Kinder mit Immunenzephalitiden oft MOG-positiv

Das Spektrum der ZNS-Erkrankungen bei Kindern mit MOG-Antikörpern ist größer als vermutet: Außer bei demyelinisierenden Ereignissen werden die Antikörper häufig auch bei Autoimmunenzephalitiden beobachtet. Ein MOG-Test kann sich also lohnen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bislang ist noch recht wenig über die Bedeutung von Antikörpern gegen Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) bei Kindern bekannt. Häufig sind solche Antikörper bei einer akuten disseminierten Enzephalomyelitis (ADEM) zu finden, darüber hinaus liegen jedoch kaum Untersuchungen vor, berichten Neurologen um Dr. Thaís Armangue von der Uniklinik in Barcelona. Da MOG-Antikörper gelegentlich mit rezidivierenden und ungünstigen Verläufen von Neuroimmunerkrankungen in Verbindung gebracht werden, sei es wichtig, das gesamte Erkrankungsspektrum zu kennen. So benötigten Kinder mit MOG-Erkrankungen möglicherweise eine intensivere oder länger dauerende Immuntherapie als Kinder ohne MOG-Antikörper. Das Team um Armangue hat daher in einer prospektiven Studie bei Kindern mit schweren neuroimmunologischen Erkrankungen aus 40 spanischen Zentren geschaut, wie häufig MOG-Antikörper auftreten und wie diese mit dem Verlauf und dem Therapieerfolg korrelieren. Die Forscher bildeten dabei zwei Kohorten: Kinder mit einem demyelinisierendem Syndrom einschließlich ADEM (Gruppe A) und solche mit einer Enzephalitis, die sich nicht auf eine ADEM zurückführen ließ (Gruppe B). Zwischen Juni 2013 und Dezember 2018 wurden insgesamt 535 Kinder identifiziert, 239 ließen sich der Gruppe A zuordnen, 296 der Gruppe B. In Gruppe A hatten 39% erhöhte MOG-Antikörper-Titer, in Gruppe B nur 7%, insgesamt wiesen die Ärzte MOG-Antikörper bei 116 Kindern nach (22%). Ein Drittel der MOG-Enzephalitiden sind keine ADEM Von den MOG-positiven Kindern hatten 46 eine ADEM (39%), 22 eine andere Form von Enzephalitis (19%), 20 eine Optikusneuritis, 13 eine isolierte Myelitis, sechs eine Neuromyelitis-optica-Erkrankung (NMOSD) und neun Kinder weitere, nicht genauer spezifizierte Leiden. Etwas über die Hälfte der MOG-positiven Kinder war männlich, das mittlere Alter bei der Aufnahme in die Klinik betrug sechs Jahre. Die meisten hatten zuvor keine immunologischen Probleme oder Krankheitsschübe, 16 der Kinder wurden mit einem Rezidiv aufgenommen. Von den MOG-positiven Kindern mit Enzephalitis hatten zwar die allermeisten (68%) eine ADEM, aber immerhin ein Drittel eine andere Form. Bei solchen Kindern waren in den MRT-Aufnahmen auch Kortex, Basalganglien, Thalamus oder Kleinhirn auffällig. Die meisten der Kinder wurden initial mit Steroiden, intravenösen Immunglobulinen und/oder Plasmaaustausch behandelt, drei erhielten auch Rituximab beim ersten Schub, elf im Rezidiv. Immerhin 16 der MOG-positiven Kinder kamen ohne Behandlung klar. Innerhalb von dreieinhalb Jahren entwickelten 17 der Kinder mit einem ersten Schub ein Rezidiv. Jedes zweite Kind mit einem Rezidiv zeigte ein anderes klinisches Bild als beim vorhergehenden Schub. Ein Rezidiv hing bei den MOG-positiven Kindern entsprechend nicht von der ursprünglichen Manifestation, aber auch nicht von der primären Behandlung ab. Von den 14 Kindern unter Rituximab entwickelte jedoch nur eines einen weiteren Schub. Von allen 33 Kindern, die schon zu Beginn ein Rezidiv hatten oder im Studienverlauf einen weiteren Schub entwickelten, diagnostizierten die Ärzte bei acht eine multiphasische ADEM, bei sechs eine NMSOD und bei fünf eine MS. Prognose meist gut Trotz der oft schweren Symptomatik erholten sich 85% der MOG-positiven Kinder wieder komplett oder weitgehend vollständig (mRS-Wert 0 oder 1). Von den übrigen 17 Kindern mit bleibenden Defiziten zeigten die meisten zu Beginn entweder kortikale Veränderungen oder Leukodystrophie-ähnliche Merkmale im MRT. Entsprechend scheint eine Nicht-ADEM-Enzephalitis besonders häufig mit einer schlechten Prognose einherzugehen, ähnliches gilt nach den Daten für ADEM-artige Schübe mit Leukodystrophie-Merkmalen. Die Forscher um Armangue ziehen aus ihrer Arbeit den Schluss, dass MOG-Antikörper nicht nur bei demyelinisierenden Ereignissen, sondern auch bei Nicht-ADEM-Enzephalitiden recht häufig auftreten. Insgesamt habe etwa ein Viertel der Kinder neuroimmunologische Syndrome entwickelt, die bisher nicht als MOG-assoziiert galten. Es sei daher wichtig, bei Verdacht auf Autoimmunenzephalitiden auch dann nach MOG-Antikörpern zu schauen, wenn das klinische Bild und das MRT nicht für eine ADEM sprächen. Einige der Patienten hätten im MRT Befunde gezeigt, die typisch für eine gegen GABA- oder Dopaminrezeptoren gerichtete Enzephalitis seien. Zudem seien unter allen Kindern mit Enzephalitis MOG-Antikörper die mit Abstand häufigsten neuropathogenen Antikörper gewesen. Ein weiterer Punkt: Die Rezidivrate war in der Studie relativ gering und die Prognose bei den meisten MOG-Positiven überraschend gut. Interessant dürfte zudem die Beobachtung sein, wonach Rezidive unter Rituximab in den allermeisten Fällen verhindert werden konnten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie verbreitet sind MOG-Antikörper bei Kindern mit neuroimmunologischen Erkrankungen? Antwort: Nicht nur Kinder mit ADEM sind oft MOG-positiv, sondern auch solche mit einer Nicht-ADEM-Autoimmunenzephalitis. Bedeutung: Es lohnt sich, bei demyelinisierenden Ereignissen und nicht infektionsbedingten Enzephalitiden nach MOG-Antikörpern zu schauen – dies kann wichtige therapeutische Konsequenzen haben. Einschränkung: Kleine Teilnehmerzahl.

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