CABG oder PCI: Nutzen hängt auch von der Therapietreue ab

Ob ein Patient nach einem NSTEMI* eher von einer CABG oder einer PCI profitiert, hängt möglicherweise auch davon ab, wie strikt er sich im Anschluss daran an die empfohlene medikamentöse Therapie hält. Nach einem Koronararterien-Bypass (CABG) oder einer perkutanen Koronarintervention (PCI)kommt es nicht zuletzt darauf an, wie zuverlässig der Patient seine plättchenhemmenden bzw. lipidsenkenden Medikamente einnimmt. In einer Beobachtungsstudie aus New York erlitten Patienten, die sich strikt an ein Therapieregime mit Azetylsalizylsäure (ASS) und Lipidsenker (plus Betablocker) hielten, insgesamt deutlich weniger schwere kardiale Ereignisse (Major adverse cardiac events, MACEs; darunter fielen Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt und erneute Revaskularisation). An der retrospektiven Studie waren 973 CABG- und 2255 PCI-Patienten nach Nicht-ST-Hebungsinfarkt beteiligt. Diese hatte das Team um Dr. Paul Kurlansky von der Columbia University über im Mittel 84 bzw. 79 Monate nachbeobachtet. "Dramatische" Vorteile bei Adhärenz Bei den CABG-Patienten für sich genommen zeigte sich ein, so Kurlansky und Kollegen, „dramatischer“ Vorteil bezüglich MACEs für diejenigen, die zum Entlassungszeitraum ASS verschrieben bekommen und die Therapie über den gesamten Studienzeitraum von sieben Jahren fortgesetzt hatten. Gleiches galt für den Lipidsenker (dabei handelte es sich in den meisten Fällen um ein Statin) und auch für eine fortgesetzte Betablockertherapie. Wer dagegen beispielsweise bei der Kombination ASS plus Lipidsenker mangelhafte Adhärenz zeigte, hatte – so das Ergebnis einer Regressionsanalyse – ein um den Faktor 2,77 erhöhtes Ereignisrisiko. In der PCI-Gruppe galt als optimal behandelt, wer zum Entlassungszeitpunkt sowohl ASS als auch einen P2Y-Inhibitor verschrieben bekommen und die ASS-Therapie über den Beobachtungszeitraum fortgesetzt hatte. Unter dieser Therapie war der Vorteil in puncto MACE-freies Überleben gegenüber nicht adhärenten Patienten nach Kurlansky et al. ebenfalls hochsignifikant. Der Überlebensvorteil, so die Forscher, wurde im Studienverlauf sogar noch größer. Und obwohl es noch keine ausreichenden Daten für eine Betablockertherapie nach erfolgreicher PCI gebe, hätte die Studie einen klaren Vorteil für die damit behandelte Patientengruppe ergeben. Bei mangelhafter Adhärenz gegenüber der dualen Plättchenaggregationshemmung in der PCI-Gruppe war mit einer um den Faktor 2,87 erhöhten Ereignisrate zu rechnen. Um immerhin fast das Doppelte war Letztere erhöht, wenn nur der Lipidsenker nicht vorschriftsmäßig eingenommen wurde (Hazard Ratio, HR 1,99). Wenn beides nicht zutraf, lag die HR bei 2,79. "Untreue" Patienten kommen mit CABG besser weg Um die beiden Gruppen – CABG-Patienten einerseits und PCI-Patienten andererseits – direkt miteinander vergleichen zu können, hatten Kurlansky et al. die jeweiligen Teilnehmer nach verschiedenen Kriterien, z. B. Rauchverhalten, Gefäßerkrankungen, Auswurffraktion und frühere Eingriffe am Herz-Kreislauf-System, aufeinander abgestimmt. Wie sich herausstellte, steckte die CABG-Gruppe eine schlechte Therapietreue offenbar besser weg: Bei mangelhafter Adhärenz an die plättchenhemmende/lipidsenkende Therapie blieben diese Patienten deutlich länger ereignisfrei als „untreue“ PCI-Patienten. Kein Unterschied zwischen den Gruppen ergab sich dagegen, wenn die Medikamente von allen gleichermaßen vorschriftsmäßig genommen wurden. Wie eine weitere Regressionsanalyse zeigte, spielte die Adhärenz an die medikamentöse Therapie eine größere Rolle als die Wahl der Revaskularisationsmaßnahme: Bei Nichtadhärenz betrug die Hazard Ratio für ein MACE 2,79, bei Wahl einer PCI gegenüber CABG 1,68. Aus welchen Gründen man sich bei den Patienten für das eine oder andere Verfahren entschieden hatte, ließ sich in der retrospektiven Studie nicht eruieren, ebenso wenig waren die Ursachen für die teilweise mangelhafte Adhärenz bekannt. Dies sowie die begrenzten Teilnehmerzahlen in den Subgruppenanalysen lassen vorerst keine weitreichenden Schlüsse für die Praxis zu. Nach Kurlansky und Kollegen könnte es sich dennoch lohnen, das Thema Medikamentenadhärenz in Zukunft zu berücksichtigen, wenn man Revaskularisationsverfahren vergleicht. Einstweilen lautet das Fazit der Autoren: Habe man einen Patienten vor sich, der für CABG und PCI gleichermaßen geeignet sei, solle man überlegen, ob er mutmaßlich in der Lage sei, sich an ein strenges medikamentöses Therapieregime zu halten. Sei dies nicht der Fall, so sei er möglicherweise eher ein Kandidat für die CABG. Dagegen wäre ein voraussichtlich therapietreuer Patient wohl eher ein Fall für die PCI. *Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt

Springer Medizin

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