01.11.2016 | Onkologie | Leitthema
Nutzen personalisierter Medizin in der Onkologie
Ergebnisse aus qualitativen Experteninterviews und empirisch-ethische Analysen
verfasst von:
S. Wäscher, M.A., PD Dr. med. J. Schildmann, M.A., Prof. Dr. med. Dr. phil. J. Vollmann
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 11/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Personalisierte Medizin (PM) und inhaltlich verwandte Konzepte prägen die wissenschaftliche Debatte in der Onkologie in den letzten Jahren. Der Beitrag thematisiert die Relevanz der PM unter besonderer Berücksichtigung der Herausforderungen in Forschung und Anwendung in der klinischen Praxis aus empirisch-ethischer Perspektive.
Ziel
Es wird eine empirisch fundierte medizinethische Reflexion auf Herausforderungen, die mit dem Konzept der PM in Forschung und klinischer Praxis assoziiert sind, dargestellt.
Methoden
Es wurden qualitative Experteninterviews mit Repräsentanten wichtiger Interessensgruppen des deutschen Gesundheitswesens (z. B. pharmazeutische Industrie, wissenschaftliche Fachgesellschaften, Forschungsförderung) geführt. Die Daten wurden nach Prinzipien der Grounded Theory ausgewertet und fokussieren inhaltlich auf ethisch relevante Herausforderungen der PM.
Ergebnisse
Mit 8 Experten wurden Leitfadeninterviews geführt, die im Anschluss unter Mitwirkung von Fachvertretern aus Medizin, Medizinethik, Sozialwissenschaften und Philosophie ausgewertet wurden. Die Beurteilung des Entwicklungspotenzials und des Nutzens einer personalisierten Onkologie seitens der Interviewpartner fällt heterogen aus. Einerseits wird eine zunehmende Stratifizierung von Patientengruppen durch erweiterte technische Möglichkeiten auch für die Zukunft erwartet. Der Nutzen dieser Entwicklung für den Patienten wird andererseits unterschiedlich eingeschätzt. Als Herausforderung werden neben den notwendigen Ressourcen insbesondere methodische Aspekte bei der Durchführung von Studien sowie die Verarbeitung der umfangreichen und komplexen Informationen genannt.
Diskussion
Angesichts der heterogenen Bewertung des Nutzens von PM-Strategien für Patienten und den erheblichen Investitionen, die für eine weitere Umsetzung von PM benötigt würden, sind aus ethischer Perspektive Indikatoren zur Bewertung eines angemessenen Verhältnisses von Aufwand und Nutzen von PM-Strategien in der Onkologie erforderlich. Die Weiterbildung von onkologisch tätigen Ärzten zur kritischen Interpretation von PM-Forschungsergebnissen ist eine wichtige Voraussetzung für eine kompetente Umsetzung von bereits identifizierten PM-Strategien in der klinischen Praxis.