11.09.2024 | Orthopädie und Unfallchirurgie | Übersichten
Medizinische Praxis im alten Griechenland
Die orthopädischen und unfallchirurgischen Fallberichte des Corpus Hippocraticum
verfasst von:
Prof. Dr. med. Dr. phil. Werner Golder
Erschienen in:
Die Orthopädie
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Ausgabe 11/2024
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Zusammenfassung
Fragestellung
Welche theoretische und praktische Fachkompetenz vermitteln die orthopädischen und unfallchirurgischen Kasuistiken des Corpus Hippocraticum?
Material und Methoden
Die 431 hippokratischen Kasuistiken wurden auf Berichte und Kommentare zu Diagnostik, Therapie und Prognose orthopädischer Erkrankungen und traumatischer Läsionen von Kindern und Erwachsenen untersucht.
Ergebnisse
In den sieben Büchern der hippokratischen „Epidemien“ wird von insgesamt 26 Patienten mit orthopädischen Erkrankungen und traumatischen Läsionen berichtet. Unter den orthopädischen Erkrankungen stehen Arthritis, Myo- und Tenopathien und Gangrän, unter den traumatischen Läsionen die Frakturen der Schädelkalotte (n = 10) an erster Stelle. Es werden überwiegend Einzelpersonen, aber auch Gruppen von Patienten beschrieben. Die Mitteilungen der Klientel zum Verlauf der Erkrankung waren vielfach zurückhaltend. Die Diagnostik konzentrierte sich auf Inspektion und Palpation. Neben den Maßnahmen der konservativen Behandlung sind vier Trepanationen beschrieben. Die Mehrzahl der Schädel-Hirn-Verletzungen führte zum Tode.
Diskussion
Der hippokratische Arzt war mit einer Vielzahl orthopädischer Erkrankungen und traumatischer Läsionen konfrontiert. Die subjektiven Beschwerden, die objektiven Befunde und der Behandlungsverlauf werden in den Fallberichten detailliert geschildert. Unter den Erkrankungen des Bewegungsapparats spielen die Wirbelsäulenleiden, insbesondere die Hyperkyphose und die Skoliose eine bedeutende Rolle. Die Vielfalt der beschriebenen Repositionstechniken spricht dafür, dass die meisten Frakturen, die man erkannte und behandelte, disloziert waren. Posttraumatischer Tetanus ist aufgrund der Entwicklung von Opisthotonus in mehreren Verlaufsbeobachtungen sicher identifizierbar. Keine andere chirurgische Intervention wird von Hippokrates so oft und so detailliert beschrieben wie die Trepanation. Man kann daraus mit einiger Sicherheit schließen, dass perforierende Verletzungen der Schädelkalotte eine häufige Herausforderung im Alltag des chirurgisch tätigen Arztes der klassischen Antike waren.