Erschienen in:
01.03.2012 | Forschung aktuell
Möglichkeiten und Grenzen retrospektiver Todesursachenrecherchen im Rahmen bundesweiter epidemiologischer Studien
verfasst von:
I.K. Wolf, MPH, H. Knopf, C. Scheidt-Nave, B.M. Kurth
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 3/2012
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Zusammenfassung
Die ursachenspezifische Mortalität bildet in longitudinal angelegten epidemiologischen Studien einen wichtigen Endpunkt, um kausale gesundheitliche Zusammenhänge zu erforschen und individuelle Verlaufsanalysen durchzuführen. Da in Deutschland kein nationales Mortalitätsregister existiert, werden länderspezifische datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen und Zugangswege für die Todesursachenrecherche im Rahmen eines Pilotprojekts recherchiert und erprobt. Die Datengrundlage liefert eine Stichprobe verstorbener StudienteilnehmerInnen des Bundes-Gesundheitssurveys 1998. Unter den gegebenen Bedingungen ist die Recherche von Todesursachen in bundesweiten epidemiologischen Studien grundsätzlich möglich, allerdings mit einem hohen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden. In Rheinland-Pfalz muss zeitnah recherchiert werden, da die Aufbewahrungsfrist für Todesbescheinigungen bei den Gesundheitsämtern auf eine Mindestfrist von fünf Jahren begrenzt ist. In Berlin gestaltet sich die Forschungssituation besonders schwierig, da die Todesbescheinigungen zwar beim Amt für Statistik drei Jahre lang aufbewahrt werden, aber das Amt für Statistik keine pseudonymisierten Daten herausgeben darf. In Berlin können über die Ärzte und Krankenhäuser, die die Todesbescheinigungen ausgestellt haben, und über das GKR Berlin-Brandenburg (unter Einhaltung der besonderen datenschutzrechtlichen Bedingungen des Krebsregistergesetzes) für einen Teil der Verstorbenen die Todesursachen recherchiert werden. In Nordrhein-Westfalen wird grundsätzlich die zu Lebzeiten eingeholte schriftliche Einwilligung zur Recherche der Todesursache unter explizitem Einschluss einer ärztlichen Schweigepflichtentbindung vorausgesetzt. In allen anderen Bundesländern sind Ausnahmeregelungen möglich, die in jedem Fall der Zustimmung des Landesdatenschutzbeauftragten bedürfen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts unterstreichen die Forderung nach einem nationalen Mortalitätsregister. Bis zu dessen Etablierung könnte die pilotierte Vorgehensweise genutzt und in Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesbeauftragten für Datenschutz sowie den obersten Landesgesundheitsbehörden weiter optimiert werden, um Datenverluste zu vermeiden und Ressourcen effizient einzusetzen.