Die Bewertung von Narben nach einem chirurgischen Eingriff erfolgt meist nur aus Sicht des behandelnden Mediziners. Dabei ist die Meinung der Patienten enorm wichtig, da sie Narben meist aus einer anderen Perspektive sehen.
In einem Review wurde untersucht, inwiefern sich die Beurteilungen von Patienten und Ärzten hinsichtlich Narben unterscheiden – und ob man daraus Schlüsse für eine bessere Beratung vor der Op. ziehen kann.
Etwa 230 Millionen chirurgische Eingriffe werden jedes Jahr durchgeführt. Die meisten davon gehen mit einer Narbenbildung einher, die teilweise die Lebensqualität der Betroffenen verschlechtert.
Oft werden die Narben dabei nur aus Sicht des behandelnden Mediziners beurteilt. Beispielsweise erfordern die „Hollander wound evaluation scale“, die „Manchester scar scale“ und die „Vancouver scar scale“ nur die Meinung des Arztes und nicht die des Patienten. Im Gegensatz dazu vereint die „Patient and Observer Scar Assessment Skala“ (POSAS) die Bewertung beider Parteien.
Laut der Autoren eines neuen Reviews ist es wichtig, dass sich Ärzte und Patienten hinsichtlich der Narben-Charakteristika einig sind, um die Erwartungen nach der Op. entsprechend anzupassen. Stimmen Erwartungen und Beurteilungen überein, könnte das die Zufriedenheit nach chirurgischen Eingriffen verbessern.
Unterschiedliche Bewertungssysteme
Die Autoren analysierten in ihrem Review 29 Studien, in denen Ärzte und Patienten Narben mittels unterschiedlicher Ranking-Skalen bewerteten. Davon waren 20 (69%) randomisierte klinische Studien, fünf (17%) waren prospektive nichtrandomisierte und vier (14%) waren deskriptive Studien. Insgesamt umfassten die Untersuchungen 4485 Patienten.
In 21 der 29 Studien (72%) stimmten die Beurteilungen der Narben von Ärzten und Patienten überein.
Der POSAS (19 von 29, 66%) war das am häufigsten genutzte Tool. In 21% der Fälle (4 von 19) unterschieden sich dabei die Bewertung von Arzt und Patient. Hier war die Tiefe der Narbe derjenige Faktor, der die Beurteilung durch die Patienten am meisten beeinflusste. Die Ärzte legten jedoch mehr Wert auf Pigmentierung und Relief. Bei 79% der Studien (15 von 19) gab es eine Übereinstimmung.
Sechs der Studien nutzten eine kontinuierliche numerische Rating Skala (0-10 oder 0-100), zwei verwendeten ein dichotomes „preferred-side-rating“-System. Nur in zwei Fällen gab es eine Übereinstimmung zwischen Arzt und Patient, bei vier der Studien wichen die Bewertungen voneinander ab.
Rating-Skalen haben Mängel
Im Review wurde demonstriert, dass eine unterschiedliche Beurteilung von Narben zwischen Patienten und Ärzten nicht unüblich ist. Laut Autoren gibt es dafür zahlreiche Gründe. Zum einen wurden die Bewertungsskalen nicht ausschließlich für chirurgische Narben konzipiert – die „Mancherster scar scale“ und die „Vancouver scar scale“ sind beispielsweise für die Beurteilung von Brandnarben designt. Außerdem könnten die verwendeten Skalen nicht sensitiv genug sein, um die Unterschiede zwischen den Narben tatsächlich zu detektieren. Zudem war die Patientenanzahl in den meisten Studien zu gering, um kleinere Unterschiede in der Erscheinung der Narben feststellen zu können.