Wie lässt sich die negative Appendektomierate weiter senken?

Wird trotz normaler Leukozytenzahl der Verdacht auf eine Appendizitis laut, ist das Risiko einer unnötigen Operation hoch. Zögert man dagegen bei einem Wert < 8000–9000/µl, kann dies die Rate negativer Appendektomien auf unter 1% senken, wie eine Analyse amerikanischer Kinderchirurgen zeigt. Mit modernen bildgebenden Verfahren, Blutuntersuchungen und Scores ist es gelungen, die Rate falsch-positiv diagnostizierter Appendizitiden und damit verbundener unnötiger Operationen bei Kindern auf ≤ 5% zu senken. Doch Pädiater und Chirurgen sind mit diesem Ergebnis nicht zufrieden, sie wollen die Quote negativer Appendektomien weiter reduzieren, ohne dabei das Risiko für Perforation oder Peritonitis wieder ansteigen zu lassen. Um diesem Ziel näher zu kommen, analysierten Kinderchirurgen um Maria F. Bates von der Brown University, Rhode Island, retrospektiv präoperative klinische, laborchemische und radiodiagnostische Daten von 847 Patienten. Die Kinder zwischen einem und 16 Jahren waren am Hasbro Children’s Hospital zwischen 2009 und 2013 appendektomiert worden. Grundlage der Op.-Entscheidung war bei den meisten u.a. der Alvarado-Score (Appetitlosigkeit, Übelkeit/Erbrechen, anamnestisch wandernder Schmerz in den rechten Unterbauch, Druckschmerz im rechten Unterbauch, Loslassschmerz, Temperatur, Leukozytose, Linksverschiebung im Differenzialblutbild) sowie bildgebende Untersuchungen. Doch trotz der vielfältigen Parameter kann die endgültige Diagnose einer Appendizitis erst mit dem pathologischen Bericht gestellt werden. Bei 97,4% der Patienten bestätigten die Pathologen so auch die Appendizitis. Bei 2,6% der operierten Kinder förderte diese Untersuchung allerdings einen gesunden Wurmfortsatz zutage (NA-Gruppe, negative Appendektomie). Um den Ursachen der präoperativen Fehldiagnose auf die Spur zu kommen, wurden alle verfügbaren Parameter beider Gruppen verglichen und diejenigen, die bei mehr als der Hälfte der Probanden der NA-Gruppe normal oder nicht vorhanden waren, weiter analysiert. Einziger Anhaltspunkt: die Leukozyten Die Gesamtleukozytenzahl und der prozentuale Anteil der neutrophilen Granulozyten im Blutbild waren die einzigen Parameter, die bei der Mehrheit der Kinder der NA-Gruppe im Normbereich lagen. Bei 89% der unnötig Operierten war der Leukozytenwert normal, meist lag er unter 9000/µl. Unter den Patienten mit bestätigter Appendizitis fanden sich dagegen nur 8,2% mit einem Leukozytenwert unterhalb dieser Schwelle, und nur bei 5,2% lagen die Leukos unter 8000/µl. Der Anteil der neutrophilen Granulozyten im Blutbild war bei 79% der NA-Kinder normal, d.h. es wurde keine Linksverschiebung diagnostiziert. Suche nach dem aussagekräftigsten Leuko-Grenzwert So konzentrierten sich die Kinderchirurgen auf die Leukozyten. In einer Grenzwertoptimierungskurve (ROC-Kurve) suchten sie nach dem optimalen Cut-off für die Diagnose einer Appendizitis, indem sie die Leukozytenzahl als stetige Variable einsetzten. Bei einer gewählten Normhöchstgrenze von 9000/µl bzw. 8000/µl (statt der üblichen 11.500/µl) konnte in diesem theoretischen Modell eine weitere Reduzierung der NA-Rate auf 0,6% bzw. 1,2% erreicht werden. Die Sensitivität verschlechterte sich dabei nur wenig, sie lag noch immer bei 92% bzw. 95%. Die theoretisch ermittelten Sensitivitäten und Spezifitäten konnten in den darauffolgenden zwölf Monaten in der Praxis an 204 pädiatrischen Patienten bestätigt werden. Nach Ansicht der Autoren könnte es sich somit lohnen, Kinder ohne Anzeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung und einer Symptomdauer von < 24 Stunden zunächst, etwa über Nacht, zu beobachten, wenn der Leukozytenwert unter 8000 bzw. 9000/µl liegt. Dabei weisen Bates et al. allerdings ausdrücklich auf den vorrangigen Wert des klinischen Bildes und die besonderen diagnostischen Schwierigkeiten bei kleinen Kindern hin. Nicht allein wegen der geringen Probandenzahl mit negativer Appendektomie bewegt sich die statistische Aussagekraft dieser Befunde allerdings noch auf sehr dünnem Eis. Auch die Autoren betonen die Notwendigkeit umfangreicherer Untersuchungen, bevor die Ergebnisse eine Grundlage allgemeiner Empfehlungen darstellen könnten. Weitere Beiträge im Schwerpunkt "Kinderchirurgie".

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