Parkinsonfrühtherapie: Neuer Wirkstoff enttäuscht in Phase 3

Der Adenosin-A2a-Antagonist Preladenant konnte in der Parkinsonfrühtherapie nicht überzeugen: Die Symptome ließen sich bei einer Monotherapie nicht besser lindern als mit Placebo. Ähnlich schlecht schnitt allerdings auch der MAO-B-Hemmer Rasagilin ab. Keine guten Nachrichten für eine Therapie mit Adenosin-A2a-Rezeptorantagonisten: In zwei Phase-3-Studien konnte Preladenant als Add-on-Therapie bei fortgeschrittenem Parkinson nicht überzeugen. Nun ist auch der Versuch gescheitert, die Substanz als Monotherapie im Frühstadium der Erkrankung einzusetzen. Allerdings sind die Resultate nicht einfach zu interpretieren, da die aktive Vergleichssubstanz, der zugelassene MAO-B-Hemmer Rasagilin, sowohl bei fortgeschrittenem als auch frühem Parkinson ebenfalls nicht besser abschnitt. Für die aktuelle Studie konnten Forscher um Dr. Fabrizio Stocchi vom Forschungsinstitut San Raffaele in Rom mehr als 1000 Parkinsonkranke gewinnen. Sie wurden in 153 Zentren in Europa, Amerika, Indien, Südafrika und der Türkei entweder mit Preladenant (2, 5 oder 10 mg zweimal täglich), Rasagilin (1 mg/d) oder Placebo behandelt. Dazu wurden die Patienten fünf gleichgroßen Gruppen mit jeweils knapp über 200 Teilnehmern zugeordnet. Das Stadium nach Hoehn & Yahr durfte zu Beginn nicht über 3 liegen, der motorische UPDRS-Score musste mindestens 10 Punkte betragen. Die Patienten sollten in der Vergangenheit nicht länger als 30 Tage L-Dopa oder Dopaminagonisten genommen haben. Behandelt wurde zunächst über ein halbes Jahr. Anschließend war vorgesehen, dass die Patienten mit Placebo über weitere sechs Monate die mittlere Preladenant-Dosis erhalten und die übrigen Patienten bei ihrer Therapie bleiben. Dieser zweite Teil fiel jedoch aus – die Studie wurde abgebrochen, als die Ergebnisse aus den ersten sechs Monaten verfügbar waren. Placebo wirkte am besten Im Median bestand die Parkinsondiagnose seit einem halben Jahr, das Alter lag im Schnitt bei 63 Jahren und der UPDRS-Gesamtscore bei knapp 30 Punkten. Der primäre Endpunkt bezog sich auf Veränderungen im UPDRS Teil II und III (UPDRS2+3-Score, Motorik und Alltagsfunktion). Dieser Wert lag zu Beginn bei 29 Punkten. Am stärksten profitierten die Patienten unter Placebo mit einem Rückgang von 2,2 Punkten. Minus 1,8 Punkte waren es mit der höchsten Preladenant-Dosis, minus 1,0 mit der mittleren und plus 0,3 Punkte mit der niedrigsten. Unter Rasagilin ging der Wert um 1,9 Punkte zurück. Signifikant war jedoch nur der Unterschied zwischen der niedrigen Preladenant-Dosis und Placebo. Das Scheinmedikament war hier einer Behandlung mit dem Adenosin-A2a-Rezeptorantagonisten deutlich überlegen (p = 0,003). Insgesamt zeigten sich unter Preladenant zwar dosisabhängig Verbesserungen, diese reichten jedoch in der hohen Dosis gerade einmal an den Placeboeffekt heran. Ein ähnliches Bild ergab sich, wenn nur Teil II der UPDRS-Skala (Alltagsfunktion) berücksichtigt wurde. Immerhin erlitten die Patienten unter dem neuen Wirkstoff nicht wesentlich häufiger unerwünschte Wirkungen als unter Placebo, lediglich Kopfschmerzen wurden etwas öfter beobachtet. Auch einen leichten, dosisabhängigen Anstieg von Leberenzymen konnten die Studienärzte feststellen. Schlamperei bei der Patientenaufnahme? Aus den Resultaten lässt sich nur schwer eine vernünftige Aussage ableiten. So ist es wenig plausibel, dass zwar Placebo eine deutliche Wirkung hatte, nicht aber die niedrigste Preladenant-Dosis. Überhaupt war der Placeboeffekt ausgesprochen groß. Möglicherweise lag das an der geringen Wahrscheinlichkeit, Placebo zu bekommen: Immerhin wurde in vier der fünf Gruppen eine aktive Substanz verabreicht, die Teilnehmer konnten also davon ausgehen, dass sie vermutlich ein Medikament und keine Scheintherapie erhielten. Der Placeboeffekt variierte regional jedoch sehr stark: In Osteuropa sank der UPDRS2+3-Wert unter Placebo um 4,4 Punkte, in Lateinamerika um 3,8 Punkte, in Europa und in Nordamerika stieg er um plus 0,1 bzw. 0,7 Punkte. Hier verschlechterten sich die Symptome unter Placebo – genau das war eigentlich erwartet worden. Zugleich ergab sich in diesen beiden Regionen ein Vorteil von 0,7 und 1,8 Punkten zwischen der höchsten Preladenant-Dosis und Placebo, auch zeigte sich ein klarer dosisabhängiger Effekt zugunsten der Medikation. Die Studienautoren um Stocchi halten daher eine Wirksamkeit der Substanz durchaus für möglich. Ein hoher Placeboeffekt in Lateinamerika und Osteuropa sowie in diversen Entwicklungsländern war auch schon in einer der Studien mit dem Wirkstoff bei fortgeschrittenen Parkinsonpatienten aufgefallen. Möglicherweise wurden die Patienten in diesen Ländern nicht richtig ausgewählt und die Studienärzte nicht ausreichend geschult, spekulieren Stocchi und Mitarbeiter. Vielleicht freuten sich die Patienten hier auch nur, überhaupt einmal eine adäquate medizinische Behandlung zu bekommen. Dies kann jedoch nicht das schlechte Abschneiden der niedrigen Preladenant-Dosis erklären. In einer Analyse der fehlgeschlagenen Studien bei fortgeschrittenem Parkinson ist den Studienärzten noch etwas anderes aufgefallen: Bei der ersten Hälfte der Patienten, die in die Studie aufgenommen wurde, ergaben sich durchaus signifikante Therapieeffekte sowohl unter Preladenant als auch unter Rasagilin, nicht aber bei der zweiten Hälfte. Sie vermuten, dass die Zentren mit der Zeit nachlässiger bei der Patientenauswahl wurden. Möglicherweise führte der Druck, die nötige Patientenzahl aufzutreiben, dazu, dass vermehrt ungeeignete Patienten einbezogen wurden. Dafür spricht auch, dass die zweite Hälfte der Patienten doppelt so schnell aufgenommen wurde wie die erste. Mit Tozadenant wird derzeit ein weiterer Adenosin-A2a-Rezeptorantagonist klinisch geprüft. Man kann nur hoffen, dass dabei nicht dieselben Fehler begangen werden

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