Tumorzelltod durch Daratumumab induziert

Der monoklonale Antikörper Daratumumab wird beim Multiplen Myelom in allen Therapielinien eingesetzt: je nach Linie als Mono- oder Kombinationstherapie. Die gute Wirksamkeit beruht auf folgendem Wirkmechanismus: Der Antikörper war die erste zugelassene Therapieoption beim Multiplen Myelom, die an CD38-exprimierende Zellen bindet und so den Tumorzelltod induziert. Die aktuelle Datenlage zeigt, dass Daratumumab (Darzalex®) in allen Therapielinien beim Multiplen Myelom wirksam und verträglich ist. Zugelassen ist das Präparat als Kombinationstherapie mit VMP (Velcade® [Bortezomib], Melphalan, Prednison) bei Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom, die nicht für eine Transplantation geeignet sind, als Kombinationspartner (in Kombination mit Lenalidomid [R] und Dexamethason [d] oder Bortezomib und Dexamethason) in der Zweitlinie und als Monotherapie bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom, die bereits mit einem Proteasom-Inhibitor und einem Immunmodulator behandelt wurden und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten. Der frühe Einsatz von Daratumumab mit VMP in der Erstlinie wirkt sich gegenüber VMP günstig auf das progressionsfreie Überleben in der nachfolgenden Therapielinie aus, wie Daten zum progressionsfreien Überleben 2 (PFS2) aus der Nachbeobachtung der ALCYONE-Studie zeigen [9]. Gezielte Bindung an CD38 Als erster vollhumaner Antikörper in der Myelomtherapie richtet sich Daratumumab spezifisch gegen CD38, einem Signalmolekül, das auf der Oberfläche von Myelomzellen überexprimiert wird. Nach Bindung an CD38 bewirkt Daratumumab durch direkte Immunwirkung und systemische immunvermittelte Mechanismen den Tumorzelltod (s. Abb.) [1-3]. Das kontrollierbare Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil des Antikörpers ermöglicht eine gute Kombinierbarkeit mit etablierten Standardtherapien (D-Rd, D-Vd und D-VMP) [1-3]. Springer Medizin Verlag GmbH × Daratumumab bindet mit hoher Affinität und Spezifität an den extrazellulären Anteil von CD38 und löst damit den programmierten Tumorzelltod (Apoptose) aus. Daran sind mehrere Mechanismen beteiligt [4-7]: Komplementvermittelte Zytotoxizität (Complement-Dependent Cytotoxicity; CDC): Das Komplementsystem wird aktiviert und führt zur Ausbildung des sogenannten Membranangriffskomplexes. Der Membranangriffskomplex bildet einen transmembranen Kanal in der Myelomzelle, durch den die Lyse der Zelle eingeleitet wird. Antikörperabhängige zellvermittelte Phagozytose (Antibody-Dependent Cell-Mediated Phagocytosis; ADCP): Makrophagen und andere zur Phagozytose befähigte Immunzellen erkennen die durch Bindung von Daratumumab markierten Myelomzellen und phagozytieren diese. Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (Antibody-Dependent Cell-Mediated Cytotoxicity; ADCC): Immunzellen, z. B. natürliche Killer-T-Zellen (Natural Killer T-cells; NKT) werden angelockt. Diese Immunzellen binden an Daratumumab und sezernieren zytolytische Proteine. Letztere führen zur Perforation der Zellwand und somit ebenfalls zur Lyse der Myelomzellen. Der Antikörper leitet zudem über eine weitere Quervernetzung (Cross-Linking) durch Bindung von freiem Daratumumab den Prozess der Apoptose ein. Immunvermittelte Wirkung Zudem unterstützt Daratumumab das rasche Absterben der Tumorzellen durch unterschiedliche immunvermittelte Mechanismen und immunmodulatorische Effekte [4, 5]. Letztere helfen dem Immunsystem des Patienten, die Krebszellen zu bekämpfen und viele am Tumorwachstum beteiligte Prozesse zu stören [5-7]. Die immunvermittelten systemischen Wirkungen führen neben einer Beeinflussung der Mikroumgebung gemeinsam zu einer Enthemmung des Immunsystems, das so verstärkt wieder gegen Myelomzellen aktiv werden kann. Neu zugelassen: Split-Dosis Die Erstinfusion von Daratumumab ist linienübergreifend auch als Split-Dosis zugelassen. So erhalten Ärzte und Patienten mehr Flexibilität zu Beginn der Therapie. Es besteht die Möglichkeit, die initiale Daratumumab-Dosis von 16 mg/kg Körpergewicht (KG) aufzuteilen und je 8 mg/kg KG an den Tagen 1 und 2 des ersten Zyklus zu verabreichen. Das bekannte Verträglichkeitsprofil bleibt dabei erhalten [4]. Chancen der Erstlinientherapie ausnutzen Die Aussicht auf einen Therapieerfolg wird mit jedem Rezidiv des Multiplen Myeloms geringer. Der Einsatz von Daratumumab plus VMP in der Erstlinie† kann sich im Vergleich zu VMP vorteilhaft auf das progressionsfreie Überleben 2 (PFS2) auswirken [9]. Trotz jüngster Fortschritte ist das Multiple Myelom unheilbar. Bei fast allen Patienten kommt es zum Rückfall, und mit jedem Rezidiv wird die Behandlung schwieriger. Daten aus einer gemischten Datenanalyse geben Hinweise darauf, dass nach jeder Therapielinie 14-34 Prozent der Patienten die Therapie nicht fortsetzen können* (s. Abb.) [8]. Die Erstlinientherapie sollte daher genutzt werden, um das Fortschreiten der Erkrankung so lange wie möglich zu verhindern: Die Chance für den Patienten zu einem frühen Zeitpunkt der Therapie lässt sich in späteren Therapielinien in der Regel nicht wiederholen. Springer Medizin Verlag GmbH × Neben anderen Kombinationstherapien ist der CD-38-Antikörper Daratumumab (D) in Kombination mit VMP (Bortezomib, Melphalan, Prednison) eine Therapieoption für Patienten, bei denen eine Transplantation in der Erstlinie nicht infrage kommt [4]. In der randomisierten, offenen, kontrollierten Phase-III-Zulassungsstudie ALCYONE wurden 706 Patienten entweder mit D-VMP oder VMP allein behandelt [3]. Die Ergebnisse der Studie bestätigten die Überlegenheit des D-VMP-Regimes versus VMP. Dies zeigte sich unter anderem beim Therapieansprechen, beim Erreichen einer MRD (minimale Resterkrankung)-Negativität und beim progressionsfreien Überleben (PFS) [3]. Auf dem ASH-Jahreskongress 2018 in San Diego wurde die erste Nachbeobachtung der ALCYONE-Studie vorgestellt. Die neuen Daten mit einem medianen Follow-up von 27,8 Monaten stützen die überlegene Wirksamkeit von D-VMP versus VMP. Neben einem initialen PFS-Vorteil zugunsten von D-VMP weist D-VMP auch im PFS2 im Vergleich zu VMP eine überzeugende Risikoreduktion auf. Das PFS2 ist definiert als die Zeit von der Randomisierung über eine erste Therapie bis hin zur Progression oder Tod nach der folgenden Therapie in der nächsten Linie. Nach 36 Monaten Beobachtung betrug die PFS2-Rate bei Patienten, die nach D-VMP eine Zweitlinientherapie erhielten, 77 Prozent (versus 58 Prozent im VMP-Arm) [9]. In der Nachbeobachtung der ALCYONE-Studie sprachen fast alle Patienten auf die Therapie mit D-VMP an, die Gesamtansprechrate betrug 91 Prozent versus 74 Prozent mit VMP allein. Annähernd dreimal so viele Patienten erreichten unter D-VMP versus VMP eine stringente komplette Remission (22 versus 8 Prozent) [9]. Die Nachbeobachtung ergab keine neuen Sicherheitssignale [9]. Myelompatienten, die nicht für eine Stammzelltransplantation infrage kommen, können durch den frühen Einsatz von D-VMP in der Erstlinie auch in der Folgetherapie profitieren – eine Chance, das Fortschreiten der Erkrankung lange hinauszuzögern. †Daratumumab in Kombination mit Bortezomib, Melphalan und Prednison ist indiziert bei erwachsenen, nicht für eine Transplantation geeigneten Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplen Myelom. *Die dargestellten Daten stammen aus einer gemischten Datenanalyse (retrospektive Datenauswertung und Querschnittsstudie). Die Evaluierungsmethoden der Ergebnisse im Praxisalltag liegen weit hinter denen von klinischen Studien. MRD-Negativität bei vielen Patienten erzielt Die nicht mehr nachweisbare minimale Resterkrankung (MRD-Negativität)* ist mit einem längeren progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) assoziiert [10]. In der ALCYONE-Studie erreichte ein signifikant höherer Anteil der Myelom-Patienten aus dem Daratumumab-VMP-Arm ein besonders tiefes Ansprechen mit MRD-Negativität (27 vs. 7 Prozent mit VMP allein; p<0,0001; Sensitivität von 10-5) [9]. Eine nicht mehr nachweisbare minimale Resterkrankung konnte somit in der Daratumumab-Gruppe fast viermal häufiger als in der VMP-Kontrollgruppe nachgewiesen werden. In beiden Behandlungsarmen war das Erreichen der MRD-Negativität mit einem längeren progressionsfreien Überleben assoziiert [9]. *In der ALCYONE-Studie wurde ein Schwellenwert für die MRD-Negativität von weniger als einer verbleibenden Tumorzelle unter 105 weißen Blutzellen festgelegt. MRD-Werte im Knochenmark wurden mittels dem clonoSEQ next-generation Assay (Version 2.0, Adaptive Biotechnologies) zum Zeitpunkt einer bestätigten oder stringenten kompletten Remission sowie 12, 18, 24 und 30 Monate nach der ersten Dosis ermittelt. Literatur Dimopoulos MA et al., N Engl J Med 2016, 375: 1319-1331 Palumbo A et al., N Engl J Med 2016, 375: 754-766 Mateos MV et al., N Engl J Med 2018, 378: 518-528 Aktuelle Fachinformation Darzalex®, Stand: Dezember 2018 McKeage K, Lyseng-Williamson KA, Drugs Ther Perspect 2016, 32: 463-469 Laubach JP, Richardson PG, Clin Cancer Res 2015, 21: 2660-2662 Phipps C et al., Ther Adv Hematol 2015, 6: 120-127 Yong K et al., Br J Haematol 2016, 175: 252-264 Dimopoulos MA et al., oral presentation + Abstract 156, ASH 2018, San Diego, CA, USA Harousseau JL, Avet-Loiseau H, J Clin Oncol 2017, 35: 2863-2865 Impressum Multiples Myelom: Tumorzelltod durch Daratumumab induziert Literaturarbeit Berichterstattung: Dr. Anja Lütke, Ratekau Artikel gedruckt in Ärzte Zeitung für Onkologen und Hämatologen Nr. 5, Mittwoch, 26. Juni 2019 Mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH, Neuss Corporate Publishing (verantwortl. i. 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