Anti-Komplement-Therapie mit Pen erfolgreich bei Myasthenia gravis

Der neuer Peptidwirkstoff Zilucoplan verbesserte in einer kleinen Studie Muskelkraft, Lebensqualität und Alltagsfunktion von Patienten mit Myasthenia gravis. Die Betroffenen können sich das Präparat mit einem Autoinjektor selbst verabreichen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Der gegen Komplement C5 gerichtete Antikörper Eculizumab hat die Therapie von Patienten mit Myasthenia gravis und Autoantikörpern gegen nikotinerge Acetylcholinrezeptoren (AChR) deutlich verbessert: Er bremst die komplementvermittelte Zerstörung der neuromuskulären Endplatte, muss jedoch regelmäßig infundiert werden. Möglicherweise lässt sich die Erkrankung auch mit einem Autoinjektor lindern, der ein Peptid enthält, das C5 bindet. Darauf deuten zumindest die Resultate einer Phase-2-Studie mit dem 15 Aminosäure langen makrozyklischen Peptid Zilucoplan. Wie Forscher um Dr. James Howard von der Universität in Chapel Hill, USA, berichten, dockt Zilucoplan an der C5b-Domäne des Komplementfaktors an und blockiert zum einen die Spaltung von C5 in C5a und C5b, zum anderen die Bindung von C5b an C6. Auf diese Weise verhindert das Peptid den Aufbau des Membranangriffkomplexes (MAK), welcher zur Lyse der postsynaptischen Membran beiträgt. Die Forscher konnten für ihre Studie 44 Patienten mit Myasthenia gravis finden, die stabil auf eine Basistherapie mit Pyridostigmin, Kortikoiden und/oder Immunsuppressiva eingestellt waren, kein Rituximab bekamen und in den vier Wochen vor Studienaufnahme keine Immunglobuline (IVIG) und keinen Plasmaaustausch benötigt hatten. Jeweils ein Drittel erhielt zusätzlich zur Basistherapie täglich entweder 0,1 oder 0,3 mg/kg des Peptids oder Placebo. Die Studienmedikation wurde den Patienten in Form von Autoinjektoren überreicht, sie sollten sich damit über zwölf Wochen hinweg selbst behandeln. Fast komplette Komplementblockade Im Schnitt waren die Patienten in den einzelnen Gruppen zwischen 48 und 55 Jahre alt mit einem BMI von 31 bis 36. Der Wert auf der Skala „Quantitative Myasthenia Gravis“ (QMG) lag in allen drei Gruppen zu Beginn bei etwa 19 Punkten. Der Score ist ein Maß für die Muskelschwäche und reicht von 0 Punkten (keine Einschränkungen) bis 39 Punkte (maximale Schwäche). Im Laufe von drei Monaten fiel der QMG-Wert unter Placebo um 3,2 Punkte, mit der 0,1-mg-Dosis um 5,5 Punkte und mit der 0,3-mg-Dosis um 6,0 Punkte. Die Unterschiede zu Placebo waren statistisch signifikant und zumindest in der hohen Dosis auch klinisch relevant. Davon wird bei einer Differenz von 2–3 Punkten ausgegangen. Der primäre Studienendpunkt wurde damit erreicht. Bei einem weiteren Wert, dem „MG Activities of Daily Living“ (MG-ADL), ergab sich ebenfalls eine signifikante Verbesserung. Zu Beginn lag der MG-ADL zwischen 7 und 9 von 24 maximal möglichen Punkten. Mit Placebo sank er um 1,1 Punkte, mit der 0,1-mg-Dosis um 2,2 und mit der höheren Dosis um 3,4 Punkte. Die Wirksamkeit scheint damit in einem ähnlichen Bereich wie die von Eculizumab zu liegen. Deutliche Verbesserungen zeigten sich zudem auf einer Skala zur Lebensqualität. Pharmakodynamische Analysen ergaben eine fast komplette Komplementblockade mit der hohen, aber nur eine unzureichende Inhibition mit der niedrigen Dosis. Als therapiebezogene Nebenwirkungen traten vor allem milde Reizungen an der Einstichstelle auf, hier gab es jedoch kaum Unterschiede zwischen den Placebo- und Zilucoplan-Armen. Schwere unerwünschte Wirkungen mit Bezug zur Therapie wurden nicht beobachtet. Etwa ein Viertel der Patienten sprach auf die Behandlung kaum an, weshalb ist noch unklar. Die Forscher um Howard vermuten komplementunabhängige Effekte. So könnten die Autoantikörper der Patienten vielleicht die Bindung von Acetylcholin an die Rezeptoren verhindern oder die Rezeptordichte stark reduzieren. Das Wichtigste in Kürze Frage: Kann der Komplement-C5-Blocker Zilucoplan eine Myasthenia gravis wirksam lindern? Antwort: In einer Phase-2-Studie ließen sich damit Muskelkraft, Alltagsfertigkeiten und Lebensqualität signifikant verbessern. Bedeutung: Das per Pen verabreichte Peptid könnte sich zur Therapie bei Myasthenia gravis eignen. Einschränkung: Kleine Studie.

Springer Medizin

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