Grundlagen
Infektionsrelevante Besonderheiten des Immunsystems beim Kind
Altersgruppe | Erreger nach Häufigkeit | Häufigkeit der SBI (%) |
---|---|---|
Neugeborene
| ||
≤3 Tage | Gruppe-B-Streptokokken, Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Klebsiellen, Enterokokken, Streptokokken (A + C), Listeria monocytogenes, Pilze, Herpes-simplex-Virus (mütterliche Rektovaginalflora) | <10 |
>3 Tage | Koagulasenegative Staphylokokken, Pseudomonas, Enterobacter, Citrobacter, Serratien, Klebsiellen, Salmonellen, Pilze | |
Säuglinge bis 3 Monate | Respiratory Syncytial Virus, Influenza-A-Virus (Winter), Enterobacter (Sommer), Gruppe-B-Streptokokken, L. monocytogenes, Salmonella enteritidis, E. coli, Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae Typ b, S. aureus
| <5 |
Säuglinge und Kleinkinder >3 Monate | Respiratory Syncytial Virus, Influenza-A-Virus (Winter), Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ b, N. meningitidis, Salmonella
| <0,5–1 |
Sinn und Ablauf einer Entzündungsreaktion
Definition und Anforderungen an Biomarker
Interpretation von Studien zu Biomarkern
Management von Infektionen
Ist ein generelles Screening in der Praxis/Notfallambulanz sinnvoll?
Wie gut eignen sich klinisch-biometrische Marker zur Früherkennung schwerer bakterieller Infektionen?
Kind sieht nicht gut aus |
Körperliche Untersuchung auffällig |
Vorgeschichte anderer Erkrankungen |
Laborbefunde |
– <5000 und >15.000 Leukozyten/μla
– >10 % oder 1500 stabkernige Granulozyten/μl – Auffällige Urinanalyse im Stix und/oder in der Kultur, ≥10 Leukozyten/Zählfeld im Urin bzw. ≥5 Leukozyten/Zählfeld im Stuhl (bei Durchfall) |
Perinatal relevante Faktoren
|
– Mutter: pathologisches CTG, vorzeitiger Blasensprung >18 h (Neugeborene); >12 h (Frühgeborene), mütterliches Fieber >38 °C sub partu, druckschmerzhafter Uterus, übel riechendes Fruchtwasser, fetale Tachykardie – Neugeborenes: Asphyxie, unreife neutrophile Granulozyten >20 %, CRP >2 mg/dlb, erhöhte IL-6/IL-8-Werteb
|
„Strong red flagsd“ |
– Ausmaß der elterlichen Sorge – Instinkt des Klinikers |
„Red flagsd“ |
– Zyanose – Tachypnoe – Schlechte periphere Durchblutung – Petechien – Körpertemperatur >40 °C |
Zum Ausschluss einer SBI
|
– <0,8 mg/dl CRPa
– <2 ng/l Prokalzitoninb
|
Unterscheidung von bakteriellen und nichtbakteriellen Infektionen
Biomarker | Metaanalyse | Anzahl (n) der Studien | Anzahl (n) der Probanden | Sensitivitätsbereich (%) Symptombeginn (0 h) Späterer Zeitpunkt (24 h) | NPV | Spezifitätsbereich (%) Symptombeginn (0 h), Späterer Zeitpunkt (24 h) | PPV | Preis € (GOÄ) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Hämatologisch
| ||||||||
WBC | [20] | 28 (1 Blut und CSF, 22 Blut, 5 CSF, 1 synovial) | 22–1743 |
17–82
66,7–88 CSF
|
NR
| 53–82 66–92,5 CSF | NR | 0,50 |
[14] | NR | NR |
NR
|
NR
| NR | – | – | |
ESR | [20] | 7 | 22–1031 |
77,4–85
|
NR
| 78,3–90 | NR | 0,25 |
[14] | NR | NR |
NR
|
NR
| NR | NR | – | |
Klassisch
| ||||||||
CRP | [20] | 36 | 22–1743 |
61,2–100
|
NR
| 26–100 | NR | 4,90 |
[14] | 10 | 20–146 |
0 h: 30–80
24 h: 72–91
|
74–87
| 0 h: 83–100 24 h: 87–100 | 78–100 | – | |
PCT | [20] | 20 | 22–1743 |
38–97 blood
|
NR
| 31–100 | NR | 24,90 |
[14] | 2 | 134/317 |
0 h: 72/79
24 h: 74/89
|
NR
| 0 h: 95/72 24 h: 87/81 | NR | – | |
Zytokine
| ||||||||
IL-6 | [20] | 12 (1 Blut und Speichel, 9 Blut, 2 CSF) | 26–163 |
50–64,3 blood
61,9 CSF
|
NR
| 82,8–97,1 95,1 CSF | NR | 24,90 |
[14] | 8 | 68–166 |
0 h: 61–89
24 h: 19–67
|
81–91
| 0 h: 65–96 24 h: 71–97 | 64–95 | – | |
IL-8 | [20] | 6 (1 Blut und Speichel, 2 Blut, 3 CSF) | 60–83 |
82,5–100 CSF
|
NR
| 67,2–94 CSF | NR | 24,90 |
[14] | 2 | 107/80 |
0 h: 62/75
24 h: 49/NR
|
80/NR
| 0 h: 66/96 24 h: 79/NR | 60/NR | – | |
Rezeptorexpression
| ||||||||
CD64 | [20] | 3 | 57–1921 |
71–96
|
NR
| 87–95,2 | NR | 11,50 |
[14] | 3 | 32–799 |
75–100
|
97
| 68–100 | 80 | – |
Eignen sich die klassischen Entzündungsmarker für die Früherkennung von bakteriellen Infektionen?
C-reaktives Protein und Prokalzitonin
Potenzielle Überlegenheit der Prokalzitoninbestimmung?
Hilft der Einsatz von Zytokinen und klassischen Entzündungsmarkern in speziellen Situationen, bei z. B. Fieber im Zelltief?
Wie gut eignen sich Zytokine als Biomarker?
Können hämatologische Entzündungsmarker zur Früherkennung von bakteriellen Infektionen beitragen?
Wie gut eignen sich Laborbiomarker zur Verlaufsbeurteilung?
Sind die neuen Technologien den klinisch-biometrischen bei klassischen Laborbiomakern überlegen?
Ausblick
Nichtbelegt/keine Evidenz „Unsinn“ | Belegt/Evidenz „Sinn“ |
---|---|
Eine Erhöhung von Laborbiomarkern ist gleichbedeutend mit einer Infektion | – |
Besonders hohe Konzentrationen klassischer Laborbiomarker für eine Entzündung (z. B. CRP > 50 mg/l/PCT 0,5 ng/ml) beweisen eine bakterielle Infektion | Statistisch sind die Werte für klassische Laborbiomarker (CRP, PCT) bei bakteriellen Infektionen zwar höher als bei viralen Infektionen. Im Einzelfall hilft dies aber wenig, da sehr hohe Werte auch bei viralen Infektionen auftreten |
Laborbiomarker sind der standardisierten klinischen Einschätzung in Bezug auf Vorhersage einer SBI überlegen | Die Bestimmung von Biomarkern erfolgt am besten nur nach Abwägung klinisch-biometrischer Hinweise für eine SBI (z. B. vorzeitiger Blasensprung, mütterliches Fieber) |
Ein Screening mit Laborbiomarkern aller Neugeborenen, Kleinkinder, Kinder und Jugendlichen, die sich in Notfallambulanzpraxen vorstellen, führt zu einer früheren Erkennung von SBI und reduziert den Antibiotikaverbrauch | Die Kombination der Befunde klinisch-biometrischer Biomarker (aus Anamnese und körperlicher Untersuchung) und Laborbiomarker ist der erfolgreichste Ansatz zur Früherkennung von SBI |
Bei Kindern mit onkologischen Erkrankungen im Zelltief ist der Einsatz von Laborbiomarkern (z. B. CRP) zu Diagnostik einer SBI und Steuerung des Therapieverlaufs evidenzbasiert und unersetzlich | Daten aus gut durchgeführten klinischen Studien fehlen, die den Nutzen der Laborbiomarker für Diagnostik, Steuerung und Therapie bei Kindern im Zelltief mit Infektionsverdacht oder Infektionen belegen |
Das Monitoring von Infektionen und deren Therapie mithilfe von Laborbiomarkern ist für jedes Alter gut belegt und führt zu einem besseren Outcome als die alleinige klinische Einschätzung | Im Neugeborenenalter ist bei SBI oder Verdacht auf SBI der Einsatz kurzlebiger Laborbiomarker (IL-6, IL-8) zur Diagnosestellung geeignet, und die erfolgreiche Steuerung der Therapie anhand der CRP-Konzentration ist belegt |
Fazit für die Praxis
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Die aktuell gebräuchlichen Laborbiomarker messen unspezifisch die Reaktion des Immunsystems auf irgendeinen Entzündungsreiz (Infektion, Trauma, Tumor etc.).
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Laborbiomarker (z. B. CRP, PCT) sind der erfahrenen klinischen Einschätzung nicht überlegen und können sie keinesfalls ersetzen, sondern nur ergänzen.
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Die Kombination der Befunde klinisch-biometrischer Biomarker (aus Anamnese und körperlicher Untersuchung) und der Laborbiomarker stellt den erfolgreichsten Ansatz zur Früherkennung von SBI dar.