Skip to main content
Erschienen in: Die Ophthalmologie 1/2021

Open Access 11.03.2020 | Kryotherapie | Kasuistiken

Nekrotisierende Skleritis nach Akanthamöbenkeratitis

verfasst von: PD Dr. Stefan J. Lang, Prof. Daniel Böhringer, Prof. Thomas Reinhard

Erschienen in: Die Ophthalmologie | Ausgabe 1/2021

download
DOWNLOAD
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Zusammenfassung

Die noduläre Skleritis und die nekrotisierende Skleritis sind seltene Komplikationen der Akanthamöbenkeratitis. Wir präsentieren den Fall einer 61-jährigen Patientin, die seit mehr als 4 Monaten an einer persistierenden Keratitis am rechten Auge litt. Es wurde eine perforierende Limbokeratoplastik durchgeführt. Die Untersuchung des Hornhautexplantates zeigte Akanthamöbenzysten. In den folgenden 5 Monaten zeigte die Sklera rezidivierende Abszedierungen. Wir führten insgesamt 2 Thermokauterisationen und 3 Amnionmembrantransplantationen durch. Nach unserem Wissen ist dies der erste Fall einer Sklerokeratitis nach einer Akanthamöbenkeratitis, welcher mit einer Kombination aus Thermokauterisation und Amnionmembrantransplantation behandelt wurde. Weitere Studien sind notwendig, um dieses Verfahren als Alternative zur etablierten Kryotherapie zu untersuchen.

Anamnese

Eine 61-jährige Patientin stellte sich aufgrund einer seit mehr als 4 Monaten anhaltenden Keratitis am rechten Auge in unserer Klinik vor. Die Patientin benutzte vor Beginn der Symptome Kontaktlinsen. Sie berichtete von einer kontinuierlichen Verschlechterung der Sehkraft und starken Schmerzen am rechten Auge. Die Patientin war zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits mit Antibiotika‑, Propamidin-Isethionat- und Polyhexamethylenbiguanid-Augentropfen behandelt worden. Die Sehschärfe bei der Erstuntersuchung lag bei Fingerzählen. Die Untersuchung des vorderen Augenabschnittes zeigte eine Hornhauterosio und -trübung sowie Endothelbeschläge. Wir führten eine Limbokeratoplastik [4, 5] durch. Bei der histopathologischen Untersuchung des Hornhautschutzes wurden Akanthamöbenzysten festgestellt.

Befund

Zwei Wochen nach der Limbokeratoplastik wurde eine Abszedierung der Sklera bemerkt (Abb. 1).

Diagnose

Nekrotisierende Skleritis nach Akanthamöbenkeratitis

Therapie und Verlauf

Es wurde eine Thermokauterisation des Abszesses durchgeführt (Abb. 2). Zudem erfolgte eine Amnionmembrantransplantation. Die topische Behandlung umfasste Propamidin-Isethionat, Polyhexamethylenbiguanid und Moxifloxacin-Augentropfen. Die systemische Behandlung wurde mit Methylprednisolon und Voriconazol durchgeführt. Im Laufe der folgenden 5 Monate kam es zu mehreren Episoden von skleralen Entzündungen und Einschmelzungen in verschiedenen Teilen der Sklera des rechten Auges. Es wurden mehrere Thermokauterisationen und Amnionmembrantransplantationen durchgeführt. Die Hornhauttransplantation zeigte während dieses Zeitraumes keine Anzeichen für ein Rezidiv der Akanthamöbenkeratitis. Letztendlich bestand eine zirkuläre Ausdünnung der Sklera um den Limbus (Abb. 3). Die histopathologische Untersuchung des Skleralgewebes ergab keinen Anhalt für Akanthamöben. In der weiteren Nachbeobachtung zeigte sich kein Rezidiv über die folgenden 12 Monate.

Diskussion

Die nekrotisierende Skleritis ist eine seltene Komplikation der Akanthamöbenkeratitis [2]. In unserem Fall wurden bei der histopathologischen Untersuchung des Hornhautgewebes Akanthamöbenzysten nachgewiesen, aber nicht im Skleragewebe. Dies war auch der Fall in einem Bericht von Chatterjee et al. Die Autoren vermuten, dass nicht nur Akanthamöben, sondern auch eine immunologische Entzündung für das Einschmelzen des Gewebes verantwortlich sein könnte [1]. Daher sollte nicht nur eine Behandlung der Akanthamöben, sondern auch eine entzündungshemmende Behandlung durchgeführt werden. In unserem Fall zeigte das Hornhauttransplantat bei der Skleraverdünnung keine Anzeichen für ein Wiederauftreten der Akanthamöben. Der Einsatz von Amnionmembran bei postoperativer nekrotisierender Skleritis nach Mitomycin C-Behandlung wurde von anderen Arbeitsgruppen beschrieben [3]. Wir behandelten die Entzündung mit einem Wunddébridement und einer Thermokauterisation sowie mit zusätzlichen systemischen Steroiden. Zudem erfolgte eine Transplantation von Amnionmembran zur Oberflächenrekonstruktion. Dies musste mehrmals in Kombination mit einer kontinuierlichen Anti-Akanthamöben-Therapie (Voriconazol und topische Behandlung mit Propamidin-Isethionat, Polyhexamethylenbiguanid und Moxifloxacin-Augentropfen) wiederholt werden, um eine stabile Situation ohne Rezidiv der Skleritis zu erreichen. Nach unserem Wissensstand ist dies der erste Fall einer Akanthamöben-assoziierten Sklerokeratitis, welcher mit einer Kombination aus entzündungshemmender Therapie, Thermokauterisation und Amnionmembrantransplantation behandelt wurde. Diese Behandlung könnte in ausgewählten Fällen eine Alternative zur etablierten Kryotherapie sein und sollte in weiteren Studien evaluiert werden.

Fazit für die Praxis

Die nekrotisierende Skleritis ist eine seltene Komplikation der Akanthamöbenkeratitis. Eine Behandlung mittels einer Kombination aus entzündungshemmender Therapie, Thermokauterisation und Amnionmembrantransplantation kann in schweren Fällen notwendig sein.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

S.J. Lang, D. Böhringer und T. Reinhard geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patienten zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern eine schriftliche Einwilligung vor.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Unsere Produktempfehlungen

Die Ophthalmologie

Print-Titel

  • Umfassende Themenschwerpunkte mit klaren Handlungsempfehlungen
  • Praxisrelevante CME-Fortbildung in jedem Heft
  • Organ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft

e.Med Interdisziplinär

Kombi-Abonnement

Für Ihren Erfolg in Klinik und Praxis - Die beste Hilfe in Ihrem Arbeitsalltag

Mit e.Med Interdisziplinär erhalten Sie Zugang zu allen CME-Fortbildungen und Fachzeitschriften auf SpringerMedizin.de.

Literatur
2.
Zurück zum Zitat Dougherty PJ, Binder PS, Mondino BJ, Glasgow BJ (1994) Acanthamoeba sclerokeratitis. Am J Ophthalmol 117:475–479CrossRef Dougherty PJ, Binder PS, Mondino BJ, Glasgow BJ (1994) Acanthamoeba sclerokeratitis. Am J Ophthalmol 117:475–479CrossRef
5.
Zurück zum Zitat Reinhard T, Sundmacher R, Spelsberg H, Althaus C (1999) Homologous penetrating central limbo-keratoplasty (HPCLK) in bilateral limbal stem cell insufficiency. Acta Ophthalmol Scand 77:663–667CrossRef Reinhard T, Sundmacher R, Spelsberg H, Althaus C (1999) Homologous penetrating central limbo-keratoplasty (HPCLK) in bilateral limbal stem cell insufficiency. Acta Ophthalmol Scand 77:663–667CrossRef
Metadaten
Titel
Nekrotisierende Skleritis nach Akanthamöbenkeratitis
verfasst von
PD Dr. Stefan J. Lang
Prof. Daniel Böhringer
Prof. Thomas Reinhard
Publikationsdatum
11.03.2020
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Ophthalmologie / Ausgabe 1/2021
Print ISSN: 2731-720X
Elektronische ISSN: 2731-7218
DOI
https://doi.org/10.1007/s00347-020-01080-y

Weitere Artikel der Ausgabe 1/2021

Die Ophthalmologie 1/2021 Zur Ausgabe

Neu im Fachgebiet Augenheilkunde

Update Augenheilkunde

Bestellen Sie unseren Fach-Newsletter und bleiben Sie gut informiert.