Viel Bewegung hält Parkinson im Zaum

Immer in Bewegung bleiben – damit haben Parkinsonkranke gute Chancen, den Verlauf der Erkrankung etwas zu bremsen. Sobald die körperliche Aktivität jedoch nachlässt, nehmen auch die Symptome zu. Darauf deuten Fünfjahresdaten einer Kohortenstudie. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Möglichst viel Bewegung tut Parkinsonkranken gut und lindert die Symptome – das konnten mittlerweile einige Interventionsstudien ganz gut belegen. Ob körperliche Aktivität darüber hinaus auch langfristige Effekte zeigt und die Krankheitsprogression bremsen kann, ist hingegen weniger klar. Neurologen um Dr. Kazuto Tsukita von der Universität in Kyoto finden zumindest einige Hinweise, die dafür sprechen. Danach kann körperliche Aktivität einige Aspekte der Krankheit ausbremsen. Welche das sind, hängt zum Teil von der Art und Intensität der Bewegung ab. Ein Team um Tsukita hat für seine Analyse Angaben der seit 2012 laufenden Kohortenstudie Parkinson’s Progression Markers Initiative (PPMI) ausgewertet. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf 237 Patienten mit früher Parkinsonerkrankung und wählten als Kontrollgruppe 158 Teilnehmer ohne Parkinson, aber mit ähnlichen demografischen Angaben. Alle wurden beim jährlichen Assessment auch nach ihrer körperlichen Aktivität befragt, und zwar mit der „Physical Activity Scale for the Elderly“ (PASE), bestehend aus elf Bereichen und einem Summenscore von bis zu 793 Punkten bei maximaler Aktivität. Die PASE differenziert einerseits nach Intensität, andererseits nach Art der Bewegung, etwa Sport, körperliche Arbeit oder Alltagsaktivitäten. Die Teilnehmer waren beim ersten PASE-Assessment im Schnitt 63 Jahre alt, seit drei Jahren erkrankt und benötigten 100 mg L-Dopa-Äquivalente. Der PASE-Gesamtscore lag nur wenig unter dem der Kontrollen (175 versus 182), die Kontrollgruppe war jedoch in der Freizeit etwas aktiver und bewegte sich öfter moderat oder intensiv. In diversen Kognitionstests gab es anfangs keine oder nur geringe Unterschiede zugunsten der Kontrollgruppe. Vorteile nur bei anhaltender Aktivität Im Median wurden die Teilnehmer fünf Jahre lang nachuntersucht. Dabei ging der PASE-Gesamtscore unter den Parkinsonkranken um knapp 5 Punkte zurück, blieb in der Kontrollgruppe aber weitgehend konstant. Der Anteil von Patienten, welche die empfohlenen 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche schafften, sank von 44% auf 35%, in der Kontrollgruppe nahm er leicht von 45% auf 48% zu. Schauten sich die Neurologen den PASE-Wert nur beim ersten Assessment an, so gab es keinen Zusammenhang mit der Krankheitsprogression, bezogen auf den UPDRS-Wert und einzelne Symptome. Wenn sie aber das mittlere Aktivitätsniveau in der Nachbeobachtungszeit analysierten, fanden sie signifikante Assoziationen: Patienten mit dauerhaft viel Bewegung (hoher PASE-Gesamtscore) schnitten im Vergleich zu den weniger Aktiven signifikant besser beim Gang und der posturalen Stabilität ab, zudem hatten sie Vorteile bei der Alltagsfunktion und der Verarbeitungsgeschwindigkeit. Viel moderate bis intensive Bewegung ging darüber hinaus mit besonders guten Werten beim Gang und der posturalen Stabilität einher – die Auswirkungen waren hier größer als bei Haushalts-, Freizeit- und Arbeitsaktivitäten. Viel arbeitsbezogene Aktivität wirkt sich nach diesen Daten dafür günstig auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit aus, viel Bewegung in Haus und Garten auf die Alltagsfunktionen. Empfehlung der Redaktion Morbus Parkinson – Themenseite Wie Sie Frühzeichen der Parkinson-Erkrankung erkennen und welche Therapieoptionen es gibt, lesen Sie auf dieser Themenseite. Hier finden Sie Übersichten, News, Interviews und kommentierte Studienreferate. Nur symptomatischer Effekt? In einem weiteren Schritt stellten die Neurologen 86 Parkinsonkranken mit hoher Aktivität ebenso viele mit wenig Bewegung über den Studienverlauf hinweg gegenüber, wobei sie auf ähnliche Krankheitscharakteristika und Begleitfaktoren zu Beginn achteten. Dieses „Propensity Score Matching“ bestätigte die meisten der Zusammenhänge. Die wesentliche Erkenntnis aus der Studie lautet: Parkinsonkranke sollten sich möglichst lange möglichst viel bewegen, sobald die körperliche Aktivität nachlässt, nimmt die Symptomatik verstärkt zu. Ob die Krankheitsprogression aber tatsächlich durch viel Bewegung gebremst wird, bleibt offen –vielleicht hat körperliche Aktivität auch nur einen symptomatischen Effekt. Zudem lässt sich eine reverse Kausalität trotz Propensity Score Matching nicht ganz ausschließen: Die Krankheitsprogression dürfte die körperliche Aktivität deutlich bremsen und kann damit ebenfalls den Zusammenhang zwischen rückläufiger Aktivität und zunehmender Symptomatik erklären. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche langfristigen Auswirkungen hat viel Bewegung für Parkinsonkranke? Antwort: Gang, posturale Stabilität, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Alltagsfunktionen bleiben besser als bei Patienten mit weniger Bewegung – auch bei vergleichbaren Krankheitscharakteristika. Bedeutung: Solange Parkinsonkranke körperlich aktiv bleiben, sind die Krankheitssymptome weniger ausgeprägt. Einschränkung: Unklar, ob nur symptomatischer Effekt. Reverse Kausalität möglich.

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