Kein erhöhtes MS-Risiko durch Stress und Traumata

Wer im Leben viel Stress hat, muss zumindest eines nicht fürchten: Dass dadurch sein MS-Risiko steigt. Nach neuen Daten nimmt die MS-Gefahr weder bei Stress am Arbeitsplatz oder in der Familie, noch durch Traumata in der Kindheit zu. Negativer Stress ist in vielerlei Hinsicht nicht gut für die Gesundheit: Das Herzinfarktrisiko steigt, die Gefahr, dick zu werden ebenfalls, Stressgeplagte rauchen und trinken viel und konsumieren vermehrt illegale Drogen, und schließlich kann zu viel Stress das Immunsystem schwächen. Kein Wunder, dass man davon ausging, Stress könnte ein Trigger für eine Autoimmunerkrankung wie Multiple Sklerose sein. In retrospektiven Studien hatten MS-Patienten immer wieder angeben, das sie vor einem Schub oft ziemliche Stressphasen hatten – dies nährte die Vermutung, Stress könnte einen Schub triggern. Und in einigen Fall-Kontroll-Studien hatten MS-Patienten berichtet, dass sie ein halbes Jahr bis zwei Jahre vor der Diagnose ebenfalls vermehrt Stress hatten. In solchen retrospektiven Studien besteht allerdings immer die Gefahr, dass die Wahrnehmung verzerrt ist: Patienten – egal ob mit MS oder anderen schwere Erkrankung – neigen dazu, bestimmte Verhaltensweisen in der Vergangenheit negativer zu sehen als Gesunde. Um diesen möglichen Fehler zu umschiffen, haben norwegische Forscher der Universität Bergen nun Daten von zwei großen prospektiven Studien ausgewertet, und zwar von zwei Kohorten der Nurses‘ Health Study mit zusammen knapp 240 000 Frauen (Neurology 2011; 76:1866-1871). Diese wurden teilweise bis zu 30 Jahre lang alle zwei Jahre nach Lebensgewohnheiten befragt, darunter auch nach Stressfaktoren bei der Arbeit und zu Hause sowie nach körperlichen Misshandlungen und sexuellem Missbrauch in Kindheit und Jugend. Während der Studienzeit erkrankten knapp 370 Frauen an MS. Nach Analyse der Fragebögen stellten die Forscher fest, dass Frauen mit MS zuvor nicht häufiger über Stress berichtet hatten als Frauen, die nicht an MS erkrankten. Auch hatten die MS-Kranken vor ihrer Diagnose nicht häufiger über sexuellen Missbrauch oder körperliche Misshandlungen berichtet als Frauen, die nicht an MS erkrankten, und schließlich korrelierte auch die Schwere des Missbrauchs und der Misshandlungen nicht mit der MS-Rate. In vielen Teilanalysen war die MS-Inzidenz bei viel Stress sogar niedriger, aber alle Ergebnisse waren nicht signifikant. Folglich gebe es zumindest aus diesen beiden großen epidemiologischen Datensätzen keine Hinweise, dass Stress oder frühe psychische Traumata die MS-Gefahr erhöhen, so die Forscher.

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