Sekundärödem nach erfolgreicher Lawinenrettung

Ein elfjähriger Junge wird komatös aus einer Lawine befreit und erleidet kurz darauf einen Herzstillstand. Am nächsten Tag ist er zunächst wach und orientiert. Dann aber entwickelt er rasch ein bedrohliches Hirnödem. Werden Patienten nach einer Hypothermie mit Herzstillstand wieder erwärmt, so wird in der Regel zu einem Hirn-CT geraten, um eine Prognose zu ermöglichen. Zudem sollte der intrakranielle Druck beim Wiedererwärmen kontrolliert werden, damit bei einem Hirnödem rechtzeitig gegengesteuert werden kann. Vor Kurzem hatten Notfallmediziner jedoch davor gewarnt, einem einzigen CT allzu große Bedeutung beizumessen – die Prognose sei oft deutlich besser, als die CT-Aufnahme erahnen lasse. Nun berichten norwegisch Notfallmediziner um Dr. Øyvind Sverre Svendsen von der Uniklinik in Bergen von einer gegenteiligen Entwicklung: Trotz eines anfänglich günstigen Hirn-CTs entwickelte ihr Patient ein lebensbedrohliches Sekundärödem. Zweieinhalb Stunden unter einer Lawine begraben Die Ärzte um Svendsen hatten sich um einen elfjährigen Jungen gekümmert, der zweieinhalb Stunden unter einer Lawine begraben lag. Der Junge war nach der Rettung zwar tief komatös, atmete aber und hatte einen intakten Kreislauf. Während des Transports in die Klinik erlitt er jedoch einen Herzstillstand, wurde daher über eine Herzlungenmaschine versorgt und langsam von 23 Grad Celsius wieder aufgewärmt. Dies glückte weitgehend problemlos und die Ärzte konnten die Maschine wieder absetzen. Das folgende Hirn-CT zeigte keine Auffälligkeiten. Am nächsten Morgen war der Junge wach und gut orientiert ohne Zeichen von neurologischen Defiziten. Stunden später verlor er jedoch nach und nach das Bewusstsein; ein weiteres CT deutete auf ein sich entwickelndes Hirnödem. Die Ärzte sedierten den Jungen und zogen alle Register, um den Hirndruck unter Kontrolle zu bekommen. Trotz einer neuroprotektiven Behandlung sowie einer Thiopentalinfusion gelang dies nicht und die Situation geriet außer Kontrolle. Als sich die Pupillen weiteten, veranlassten die Ärzte eine Dekompressionskraniektomie und eine intrazerebrale Mikrodialyse. Das Laktat-Pyruvat-Verhältnis ging daraufhin zurück, der Druck sank und wurde in den nächsten Tagen gut kontrollierbar. Nach drei Tagen bestätigte das CT einen Rückgang des Ödems, und der Junge konnte aus der Narkose geweckt werden. Er erholte sich wieder vollständig und ohne neurologische Spätfolgen. Aggressives Monitoring nötig Die Ärzte um Svendsen weisen darauf hin, dass in diesem Fall ein aggressives Monitoring auf Sekundärödeme sowie eine rasche Behandlung für das gute Ergebnis entscheidend waren. Die Ärzte können jedoch nicht sagen, ob sich das Sekundärödem als Folge der Hypothermie, des Herzstillstands oder der Verwendung einer Herzlungenmaschine ereignete; sie plädieren aber in jedem Fall für eine engmaschige Kontrolle der Hirnfunktion und des Hirndrucks, gegebenenfalls mit wiederholten Hirn-CTs. „Ärzte sollten sich in einer solchen Situation vor allem auf das Gehirn fokussieren“, schreiben sie. Bei dem Jungen seien sie sehr aggressiv vorgegangen, als sich der Hirndruck nicht mehr kontrollieren ließ. Generell müsse jedoch der Nutzen eines intrakraniellen Druckmonitorings und einer zerebralen Mikrodialyse gegen das damit verbundene Blutungsrisiko abgewogen werden. Empfehlung der Redaktion PD Dr. Hans-Jörg Busch 23.10.2016 | Spezielle Notfallmedizin | Kasuistik | Online-Artikel Patient mit Hypothermie An einem kalten Novemberabend birgt die Feuerwehr einen etwa 20-jährigen Mann aus einem größeren Fluss. Der Notarzt ist vor Ort, der Patient somnolent. Das EKG zeigt einen Sinusrhythmus mit verbreiterten QRS-Komplexen. Womit müssen Sie rechnen, wenn dieser Patient in der NA eintrifft?

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