PPAR-Gamma-Agonist bremst Multiple Sklerose

Bisher wurden PPAR-γ-Agonisten vor allem als Antidiabetika verwendet. Doch offenbar können die Wirkstoffe auch die MS-Aktivität bremsen: Eine neu entwickelte Substanz reduzierte in einer Studie die Läsionslast und die Hirnatrophie. Sollten sich die Ergebnisse in großen Phase-3-Studien bestätigen lassen, könnte MS-Patienten vielleicht bald eine relativ nebenwirkungsarme Behandlung zur Verfügung stehen, die sich mit anderen immunmodulierenden Therapien kombinieren lässt. Eine neue Substanz, die an Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptoren Gamma (PPAR γ) andockt, scheint dabei ein noch besseres Nutzen-Risiko-Profil aufzuweisen als PPAR-γ-Agonisten (Glitazone), die zur Diabetestherapie eingesetzt werden. PPAR-γ-Agonisten werden antientzündliche Eigenschaften nachgesagt, die auch für die MS-Therapie interessant sind. In Tierexperimenten ließ sich zudem die Bildung von Oligodendrozyten anregen. Läsionslast halbiert Auf dem europäischen Neurologenkongress in Amsterdam stellte Dr. David Weinstein vom Unternehmen Coherus Biosciences Resultate eine Phase-2b-Studie mit einem speziell zur MS-Therapie entwickelten PPAR-γ-Agonisten vor. Die als CHS-131 bezeichnete Substanz bindet an einer anderen Stelle an PPAR γ als Glitazone, dadurch sollen typische Glitazonnebenwirkungen verhindert werden. Die Substanz unterscheidet sich auch chemisch von Glitazonen und hat eine andere Struktur, erläuterte Weinstein. Geprüft wurde CHS-131 bei 227 MS-Patienten in Russland. Die Teilnehmer waren im Schnitt 31 Jahre alt und hatten zum Studienbeginn eine frisch diagnostizierte schubförmige MS mit einem EDSS-Wert von im Mittel 2,1. Alle waren bislang noch nicht mit krankheitsmodifizierenden Therapeutika behandelt worden. Ein Drittel bekam 1 mg/d des neuen Wirkstoffs oral verabreicht, ein weiteres Drittel 3 mg/d, die übrigen erhielten Placebo. Die Studie wurde über sechs Monate hinweg verblindet, anschließend bekamen alle Patienten für weitere sechs Monate den Wirkstoff in der 1-mg-Dosis. Der primäre Endpunkt, eine Reduktion kontrastmittelpositiver Läsionen, wurde nach sechs Monaten mit der 3-mg-Dosis erreicht. Lag die Gesamtzahl solcher Läsionen unter Placebo im Schnitt bei 7,8, so waren es mit der höchsten Dosis von CHS-131 nur 4,2 – ein Unterschied von 52%. Unter der 1-mg-Dosis ergab sich hingegen kein signifikanter Rückgang – hier lag die Zahl nach sechs Monaten im Schnitt bei 7,6. Keine Immunsuppression Mit Placebo fanden die Studienärzte im Schnitt 4,9 neue oder sich erweiternde T2-Läsionen, unter CHS-131 (3 mg) waren es 3,4 – ein Unterschied von 30%. Auch hier erwies sich die 1-mg-Dosis als wenig wirksam (4,2 Läsionen). Der kortikale Volumenverlust konnte unter der höchsten Dosierung des Medikaments im Vergleich zu Placebo um ein Drittel reduziert werden, die Atrophie des gesamten Gehirns war etwa um die Hälfte und die Schubrate um etwa ein Drittel geringer. Sowohl unter Placebo als auch mit dem neuen Wirkstoff wurden bei etwa einem Drittel der Patienten unerwünschte Wirkungen beobachtet, zumeist waren dies Erkältungen und Kopfschmerzen. Typische Glitazonnebenwirkungen wie Ödeme und Gewichtszunahme oder kardiovaskuläre Probleme traten nicht auf. Für Weinstein ist vor allem interessant, dass CHS-131 keinerlei immunsupprimierende Eigenschaften aufweist. basierend auf: 3rd Congress of the European Academy of Neurology, Amsterdam, June 24–27, 2017. Oral Session: MS and related disorders 2.

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

PPAR-Gamma-Agonist bremst Multiple Sklerose

Weiterführende Themen

Passend zum Thema

Services in der MS-Therapie für Neurolog*innen und Betroffene