Duale Stimulation bei MS-Tremor von Vorteil

Eine Stimulation sowohl des Nucleus ventralis oralis als auch des Nucleus ventralis intermedius kann bei MS-Patienten mit Tremor von Vorteil sein. Etwa die Hälfte sprach in einer Pilotstudie darauf besser an als auf eine konventionellen THS. Die tiefe Hirnstimulation (THS) kann bekanntlich auch bei Patienten mit schwerem Tremor Abhilfe schaffen. Aber gerade bei essentiellem Tremor, Post-Stroke-Tremor oder MS-bedingtem Zittern sei die THS oft enttäuschend, erläuterte Professor Daniel Kantor von der Universität in Gainsville, Florida. „Einige Fallstudien bei sehr schwerem Tremor deuten darauf, dass eine Stimulation des Nucleus ventralis oralis (VO) allein oder in Kombination mit einer Stimulation des Nucleus ventralis intermedius (VIM) die Tremorbeschwerden deutlich reduzieren kann“, sagte Kantor auf der MS-Tagung ECTRIMS in London. Der Neurologe geht davon aus, dass der Tremor bei MS-Patienten nicht nur durch zerebellär-thalamo-kortikale Schleifen entsteht, sondern auch durch pallidale Verbindungen. Die duale Reizung solcher Ziele könnte zudem auch das stimulierte Gehirnvolumen erhöhen und daher die Erfolgsaussichten verbessern. Tremorstärke um rund ein Drittel reduziert Ob das tatsächlich der Fall ist, haben die Forscher um Kantor nun in einer kleinen Studie bei zwölf MS-Patienten mit schwerem therapierefraktärem Tremor untersucht. Sie verpflanzten über ein einzelnes Loch im Schädel zwei Elektroden im Abstand von etwa 2 mm in den ventrolateralen Thalamus, wobei sie eine Elektrode in die VO-, die andere in die VIM-Region setzten. Zehn der Patienten hatten eine schubförmige MS, zwei befanden sich im Übergang zu einer sekundär progredienten Erkrankung. Bei der Hälfte der Patienten wurde in den ersten drei Monaten nur die VO-Elektrode aktiviert, bei den übrigen die VIM-Elektrode, anschließend stimulierten die Ärzte für sechs Monate mit beiden Elektroden. Zudem prüften sie den Tremor, wenn beide Elektroden ausgeschaltet waren. Vor dem Eingriff hatten die Ärzte bei den Patienten im Schnitt einen Wert von 57 Punkten auf der Tremor Rating Scale (TRS) festgestellt (maximal möglicher Wert: 88 Punkte). Die MS-Kranken waren durch den Tremor also sehr stark beeinträchtigt. Nach der Implantation der Elektroden betrug der Wert im ausgeschalteten Zustand knapp 50 Punkte. Kantor vermutet, dass die Läsion durch die Implantation der Elektroden möglicherweise den Tremor geringfügig dämpfen kann. Bei Patienten mit VIM-Stimulation sank der Wert in den ersten drei Monaten auf 45,0 Punkte, mit VO-Reizung auf 45,6 Punkte. In den sechs Monaten mit dualer Stimulation ging der Tremorwert auf 40,1 Punkte zurück und war damit signifikant niedriger als im ausgeschalteten Zustand. Wenig Erfolg bei Tremor mit ataxischer Komponente Interessant sind jedoch die Veränderungen bei den einzelnen Patienten: Drei sprachen nicht auf die Behandlung an. So hatte der Tremor bei zwei der Patienten eine zuvor nicht bemerkte schwere Ataxie maskiert, beim dritten verstärkten sich unter der THS Gangunsicherheit und Schwäche in den Beinen. öglicherweise habe hier die Krankheitsprogression eine Verbesserung verhindert, mutmaßte Kantor. Bei den übrigen kam es jedoch zu einem deutlichen Rückgang der Beschwerden. Insgesamt profitierten drei Viertel der MS-Patienten von der THS, und knapp die Hälfte aller Behandelten fuhr mit der dualen Stimulation deutlich besser als mit einer Reizung über nur eine Elektrode. Deutliche kognitive oder neuropsychiatrische Veränderungen wurden während der THS nicht bemerkt, unmittelbar nach der Op. fühlten sich die Patienten aber etwas müde und bedrückt. „Zumindest ein Teil der Patienten kann von der dualen VIM- und VO-Stimulation profitieren. Allerdings scheinen ataxische Komponenten beim MS-Tremor nur schlecht auf die Behandlung anzusprechen“, lautete das Fazit des US-Neurologen.

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