Nephrektomie bei Nierenkrebsmetastasen überflüssig

Erhalten Patienten mit metastasierendem Nierenkrebs eine Therapie mit zielgerichteten Therapeutika, kann man ihnen eine Entfernung der betroffenen Niere ersparen – sie leben ohne Op. sogar etwas länger. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Vor 15 Jahren konnten Studien klar belegen, dass eine zytoreduktive Nephrektomie das Leben von Patienten mit metastasiertem Nierenkrebs verlängert. Inzwischen haben sich die Therapiestandards jedoch verändert, und viele Onkologen fragen sich, ob die Nephrektomie noch zeitgemäß ist. Die Zwischenanalyse einer Phase-III-Studie mit Sunitinib kann diese Frage klar beantworten: Die Patienten profitieren nicht von einer Entfernung der Niere, wenn sie den Tyrosinkinasehemmer erhalten. Ganz im Gegenteil – mit einer alleinigen Sunitinib-Behandlung lebten die Patienten viereinhalb Monate länger als mit Sunitinib plus Nephrektomie. Nichtunterlegenheit einer alleinigen Therapie mit Sunitinib An der Studie beteiligten sich 450 Patienten mit metastasiertem klarzelligem Nierenzellkarzinom und einer mäßigen bis schlechten Prognose. Der ECOG-Status musste 0 oder 1 betragen und Hirnmetastasen durften nicht vorliegen, berichten die Studienautoren um Dr. Arnaud Méjean vom Hôpital Européen Georges-Pompidou in Paris. Die Hälfte der Patienten wurde nach dem Zufallsprinzip der Gruppe mit alleiniger Sunitinib-Behandlung zugewiesen (50 mg/d in Zyklen über vier Wochen, gefolgt von 14-tägigen Pausen), die übrigen behandelten die Ärzte per Nephrektomie plus Sunitinib. In der Nephrektomiegruppe unterzogen sich 7% nicht der geplanten Operation, dafür musste die betroffene Niere bei 17% in der Gruppe mit geplanter Sunitinib-Monotherapie zur Symptomkontrolle entfernt werden. Etwas weniger als der Hälfte der Patienten in jeder Therapiegruppe wurde eine schlechte Prognose bescheinigt. Zu Beginn der Zwischenauswertung waren die Patienten im Median 51 Monate nachuntersucht worden, 326 Betroffene waren bereits gestorben, über 90% aufgrund des Tumors. Die mediane Überlebenszeit betrug 18,4 Monate in der Gruppe ohne und 13,9 Monate in der Gruppe mit Nephrektomie. Wurden diverse Unterschiede wie Alter, Geschlecht und Prognose-Scores berücksichtigt, lag die Sterberate in der Gruppe ohne Nephrektomie um 11% geringer, der Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant. Primär sollte die Studie jedoch die Nichtunterlegenheit einer Sunitinib-Behandlung ohne Nephrektomie belegen, und dies gelang auch: Die obere Grenze des 95%-Konfidenzintervalls lag mit 1,10 beim Hazard Ratio für die Sterberate deutlich unter den 1,20, die als Grenzwert für die Nichtunterlegenheit festgelegt worden waren. Unterschiede zugunsten einer Sunitinib-Therapie ohne Nephrektomie offenbarten sich sowohl bei Patienten mit mäßig guter Prognose (23,4 versus 19,0 Monate Überlebenszeit) als auch bei solchen mit schlechter Prognose (13,3 versus 10,2 Monate). Die Sterberate von Patienten mit mäßig guter Prognose war unter einer alleinigen Sunitinib-Behandlung um 9%, die von Patienten mit schlechter Prognose um 14% reduziert. Progressionsfreie Lebenszeit verlängert Auch die progressionsfreie Lebenszeit war in der Gruppe ohne Nephrektomie etwas länger (8,3 versus 7,2 Monate), und die partielle oder komplette Ansprechrate lag geringfügig höher (29,1 versus 27,4%), statistisch signifikant waren diese Differenzen jedoch nicht. Op.-bedingte Grad-III-Komplikationen erlitten rund 16% der Patienten mit Nephrektomie, eine nebenwirkungsbedingte Dosisreduktion des Tyrosinkinasehemmers war in beiden Gruppen bei 30% der Patienten erforderlich. Sunitinib-assoziierte Grad-III- und -IV-Nebenwirkungen wurden etwas häufiger in der Gruppe ohne Nephrektomie beobachtet (43 versus 33%), was auch daran liegen könnte, dass diese Patienten etwas länger mit Sunitinib behandelt worden waren (8,5 versus 6,7 Monate). Als häufigste unerwünschte Wirkungen zeigten sich Asthenie, Hand-Fuß-Syndrom sowie Neutropenie. Die Daten stehen im Widerspruch zu Registeranalysen, die noch einen Vorteil der Nephrektomie auch unter modernen Therapeutika angedeutet hatten. Die Ärzte um Méjean gehen jedoch davon aus, dass es sich hier um einen Selektionsbias handelt und bevorzugt Patienten mit relativ guter Prognose einer Nephrektomie unterzogen wurden. In ihrer randomisiert-kontrollierten Studie sei ein solcher Vorteil jedenfalls nicht mehr zu erkennen gewesen. Die Studie wurde daraufhin vorzeitig beendet. Das Wichtigste in Kürze Frage: Müssen Ärzte Patienten mit metastasierten Nierentumoren unter einer Sunitinib-Behandlung die Niere entfernen? Antwort: Nein, die Patienten leben deswegen nicht länger. Bedeutung: Patienten können sich die Op. zur Nierenentfernung sparen. Einschränkung: Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen.

Springer Medizin

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