Antikörper scheint leichte Alzheimerdemenz zu bremsen

Es ist ein Hoffnungsschimmer: In einer Phase-II-Studie ließ sich eine Alzheimerdemenz unter Crenezumab zumindest bei leicht betroffenen Patienten etwas bremsen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Eigentlich hätten die Resultate der jetzt vollständig publizierten Phase-II-Studie ABBY* mit dem monoklonalen Antikörper Crenezumab vor einigen Jahren noch für enttäuschte Gesichter gesorgt. Doch mittlerweile erwartet niemand mehr ernsthaft, dass eine Anti-Amyloid-Therapie bei klinisch manifestem Morbus Alzheimer noch etwas nützt. Die Amyloidakkumulation ist dann bereits abgeschlossen, im Vordergrund steht nunmehr die Tau-assoziierte Neurodegeneration. Wenn sich aber bei leicht erkrankten Patienten doch ein Nutzen andeutet, und mag er noch so gering sein, lässt dies hoffen, dass eine solche Therapie bei ersten kognitiven Defiziten oder davor segensreich sein könnte. Auf diese Weise interpretiert, sind die ABBY-Resultate nicht ganz so enttäuschend. An der 2011 begonnenen Studie haben 431 Patienten mit leichter bis moderater Alzheimerdemenz teilgenommen – ihr MMST-Wert musste zwischen 18 und 26 Punkten liegen. Etwas mehr als 70% hatten jedoch nur eine leichte Demenz (MMST 20–26). Die Patienten bekamen entweder eine niedrige Dosis des Antikörpers (300 mg) alle zwei Wochen subkutan verabreicht oder eine höhere Dosis alle vier Wochen infundiert (15 mg/kg). Zwei Drittel der Patienten erhielten den Antikörper, die übrigen Placebo in der jeweiligen Applikationsform. Antikörper präferiert Amyloid-Oligomere Crenezumab richtet sich sowohl gegen die als besonders neurotoxisch geltenden Beta-Amyloid-Oligomere als auch gegen aggregierte Formen des Peptids. Die Affinität für lösliche Oligomere ist jedoch zehnfach höher als für Amyloidaggregate, berichten Wissenschaftler um Dr. Jeffrey Cummings vom Lou Ruvo Center for Brain Health in Las Vegas. Ein besonderes Immunglobulin-G-Gerüst soll zudem Nebenwirkungen wie vasogene Ödeme und Mikroblutungen verhindern. Solche Effekte wurden teilweise unter Therapien mit bisherigen Amyloid-Antikörpern beobachtet. Die Behandlung in ABBY dauerte 73 Wochen. Bei den primären Endpunkten, den Veränderungen im ADAS-Cog-12- und CDR-SB-Wert, zeigten sich über alle Teilnehmer gemittelt keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen mit Crenezumab und Placebo. So waren die ADAS-Cog-Werte zum Studienende mit der niedrigen Dosis in der Placebo- und Crenezumab-Gruppe praktisch identisch, auch bei Patienten mit leichter Demenz und sehr leichter Demenz (MMST 22–26) offenbarten sich keine signifikanten Unterschiede, tendenziell schnitten die Patienten mit sehr leichter Demenz unter Placebo sogar etwas besser ab. Ganz anders das Bild in der Gruppe mit hoher Dosierung: Hier liefen die Kurven nach einem halben Jahr zugunsten von Crenezumab auseinander. Insgesamt war jedoch der Unterschied von 1,8 ADAS-Cog-Punkten gegenüber Placebo nach eineinhalb Jahren nicht statistisch signifikant. Allerdings schnitten Patienten mit sehr leichter Demenz unter Crenezumab deutlich besser ab: Ihr ADAS-Cog-Wert verschlechterte sich um 6,3 Punkte, unter Placebo waren es 9,7 Punkte, eine signifikante Differenz von 3,4 Punkten (p = 0,036). Die Daten basieren allerdings nur auf Werten von 103 Patienten sowie einer Post-hoc-Analyse ohne Alphafehler-Korrektur – ob es sich tatsächlich um einen Therapieeffekt handelt, müssen weitere Studien zeigen. Beim CDR-Wert war die Differenz zwischen Placebo und Crenezumab ebenfalls in der Gruppe mit sehr leichter Demenz am größten (0,44 Punkte), allerdings erwies sich hier der Unterschied als nicht signifikant. Keinerlei Signal gab es auf einer Skala zur Alltagsfunktion. Relativ gute Verträglichkeit Ernste unerwünschte Wirkungen traten mit der hohen Antikörperdosierung etwas häufiger auf als unter Placebo (bei 17 versus 13%), hauptsächlich waren dies kardiovaskuläre Ereignisse. Ein klarer Zusammenhang mit der Studienmedikation sei jedoch nicht zu erkennen gewesen, so die Ärzte um Cummings. Bei einem Patienten mit hochdosiertem Crenezumab kam es zu einem asymptomatischen Amyloid-assoziierten Hirnödem, bei einem weiteren zu einer asymptomatischen Amyloid-assoziierten Hirnblutung. Die Inzidenz solcher Ereignisse war unter dem Antikörper jedoch nicht höher, als in dies in der unbehandelten Alzheimerpopulation üblicherweise der Fall sei, so die Studienautoren. Sie gehen daher von einer recht guten Verträglichkeit der Medikation aus. Entsprechend wird der von Genentech und Roche entwickelte Antikörper in den nun laufenden Phase-III-Studien CREAD und CREAD 2 deutlich höher dosiert, und zwar mit 60 mg/kg alle vier Wochen. Teilnehmer sind zudem ausschließlich Personen mit sehr leichter oder prodromaler Alzheimerdemenz. Letztere müssen eine bestätigte Amyloidpathologie aufweisen. Erste Resultate werden in zwei Jahren erwartet. Eine weitere Studie prüft den Antikörper bei noch asymptomatischen Patienten mit einer autosomal-dominanten Alzheimermutation. Hier soll der Beginn der Demenz verzögert oder gar verhindert werden. Erste Resultate werden ebenfalls in etwa zwei Jahren erwartet. Abkürzungen/Akronyme: ABBY: A Phase II Study to Evaluate the Efficacy and Safety of MABT5102A in Patients With Mild to Moderate Alzheimer's Disease ADAS-Cog: Alzheimer’s Disease Assessment Scale–Cognitive Subscale CREAD: A Study of Crenezumab Versus Placebo to Evaluate the Efficacy and Safety in Participants With Prodromal to Mild Alzheimer's Disease CDR-SB: Clinical Dementia Rating–Sum of Boxes MMST: Mini-Mental-Status-Test Das Wichtigste in Kürze Frage: Ist eine Therapie gegen Beta-Amyloid-Oligomere bei Alzheimer wirksam? Antwort: Patienten mit fortgeschrittener Alzheimerdemenz profitieren nicht von Crenezumab, möglicherweise aber solche mit leichter Demenz. Bedeutung: Hochdosiertes Crenezumab könnte sich zur Alzheimerprävention eignen. Einschränkung: Ein Wirksamkeitssignal zeigte sich nur in einer Post-hoc-Subgruppenanalyse. Entscheidend werden die Resultate der laufenden Phase-III-Studien sein.

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