Wirbelsäulen-Op. bei Osteoporose - ja oder nein?

Bei Patienten mit osteoporotischen Frakturen soll ein neuer Score die Entscheidung für oder gegen eine Wirbelsäulen-Op. erleichtern. Die Frage „operativ oder konservativ behandeln?“ stellt sich bei osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen häufig. „Trotz guter Leitlinien zur Osteoporose“, so Dr. Christian Sturm, Rehabilitationsmediziner an der MH Hannover, „ist die Op.-Indikation oft schwammig“. Das Problem bestehe unter anderem darin, dass sich existierende Scores zu traumatischen Frakturen nicht so einfach auf die zumeist älteren Patienten mit Osteoporose übertragen lassen. Bei der Entscheidungsfindung helfen soll jetzt eine neue Klassifikation, die von der Sektion Wirbelsäule der DGOU (Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie) speziell für osteoporotische Wirbelkörperfrakturen entwickelt wurde. Die Grundlage lieferte eine Auswertung der Literatur sowie von 707 klinischen Fällen aus 16 Kliniken. Für die Klassifikation wurde der OF-Score herangezogen, nach dem Wirbelkörperfrakturen in fünf morphologische Typen eingeteilt werden. Ergänzt wird dieser durch sechs weitere Kriterien: Knochendichte, Dynamik der Sinterung, Schmerz, Neurologie, Mobilisation und Gesundheitszustand. Für jeden dieser Parameter werden Punkte vergeben (maximal 16). Als Cut-off für die Entscheidung zur Wirbelsäulen-Op. empfiehlt die Expertengruppe einen Wert von > 6 Punkten, wobei die Entscheidung bei Erreichen von exakt 6 Punkten individuell gehandhabt werden soll. Sturm sieht in der neuen Klassifikation eine „sehr pragmatische Entscheidungshilfe“, die sich in der Praxis relativ schnell und ohne großen Aufwand anwenden lasse. Was man allerdings benötige, seien bildgebende Maßnahmen, und zwar „ausnahmsweise das volle Programm“: konventionelles Röntgen in beiden Standardebenen, MRT der gesamten thorakolumbalen Wirbelsäule mit STIR-Sequenz sowie CT der betroffenen Region, einschließlich einer sagittalen Rekonstruktion. Das Röntgen sollte möglichst stehend durchgeführt werden, um zu sehen, ob sich eine Spondylolisthese gebildet hat. Bei Score-Werten von 5 Punkten oder weniger sollte den Experten der DGOU zufolge eine konservative Therapie empfohlen werden. Hier sei das oberste Ziel die schnelle Mobilisierung des Patienten, was wiederum eine sehr effiziente Schmerztherapie voraussetze. „Passen Sie auf, dass alles zueinander passt und dass Sie nicht durch Medikamente wie Opioide die Sturzgefahr erhöhen“, riet der Rehabilitationsmediziner. Bei Patienten, die wegen ihrer Schmerzen einen erhöhten Muskeltonus aufweisen, könne man auch lokale physikalische Maßnahmen anwenden, z. B. TENS oder Wärmebehandlung. Aus physiotherapeutischer Sicht entscheidend seien mobilisierende, aber auch kräftigende Übungen, um eine aktive Aufrichtung des Oberkörpers zu ermöglichen. „Wenn der Patient sich muskulär nicht halten kann, kommt es immer wieder zu Keilbrüchen“, warnte Sturm. Weil die Wirbelkörper vorne stärker nachgeben als hinten, könne der gefürchtete „Witwenbuckel“ entstehen, der die Betroffenen immer krummer werden lässt. Sturm fordert von seinen Patienten Mut zum Training: „Es gibt fast keinen Zustand, in dem ich sage, Sie dürfen sich nicht bewegen!“ Als Klinikarzt müsse man vor allem auch dafür sorgen, dass die Patienten nach der Entlassung aus der Akutklinik ihre physiotherapeutischen Übungen und ihr medizinisches Training fortsetzen. Basierend auf Christian Sturm: „Hot Topic: Konservative Orthopädie.“ OrthoTrauma-Update, 6./7. März 2020 in Berlin

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