MS-Prävention: Kinder, zur Sonne!

Ein bis zwei Stunden täglich im Freien könnten Kinder wirksam vor multipler Sklerose schützen: Das MS-Risiko ist dann um rund 80% reduziert. Auch schon etwas mehr als eine halbe Stunde draußen geht mit einem deutlich reduzierten MS-Risiko einher. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Zu den am besten untersuchten Risikofaktoren für eine MS zählt ein Leben in gemäßigten und polaren Breitengraden. Die beste Erklärung dafür liefert ein Licht- und damit Vitamin-D-Mangel, darüber hinaus haben Studien aber auch Hinweise auf Vitamin-D-unabhängige Effekte von UV-Licht ergeben. Die meisten Untersuchungen stammen jedoch von Patienten, die als Erwachsene an MS erkrankt sind. Ob Sonnenlicht auch bei pädiatrischer MS von Bedeutung ist, wurde bisher kaum erforscht. Forscher um Sebastian Prince von der Universität in Canberra, Australien, gehen nach Resultaten einer Fall-Kontroll-Studie davon aus, dass Sonnenlicht auch zur Prävention von MS bei Kindern von erheblicher Bedeutung ist: Bei einer Exposition von täglich mehr als einer Stunde ist das MS-Risiko um mehr als 80% geringer als bei einer Exposition von weniger als einer halben Stunde, selbst ein Aufenthalt im Freien von 30–60 Minuten täglich reduziert das MS-Risiko den Daten zufolge um über 60%. Kinder mit MS sehen seltener die Sonne Für die Studie „Environmental and Genetic Risk Factors for Pediatric MS“ wertete das Team um Prince Angaben zu 332 Patienten aus 16 pädiatrischen MS-Zentren in den USA aus. Alle waren vor dem 18. Lebensjahr an einer MS erkrankt, bei allen lag die Diagnose weniger als vier Jahre zurück, im Median waren sie sieben Monate vor Aufnahme in die Studie erkrankt und bei der Erhebung im Mittel 16 Jahre alt. Patienten und Eltern wurden befragt, wie viel Zeit die Kinder in den Sommermonaten täglich im Freien verbrachten und wie gut sie sich dabei mit Sonnencreme und Kleidung vor schädlicher UV-Strahlung schützten. Zudem ermittelten die Forscher die durchschnittliche UV-Strahlung am Wohnort und den Vitamin-D-Status bei der Studienaufnahme. Die Angaben verglichen sie mit 534 Kontrollpersonen im selben Alter, die nicht an MS erkrankt waren. Empfehlung der Redaktion Aktuelle News & Übersichten Themenseite Multiple Sklerose Auf der Themenseite Multiple Sklerose halten wir Sie über die häufigste chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung bei jungen Erwachsenen auf dem Laufenden. MS-Kranke waren etwas häufiger übergewichtig (24 versus 14%), waren in der Vergangenheit öfter Tabakqualm ausgesetzt (18 versus 13%) und etwas häufiger EBV-seropositiv – sie wiesen also mehr bekannte MS-Risikofaktoren auf. Wie sich zeigte, verbrachten 19% der Kinder mit MS täglich weniger als eine halbe Stunde im Freien, aber nur 6% der Kinder ohne MS. Beim Sonnenschutzverhalten oder der UV-Belastung am Wohnort gab es keine größeren Unterschiede. MS-Kranke wiesen jedoch etwas höhere Vitamin-D-Werte auf als die Kontrollen (28 versus 24 ng/ml). Die wahrscheinlichste Erklärung dafür sei, dass Kinder mit MS nach der Diagnose vermehrt Vitamin-D-Supplemente bekamen, sagte Prince auf dem virtuellen ACTRIMS-Forum. Vitamin-D-Spiegel aus der Zeit vor der Diagnose konnten die Forscher nicht ermitteln. Deutlicher Breitengradeffekt Berücksichtigten die Experten sämtliche bekannten Begleitfaktoren, konnten sie einen klaren Dosiseffekt für die Sonnenexposition in den Sommermonaten erkennen. Für Kinder mit täglich 30–60 Minuten Aufenthalt im Freien ergab sich ein um 61% reduziertes MS-Risiko, für ein bis zwei Stunden Aktivität im Freien berechneten sie eine Risikoreduktion von 87%, mehr Zeit im Freien hat nach diesen Daten jedoch keine zusätzliche Schutzwirkung. Alle Resultate waren statistisch signifikant. Deutlich erkennbar war auch der Breitengradeffekt: 1 kJ/m2 mehr UV-Licht im Sommer ging mit einem um 20% geringeren MS-Risiko einher, 1 kJ/m2 entspricht etwa der UV-Licht-Differenz zwischen New York (40° nördlich) und Miami (26° nördlich). Die Experten um Prince hatten eigentlich auch vermutet, dass ein starker Sonnenschutz mit einem höheren MS-Risiko einhergeht. Dies war jedoch nicht der Fall, tendenziell war das MS-Risiko bei ausgeprägten Schutzmaßnahmen wie Sonnencremes und Kopfbedeckungen sogar etwas reduziert. Es liege nahe, so Prince, dass Personen, die stark auf Sonnenschutz achten, mehr Zeit im Freien verbringen, was einen möglichen negativen Effekt des Sonnenschutzes mehr als kompensiere. Insgesamt sprechen die Resultate für einen guten MS-Schutz bei mindestens einer halben Stunde – noch besser ein bis zwei Stunden – täglich im Freien, ein kausaler Zusammenhang vorausgesetzt. Das Wichtigste in Kürze Frage: Schützt die Sonne auch Kinder vor MS? Antwort: Nach Resultaten einer Fall-Kontroll-Stunde könnten täglich ein bis zwei Stunden Aufenthalt im Freien über 80% der MS-Fälle bei Kindern verhindern. Bedeutung: Viel Sonne scheint auch einer pädiatrischen MS vorzubeugen. Einschränkung: Fall-Kontroll-Studie, wesentliche Daten beruhen auf Befragungen. Quelle: ACTRIMS Forum 2021. Session 1 – Emerging Concepts in MS. 1.3 Sebastian Prince. Low Sun Exposure is a Risk Factor for Pediatric-Onset Multiple Sclerosis.

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