Wenn das Diensthandy klingelt, steigt das Fehlerrisiko

Diensthandys erfüllen im Klinikalltag wichtige Funktionen. Unterbrechungen durch eingehende Anrufe können jedoch zu Behandlungsfehlern führen, wie eine Studie auf einer pädiatrischen Intensivstation aufdeckt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Ablenkung durch Nachrichten und Anrufe über Mobiltelefone stellt offenbar nicht nur im Straßenverkehr ein Sicherheitsrisiko dar. Auch Telefonate auf Diensthandys in Krankenhäusern können zu fehlerhaften Handlungen führen. Wenn das Pflegepersonal durch eingehende Anrufe bei der Arbeit unterbrochen wird, unterlaufen ihm häufiger (Beinahe-)Fehler bei der Medikamentengabe, wie die Auswertung von Daten einer Kinderintensivstation in Philadelphia ergeben hat. Reine Textnachrichten scheinen dagegen keinen negativen Einfluss zu haben. Fehlerquote steigt von 3,1% auf 3,7% Um den Zusammenhang zu untersuchen, waren die Kommunikationsdaten der Klinikhandys ausgelesen und in Bezug zu etwaigen Medikationsfehlern gesetzt worden, die in den zehn Minuten nach einer Nachricht oder einem Anruf gemacht worden waren. Als Fehler galten sowohl in der Krankenakte erfasste Fehler als auch Beinahefehler, die durch das Einlesen von Patienten-Barcodes über ein Alarmsystem verhindert wurden. Teilnehmer waren 257 Pflegekräfte, die 3300 pädiatrische Intensivpatienten betreuten und mehr als 230.000-mal Medikamente gaben. Ihre Fehlerquote betrug 3,1%, wenn sie dabei nicht durch einen Anruf auf ihrem Diensthandy gestört wurden. Nach einem Anruf stieg die Fehlerrate auf 3,7%. Erhöhte Störanfälligkeit in der Nachtschicht Erwartungsgemäß wurde der Einfluss von Anrufen auf die korrekte Verteilung von Medikamenten auch durch andere äußere Umstände beeinflusst. So lag die Fehlerrate insgesamt in der Nachtschicht zwar niedriger als am Tag (2,8% versus 3,4%). Die Störanfälligkeit durch Telefongespräche war jedoch höher. Das galt in besonderem Maß für Pflegekräfte, die weniger als sechs Monate Intensiverfahrung hatten. Direkt nach einem Anruf stieg die Wahrscheinlichkeit, dass sie die falsche Medikation wählten, tags um 22% und nachts um 53%. Bei erfahreneren Kräften war nur nachts ein Anstieg des Fehlerrisikos, und zwar um 35%, festzustellen. Irrtümer nach einem Handygespräch traten außerdem häufiger auf, wenn die Pfleger für mehr als einen Patienten zuständig waren, von denen einer maschinell beatmet wurde oder einen Arterienkatheter hatte. "Spitze des Eisbergs" Da nur Irrtümer bei der Medikamentengabe und nur Störungen durch das Diensthandy untersucht wurden, dürfte es sich bei den identifizierten unterbrechungsbedingten (Beinahe-)Fehlern nur um die „Spitze des Eisbergs“ handeln, sind die Studienautoren um Christopher Bonafide vom Children’s Hospital of Philadelphia überzeugt. Zwar seien telefonische Unterbrechungen nicht generell schlecht, da sie in der Regel dem Austausch wichtiger Informationen dienten. Im Sinne der Patientensicherheit sei jedoch anzustreben, dass solche Störungen nicht gerade in den Zeiten akkumulierten, in denen Medikamente ausgegeben werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkt es sich auf die Medikamentengabe für Intensivpatienten aus, wenn die Pflegekräfte dabei Anrufe oder Textnachrichten auf das Diensthandy erhalten? Antwort: Anrufe, aber nicht Textnachrichten erhöhen die Rate an (Beinahe-)Fehlern bei der Medikation, vor allem in der Nachtschicht, bei wenig erfahrenen Pflegekräften und schlechterem Pfleger-Patienten-Verhältnis. Bedeutung: Handygespräche sind nicht vermeidbar, aber Interventionen zur Reduktion von störungsbedingten Fehlern sollten Tageszeit, Berufserfahrung und Pflegeschlüssel berücksichtigen. Einschränkung: Untersucht wurden nur Unterbrechungen durch Diensthandys und nur die Auswirkungen auf die Medikamentengabe.

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