Ein hoher Anteil der Tumor-DNA an der zellfreien DNA geht mit einer ungünstigen Prognose einher. Die Bestimmung der Tumorfraktion bei der Liquid Biopsy kann daher für die Therapieentscheidung relevant sein.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Die Liquid Biopsy erfolgt bisher meist zum qualitativen Nachweis von Tumoren und charakteristischen Tumormutationen, für die Therapie ist aber nicht nur entscheidend, welcher Tumor mit welchen therapeutischen Targets vorliegt, auch die Masse macht bei fortgeschrittenen Tumoren einen Unterschied. Viel zellfreie Tumor-DNA (ctDNA) deutet auf eine hohe Tumorlast und damit eine ungünstige Prognose. Bei einer Liquid Biopsy sollte daher auch die Tumorfraktion, also der Anteil der Tumor-DNA an der zellfreien DNA, mitbestimmt werden, fordern Forschende um Dr. Zachery Reichert von der Ohio State University in Columbus, USA. Für die vier häufigsten Tumoren konnten sie in einer aktuellen Arbeit einen klaren Zusammenhang zwischen Tumorfraktion und Prognose nachweisen.
Das Team um Reichert hat Angaben einer nationalen klinischen Genomdatenbank ausgewertet, in die Angaben zu rund 1720 Krebskranken mit einer Liquid Biopsy vor Beginn einer systemischen Therapie eingeflossen sind. Rund 900 hatten einen fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC), die übrigen metastasierte Brust-, Prostata- und Darmtumoren (je 400, 200 und 220 Personen). Bei allen waren auch quantitative Messungen der Tumor-DNA und der zellfreien DNA vorgenommen worden, sodass sich über spezielle Methoden die Tumorfraktion bestimmen ließ.
Die Forschenden schauten darüber hinaus nach demografischen Angaben, Tumorcharakteristika sowie bisherigen Therapien und berechneten das Sterberisiko in Abhängigkeit von der Tumorfraktion. Den Verlauf der Erkrankung konnten sie anhand elektronischer Patientenakten auswerten. Sie wählten für die Tumorfraktionen einen Grenzwert von 10%, höhere Werte waren in ersten kleineren Analysen mit einer erhöhten Mortalität assoziiert.
Mortalität bei hoher Tumorfraktion mehr als verdreifacht
Dies zeigte sich nun auch über alle vier Tumortypen hinweg: So war die Mortalität unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Begleitfaktoren bei einer Tumorfraktion über 10% stark erhöht, und zwar für die Erkrankten mit Prostatakrebs um das 3,3-Fache, für Frauen mit Brustkrebs um den Faktor 2,4, für Lungenkrebskranke um das 1,7-Fache und für Darmkrebskranke um das Doppelte, vergleichen jeweils mit einer Tumorfraktion unter 10% beim jeweiligen Tumor.
Bei NSCLC stratifizierte das Team um Reichert weiter nach Tumormarkern. Für EGFR-positive Patientinnen und Patienten war eine Tumorfraktion über 10% weniger prognostisch relevant als für EGFR-negative, die Mortalität war jeweils um 46% und 94% erhöht. Hier wird eine besonders gute Wirksamkeit von zielgerichteten Therapien gegen EGFR-positive Tumoren als Grund vermutet. Keine prognostische Relevanz hat die Tumorfraktion den Daten zufolge für Lungenkrebskranke mit Hirnmetastasen, hier wird kaum ctDNA freigesetzt.
Größere Unterschiede gab es auch beim Medianwert der Tumorfraktion, dieser betrug 13% bei Männern mit Prostatakrebs, 4% bei Frauen mit Brustkrebs, 2% beim NSCLC und 8% bei Darmkrebskranken. Generell nahm das Sterberisiko über alle Tumoren hinweg mit der Tumorfraktion zu, umgekehrt ging bei Brust- und Lungenkrebs eine Tumorfraktion unter 1% mit einer signifikant reduzierten Sterberate einher.
Da bei den einzelnen Tumoren unterschiedliche Überlebenszeiten bestehen, seien möglicherweise noch längere Nachbeobachtungszeiträume und höhere Patientenzahlen nötig, um den prognostischen Wert der Tumorfraktion besser zu bestimmen, so die Forschenden um Reichert.
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Welche prognostische Relevanz hat die Tumorfraktion der zellfreien DNA? Antwort: Ein Anteil über 10% geht bei den vier häufigsten Tumoren mit einer 70–200% erhöhten Mortalität einher. Bedeutung: Die Tumorfraktion eignet sich zur individuellen Prognose bei Krebserkrankungen. Einschränkung: Aussagefähige Grenzwerte müssen noch besser erforscht werden. |