entstehung einer schmerzhaften Bursitis oder Perforation der Haut
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Versehentliche Überstreckung der Hüfte nach durchgeführter Operation, beim Umlagern oder im Bett: Gefahr der Femoralisüberdehnung