Hüft-Op. riskant fürs Herz

Die operative Versorgung einer Schenkelhalsfraktur ist unter Umständen riskant fürs Herz. In einer US-Studie ließen folgende Faktoren die Wahrscheinlichkeit für ein postoperatives kardiales Ereignis steigen: bestehende Herzerkrankung, COPD, Nierenversagen und periphere Gefäßerkrankung. In Deutschland erleiden nach Angaben des Statistischen Bundesamts jährlich mehr als 165.000 Menschen eine Femurfraktur. Geschlossene Repositionen im Gelenkbereich mit Osteosynthese werden etwa 63.000-mal durchgeführt, offene Repositionen mit Osteosynthese etwa 21.000-mal. Über 48.000-mal jährlich wird nach Oberschenkelhalsfraktur eine Endoprothese am Hüftgelenk implantiert. Dazu, wie das Herz solche Eingriffe bei den überwiegend älteren Patienten verkraftet, gibt es bisher wenig spezielle Daten. Eine chinesische Studie legte 2013 einen Zusammenhang zwischen Hüftfraktur-Operationen und dem postoperativen Herzinfarktrisiko nahe (J Bone Miner Res 28; 404–411). US-Datenbank ausgewertet Forscher vom Vanderbilt Orthopaedic Institute Center for Health Policy in Nashville widmeten sich nun speziell den Risikofaktoren, die mit einem kardialen Ereignis nach chirurgischer Versorgung einer Hüftfraktur verbunden sind. Dazu wertete das Team um Vasanth Sathiyakumar die NSQIP-Datenbank des American College of Surgeons aus. Das ACS-NSQIP ist das USA-weit führende Programm zur Qualitätsverbesserung in der Chirurgie. 27.441 Fälle von Hüftfrakturen flossen in die Studie ein. Dabei wurden 20,6% der Patienten mit einer Hemiprothese versorgt, 3,2% erhielten einen perkutanen Fixateur. Eine offene Reduktion und interne Fixation (ORIF) bei Schenkelhalsfraktur war in 29,1% der Fälle erforderlich. In 16,6% wurde die ORIF zur Versorgung pertrochantärer oder subtrochantärer Femurfrakturen eingesetzt. Weitere 30,5% entfielen auf die intramedulläre Fixierung entsprechender Frakturen. Kardiales Ereignis in 2,2% Einen Monat nach der Op. wurde geschaut, wie häufig es zu einem kardialen Ereignis – berücksichtigt wurden nur Herzinfarkt oder Herzstillstand! – gekommen war. Ein solches war nach Angaben der Forscher bei 594 Patienten (2,2%) eingetreten. Wie das Team um Sathiyakumar herausfand, war die Ereignisrate insgesamt unabhängig vom Op.-Verfahren. Dagegen konnte eine Reihe anderer Risikofaktoren ausgemacht werden: So hatten Patienten mit einem postoperativen kardialen Ereignis signifikant häufiger eine vorbestehende Herzerkrankung, COPD, Diabetes, Hochdruck, Wundinfektionen, Blutgerinnungsstörungen, zerebrovaskuläre Schäden, eine Dyspnoe oder eine periphere arterielle Gefäßerkrankung (pAVK) und hatten häufiger Bluttransfusionen erhalten. Die Betroffenen waren zudem im Schnitt älter (> 65 Jahre) und hatten höhere ASA-Scores. Nach Bereinigung um mehrere Einflussgrößen (Alter, Geschlecht, Hautfarbe, ASA-Score) blieb ein deutlicher Zusammenhang mit einer postoperativen Herzkomplikation für folgende Erkrankungen: dialysepflichtiges Nierenversagen (Odds Ratio, OR = 2,22), pAVK (OR = 2,11), Schlaganfall (OR = 1,83), COPD (OR = 1,69) und vorbestehende Herzerkrankung (OR = 1,55). Unter Letzterer fassten die Forscher Angina pectoris, Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und/oder PTCA oder Stent zusammen. Zwei Op.-Verfahren wurden von dem Team getrennt herausgegriffen, weil sie ganz unterschiedliche Patientengruppen betreffen: Die Hemiarthroplastie und die intramedulläre Fixation. Unter den Patienten mit Endoprothese entwickelten 2,0% ein kardiales Ereignis. Prädiktiv hierfür waren vor allem Blutgerinnungsstörungen (OR = 3,5), pAVK (OR = 10,6) und ein gestörtes Sensorium (OR = 8,9) bei Klinikeinweisung. Für die zweite Gruppe – hier lag die Ereignisrate bei 2,3% – stellte lediglich eine vorbestehende COPD einen prädiktiven Faktor dar (OR = 5,9). Labordiagnostische Abklärung Die Autoren empfehlen bei Herzpatienten, die zur Versorgung einer Hüftfraktur in die Klinik kommen, vorab eine labordiagnostische Abklärung kardiologisch relevanter Parameter, im Einzelfall auch eine weiterführende kardiologische Untersuchung. Der prognostische Nutzen von Troponin und natriuretischem Peptid Typ B (BNP) wurde in Studien bereits bestätigt. Patienten mit COPD raten Sathiyakumar et al. möglichst zu einer Regionalanästhesie; dadurch ließen sich Verletzungen der Atemwege beim Legen eines Endotrachealtubus vermeiden, ebenso wie ein Barotrauma. Patienten, die eine Intubation benötigen, sollten den Autoren zufolge möglichst minimal invasiv operiert werden, um sowohl die Narkosedauer zu verkürzen als auch die Zeit der postoperativen Immobilisation so kurz wie möglich zu halten. Nierenpatienten: Auf Kaliumspiegel achten Dialyseabhängigen Patienten empfehlen die Experten eine Vorabkonsultation beim Nephrologen; dabei sollten Kaliumspiegel, Säure-Basen-Status und Volumenstatus überprüft und eine Anämie abgeklärt werden. Diesbezügliche Auffälligkeiten sollten Anlass sein, ein konservatives Vorgehen zu erwägen. Schließlich wird pAVK-Patienten geraten, im Vorfeld der Op. möglichst eine Koronarangiografie durchführen zu lassen, um relevante atherosklerotische Plaques zu erkennen. Bei bekannter Herzerkrankung empfiehlt sich die entsprechende Labordiagnostik. Dass sich durch die diagnostische Abklärung unter Umständen die geplante Op. verzögert, kann den Autoren zufolge in Kauf genommen werden. Das damit verbundene erhöhte Risiko einer tiefen Beinvenenthrombose lasse sich durch eine konsequente postoperative Thromboseprophylaxe reduzieren.

Springer Medizin

Hüft-Op. riskant fürs Herz

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Kardiologie

Therapiestart mit Blutdrucksenkern erhöht Frakturrisiko

Myokarditis nach Infekt – Richtig schwierig wird es bei Profisportlern

Wie erfolgreich ist eine Re-Ablation nach Rezidiv?

Europäische Ernährungsgewohnheiten: Das sind die häufigsten Fehler

Update Kardiologie