Erschienen in:
08.01.2021 | Geriatrisches Assessment | Fokus
Onkologische Chirurgie bei älteren Patienten
verfasst von:
C. Müller-Debus, Univ.-Prof. Dr. med. T. Keck, MBA
Erschienen in:
Forum
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Ausgabe 1/2021
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Zusammenfassung
Die Definition des älteren Patienten sollte in Hinblick auf eine onkologische Erkrankung nicht nur numerisch erfolgen, stattdessen sollte in erster Linie das biologische Alter des Patienten im Vordergrund stehen. Die Beurteilung der Gebrechlichkeit („frailty“) nimmt eine zunehmend wichtige Rolle in der onkologischen Chirurgie älterer Patienten ein. Die Abschätzung der Prognose aufgrund einer Tumorerkrankung muss in Relation zur alters- bzw. „frailty“-bedingten Lebenserwartung gesetzt werden. Eine alleinige Orientierung an Leitlinien ist nicht ausreichend, die evidenzbasierte Medizin sollte jedoch auch nicht ausgeblendet werden. Aufgrund der demographischen Entwicklung und des gleichzeitigen Fortschritts von Therapiekonzepten wird die individuell konfektionierte Therapie immer häufiger zur Herausforderung. Die valide Einschätzung der Sinnhaftigkeit einer Therapie muss sowohl die körperlichen, psychischen als auch die seelischen Voraussetzungen und das Lebensziel des Patienten berücksichtigen, um eine partizipative Entscheidung von Arzt und Patient zu ermöglichen. Hierzu ist ein einfühlsames, ausführliches Arzt-Patient-Gespräch notwendig. Die korrekte Einschätzung der „frailty“ ist relevant, da diese ein entscheidender Risikofaktor ist, der mit einer erhöhten Komplikations- und Letalitätsrate, einem verlängerten Krankenhausaufenthalt und Einschränkungen im funktionellen Status einhergeht. Neben der subjektiven Einschätzung des biologischen Alters haben sich auch objektivere Messinstrumente etabliert, um die Gebrechlichkeit eines onkologischen Patienten zu beurteilen; hierzu gehören z. B. der Karnofsky-Index, die Performance Scale der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG), verschiedenen Frailty-Skalen oder ein geriatrisches Assessment. Gebrechlichkeit sollte nicht dazu führen, dass alten Menschen generell Therapien vorenthalten werden. Ein interdisziplinäres Konzept ist jedoch erforderlich: Neben der sinnvollen Indikationsstellung mit individueller Anpassung von Leitlinien sind die Prähabilitation, das Ausgleichen von Mangelzuständen, Delirprophylaxe und ein konfektioniertes intraoperatives Management notwendig.