Weniger Fluktuationen durch Carbidopa-Anpassung

Erhalten Parkinsonkranke mit motorischen Fluktuationen einen COMT-Hemmer, lohnt es sich, die Carbidopadosis zu erhöhen – die Off-Zeiten gehen dann zurück, haben Neurologen aus Deutschland herausgefunden. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Motorische Fluktuationen im fortgeschrittenen Parkinsonstadium zu kontrollieren, ist noch immer eine Herausforderung. Erhalten die Patienten COMT-Hemmer, sollten sich Ärzte auch die Dosis des Decarboxylasehemmers genauer anschauen. Diese ist dann mitunter zu niedrig. Wird sie gesteigert, senkt dies die Off-Zeiten, ohne zusätzliche Dyskinesien zu induzieren, berichten Neurologen um Professor Claudia Trenkwalder von der Universität in Göttingen. Die Forscher haben sich die Wechselwirkungen von COMT- und Decarboxylasehemmern genauer angeschaut. Wird die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) blockiert und damit die Methylierung von L-Dopa gehemmt, steigt der Druck auf den zweiten peripheren Abbauweg – über die Dopa-Decarboxylase. Um diesen weiterhin zu hemmen, muss mitunter die Dosis von Decarboxylaseblockern wie Carbidopa erhöht werden. Dieser Wirkstoff wird jedoch in der Regel in einem fixen 1:4-Verhältnis mit L-Dopa verabreicht, unter der Annahme, dass eine Tagesdosis von 75–150 mg genügt, um die Dopa-Decarboxylase peripher komplett zu hemmen. Unter höheren und länger anhaltenden L-Dopa-Spiegeln infolge der COMT-Blocker-Behandlung könnte diese Dosis jedoch unzureichend sein. Empfehlung der Redaktion Morbus Parkinson – Themenseite Wie Sie Frühzeichen der Parkinson-Erkrankung erkennen und welche Therapieoptionen es gibt, lesen Sie auf dieser Themenseite. Hier finden Sie Übersichten, News, Interviews und kommentierte Studienreferate. Dies prüften die Forscher um Trenkwalder in einer kontrollierten Cross-over-Studie bei 117 Parkinsonpatienten mit ausgeprägten motorischen Fluktuationen. Die Patienten waren im Mittel 67 Jahre alt und seit neun Jahren erkrankt. Sie benötigten täglich rund 600 mg L-Dopa, verteilt über fünf Tagesdosen. 41% erhielten zusätzlich MAO-B-Hemmer, 78% Dopaminagonisten und ähnlich viele einen COMT-Hemmer. Off-Zeit um 1,5 Stunden reduziert Die Patienten wurden in drei Gruppen eingeteilt. Alle bekamen die gleiche L-Dopa-Dosis und die gleiche Tagesverteilung wie zuvor, jedoch mit 200 mg des COMT-Hemmers Entacapon. Eine Gruppe erhielt dazu eine fixe, aber erhöhte Dosis von 65 mg Carbidopa mit jeder L-Dopatablette, eine weitere bekam 105 mg Carbidopa und die dritte das übliche 1:4-Verhältnis von Carbidopa/L-Dopa. Alle vier Wochen wurde gewechselt, bis schließlich jeder Patient jedes Behandlungsregime einmal für einen Monat durchlaufen hatte. Adjustiert für Übertragungseffekte – es gab schließlich keine Auswaschphasen zwischen den Therapiewechseln – reduzierte sich die tägliche Off-Zeit von zu Beginn im Mittel 5,3 Stunden in der Gruppe mit 65 mg Carbidopa um 1,53 Stunden, mit 105 mg um 1,57 Stunden und mit dem Standardverhältnis lediglich um 0,91 Stunden. Entsprechend verbesserten sich auch die täglichen On-Zeiten ohne Dyskinesien, und zwar um jeweils 1,54/1,38 und 0,69 Stunden. Alle Unterschiede im Vergleich zur Standarddosierung erwiesen sich als statistisch signifikant. Eine Zunahme der Dyskinesiedauer wurde mit den erhöhten Carbidopadosen nicht beobachtet. Patienten mit hoher COMT-Aktivität profitieren besonders Die Unterschiede waren am stärksten bei Patienten mit hohen L-Dopa-Gesamtdosen und einer hohen Zahl an täglichen Einzeldosen. Auch Patienten, die zuvor noch kein Entacapon bekommen hatten, schienen von den hohen Carbidopa-Dosierungen stärker zu profitieren. Schließlich schauten sich die Forscher auch den COMT-Genotyp der Patienten an. Teilnehmer mit hoher COMT-Aktivität profitierten erwartungsgemäß besonders von hohen Carbidopa-Dosierungen. Solche mit besonders niedriger COMT-Aktivität hatten hingegen keine Vorteile im Vergleich zur L-Dopa-Standarddosis. Größere Unterschiede bei den Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet, wenngleich die Abbruchrate unter den höheren Carbidopa-Dosierungen numerisch etwas höher lag. Unterm Strich sei bei einer Anpassung der Carbidopadosis mit einer Reduktion der Off-Zeit und einer entsprechenden Verlängerung der dyskinesiefreien On-Zeit um eine halbe bis dreiviertel Stunde zu rechnen, schreiben Trenkwalder und Mitarbeiter. Besonders könnten Patienten mit einer genetisch bedingt erhöhten COMT-Aktivität profitieren – das waren in der Studie immerhin rund ein Drittel aller Patienten (Val/Val-rs4680-Genotyp). Dagegen hatte das Viertel der Patienten mit geringer COMT-Aktivität (Met/Met-Genotyp) keinen Nutzen von der Carbidopa-Anpassung. Eine Genotypisierung könnte daher nicht nur den Erfolg einer Therapie mit COMT-Hemmern vorhersagen, sondern auch den einer zusätzlichen Carbidopa-Dosiserhöhung, geben die Neurologen zu bedenken. Das Wichtigste in Kürze Frage: Führt mehr Carbidopa bei Patienten mit COMT-Hemmern zu einer besseren Beweglichkeit? Antwort: Die Off-Zeiten gehen mit höheren Carbidopadosen stärker zurück, vor allem bei Patienten mit hochaktivem COMT-Enzym. Bedeutung: Mehr Carbidopa verkürzt die Off-Zeiten im Schnitt um eine halbe bis dreiviertel Stunde – verglichen mit der Standarddosierung. Einschränkung: Relative kleine Patientenzahl.

Springer Medizin

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