Erschienen in:
18.04.2018 | Begutachtung | Frauengesundheit in der Praxis
Morphologische Befunde nach Verstümmelung des weiblichen Genitales
Untersuchungen afrikanischer asylsuchender Frauen und Mädchen
verfasst von:
PD Dr. B. Zinka, C. Bormann, M. Graw, I. Ackermann
Erschienen in:
Die Gynäkologie
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Ausgabe 5/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Verstümmelung der äußeren Genitalien von Frauen durch teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren anatomischen Strukturen („female genital mutilation“, FGM) wird weltweit in mehr als 30 Ländern praktiziert.
Ziel der Arbeit
Mangels bislang verfügbarer rechtsmedizinischer Fachliteratur sollte durch eine retrospektive Analyse von 153 genitalen Untersuchungsbefunden versucht werden, die Morphologie der verschiedenen FGM-Typen darzustellen und anhand von umfassendem Bildmaterial eine Grundlage für zukünftige Begutachtungen zu schaffen.
Material und Methoden
Von Januar bis August 2017 wurden im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei 153 weiblichen Flüchtlingen aus 6 verschiedenen afrikanischen Ländern genitale Untersuchungen zur Hinterfragung einer stattgehabten FGM und ggf. Diagnose eines konkreten FGM-Typs durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchungen wurde systematisch das vollständige Vorhandensein von Klitoris, Klitorisvorhaut, kleinen und große Schamlippen sowie Narben und einer evtl. Einengung des Introitus überprüft. Die erhobenen FGM-Befunde wurden gemäß der Klassifikation der World Health Organization (WHO) den FGM-Typen I (Klitoridektomie), II (Exzision), III (Infibulation) oder IV (Sonstige) zugeordnet.
Ergebnisse
Von den untersuchten Frauen und Mädchen (n = 153) stammte der Großteil aus Nigeria (n = 109) und Somalia (n = 27). Es wiesen 52 der untersuchten Personen den Zustand nach FGM auf, darunter 7 Kinder und Jugendliche. In 18 Fällen war eine Klitoridektomie, in 30 Fällen eine Exzision und in 4 Fällen eine Infibulation nachweisbar. Von den 30 Untersuchten mit FGM-Typ II gaben 7 jedoch an, zuvor einer Infibulation und einer entbindungsbedingten Deinfibulation ausgesetzt gewesen zu sein. Narben ließen sich nur selten und in dezenter Ausprägung abgrenzen.
Schlussfolgerung
Die Entfernung von Klitoris und Klitorisvorhaut ließ sich meist problemlos feststellen, wohingegen die Beurteilung, ob die großen und kleinen Schamlippen vollständig vorhanden sind, Schwierigkeiten bereiten konnte. Dies lag u. a. daran, dass sich in den meisten Fällen erstaunlicherweise keine relevanten Narben abgrenzen ließen. Die Differenzierung zwischen Exzision und Infibulation bei Frauen mit Zustand nach vaginalen Entbindungen war naturgemäß nicht möglich.