Erschienen in:
08.12.2017 | Autopsie | Originalien
Molekulargenetische Identifizierungen unbekannter Leichen
Untersuchungen am Institut für Rechtsmedizin Gießen (2007–2016)
verfasst von:
Dr. C. G. Birngruber, H. Felske-Zech, F. Heidorn, B. Zedler, F. Holz
Erschienen in:
Rechtsmedizin
|
Ausgabe 2/2018
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Die Identifizierung unbekannter Verstorbener stellt eine wichtige Aufgabe der Rechtsmedizin dar. Gewalteinwirkung oder eine längere Leichenliegezeit können diese prima vista im Einzelfall unmöglich machen, sodass weiterführende Untersuchungen zur Identitätssicherung nötig sind.
Material und Methoden
Eine retrospektive Auswertung von im Institut für Rechtsmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen zwischen 2007 und 2016 bearbeiteten Identifizierungen ergab 194 Fälle, bei denen die Identität unbekannter Verstorbener mithilfe molekulargenetischer Untersuchungen gesichert wurde.
Ergebnisse
In mehr als der Hälfte der Fälle handelte es sich um fäulnisveränderte Leichen, gefolgt von Verstorbenen mit groben, entstellenden Verletzungen. Die Erstellung eines postmortalen DNA-Musters gelang in mehr als zwei Drittel der Fälle aus dem Blut der Verstorbenen; bei starken Fäulnisveränderungen erwiesen sich Finger- und Fußnägel als geeignetes Untersuchungsmaterial. Antemortale Vergleichsmuster wurden in etwa zwei Drittel der Fälle aus Gegenständen der Körperpflege (Zahnbürste, Rasierer, Haarbürste) erstellt, in gut einem Fünftel der Fälle von biologischen Verwandten. Bei sog. Wohnungsleichen erfolgte in einem Fünftel der Fälle ein Abgleich mit in polizeilichen Datenbanken einstehenden Mustern.
Schlussfolgerung
In mehr als zwei Drittel der 194 Fälle wurde zusätzlich zu den molekulargenetischen Untersuchungen eine Obduktion des Leichnams durchgeführt. Allerdings war die Obduktionsrate stark abhängig von den ermittlungsseitig angenommenen Todesumständen und den sich daraus ergebenden Verdachtsmomenten für eine strafrechtliche Relevanz des Todesfalls.