Stimulans lindert Apathie bei Alzheimer

Methylphenidat wirkt offenbar gegen Apathie bei einer Alzheimerdemenz. In einer Phase-3-Studie wurden Interesse und Motivation deutlich gesteigert, auch der klinische Gesamteindruck verbesserte sich leicht. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Eine Apathie tritt im Laufe einer Alzheimerdemenz recht häufig auf und persistiert dann oft über den gesamten Krankheitsverlauf. Wenn Demenzpatienten jedoch kaum noch Interesse an ihrer Umgebung zeigen, belastet dies nicht nur Pflegekräfte und Angehörige, es verstärkt auch die funktionellen und kognitiven Defizite und senkt die Lebensqualität durch die beeinträchtigte soziale Interaktion. Eine Apathie beschleunigt zudem die Aufnahme in ein Pflegeheim und verkürzt die Lebenserwartung, berichten Ärzte um Dr. Jacobo Mintzer vom South Carolina Institute for Brain Health in Charleston, USA. Therapien mit SSRI, Modafinil, Antipsychotika und Antikonvulsiva haben bislang keine überzeugenden Resultate ergeben. In einigen kleineren Studien mit Methylphenidat deutete sich jedoch ein Nutzen an. Den können die Ärzte um Mintzer nun anhand einer Phase-3-Studie bestätigen: Die Apathiesymptome gingen mit dem Stimulans stärker zurück als unter Placebo. Die Effektstärke ist allerdings recht gering. Cohen’s-d-Wert von 0,37 An der Studie mit der Bezeichnung ADMET2 nahmen 200 Alzheimerpatienten mit Apathie aus den USA und Kanada teil, die meisten hatten eine moderate Demenz, der MMST-Wert betrug im Mittel 19 Punkte, das Alter 76 Jahre. Das Ausmaß der Apathie wurde mit dem neuropsychiatrischen Inventar (NPI) erfasst, im Mittel erreichten die Patienten rund 8 Punkte auf der 12-Punkte-Apathie-Subskala, was einer moderaten bis schweren Apathie entspricht. Vor Studieneinschluss bekamen rund drei Viertel Cholinesterasehemmer, 38% Memantine und 21% keine Alzheimermedikamente, etwas mehr als ein Drittel nahm auch SSRI. Die Hälfte erhielt nun zweimal täglich zusätzlich zur bisherigen Medikation 10 mg Methylphenidat, die übrigen bekamen Placebo. Nach sechs Monaten lag der Apathie-Score mit Methylphenidat bei 3,5 Punkten, mit Placebo bei 4,5 Punkten. Die Ärzte um Mintzer berechneten daraus einen statistisch signifikanten Therapieeffekt von 1,25 Punkten zugunsten des Stimulans. Ein Cohen’s-d-Wert von 0,37 markiert aber eine recht geringe Effektstärke. Immerhin 27% mit Methylphenidat, aber nur 14% mit Placebo hatten nach sechs Wochen einen Apathie-Score von 0 Punkten. Die deutlichsten Unterschiede ergaben sich in den ersten zwei bis drei Monaten, in dieser Zeit kam es unter Methylphenidat rund doppelt so oft zu einer Apathieremission wie in der Kontrollgruppe, nach sechs Monaten war der Anteil nur noch um 57% erhöht. Die Ärzte um Mintzer sehen dies als Hinweis, dass die Apathie mit Methylphenidat im Vergleich zu Placebo nicht nur stärker, sondern auch schneller zurückgeht. Auf einer Skala zum klinischen Gesamteindruck hatte sich dieser bei 44% mit und 35% ohne Methylphenidat nach sechs Monaten verbessert, die adjustierte Rate für eine Verbesserung war unter dem Stimulans um 43% höher – ein knapp signifikantes Ergebnis. „Größe des Effekts wahrscheinlich klinisch signifikant“ Unterschiede bei der Kognition, der Lebensqualität und der Belastung von Angehörigen und Pflegekräften konnten die Ärzte jedoch nicht feststellen. Immerhin hielten sich auch die Nebenwirkungen in Grenzen. Unter dem Stimulans kam es etwas häufiger zu motorischen Verhaltensauffälligkeiten, zudem verloren zehn Patienten mit Methylphenidat über 7% ihres Körpergewichts, in der Kontrollgruppe waren es nur sechs, ansonsten sahen die Forscher um Mintzer keine größeren Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die entscheidende Frage dürfte nun sein: Lohnt sich die Therapie mit dem Stimulans? In einem Editorial zu der Publikation schreibt die Neurologin Dr. Carolyn Fredericks von der Yale University in New Haven: „Die Größe des Effekts von Methylphenidat in dieser Studie ist wahrscheinlich für viele Patienten klinisch signifikant.“ Zudem sei dies die erste Phase-3-Studie, in der sich eine Behandlung gegen Apathie bei Alzheimer als wirksam erwiesen hat. Für einen Therapieversuch könnte auch sprechen, dass dem geringen bis moderaten Nutzen kaum relevante Nebenwirkungen gegenüberstehen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Hilft Methylphenidat gegen Apathie bei Alzheimer? Antwort: In einer Phase-3-Studie gingen die Apathiesymptome unter 20 mg/d Methylphenidat im Vergleich zu Placebo signifikant stärker und schneller zurück. Bedeutung: Das Stimulans könnte sich zur Therapie gegen Apathie bei Alzheimer eignen. Einschränkung: Geringe Effektstärke, unklare klinische Signifikanz.

Springer Medizin

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